Tom Lüthi beendete am Sonntag beim Moto2-Finale seine lange Karriere. Im 317. Rennen belegte der 35-Jährige den 12. Platz und holte damit die letzten vier seiner 2.657 WM-Punkte. "Es war ein großartiges Wochenende, ein gutes Rennen und ein starker Schlusspunkt", ließ Lüthi via Aussendung nach dem Rennen mitteilen.

"Es war ein ganz besonderes Wochenende. Das Team hat mein Motorrad mit einer tollen Lackierung versehen und mir einen großartigen Helm vorbereitet. Das war eine große Überraschung für mich", so Lüthi. Seine Crew hatte seine Ausrüstung versilbert und mit allerlei Gimmicks versehen, die den Schweizer an seine 20 Jahre andauernde Karriere erinnerten.

Debüt am Sachsenring

Am 21. Juli 2002 hatte Lüthi im Alter von 15 Jahren sein WM-Debüt im 125ccm-Rennen auf dem Sachsenring gegeben. Dreieinhalb Jahre später krönte er sich nach vier Saisonsiegen im WM-Duell mit Mika Kallio beim Finale in Valencia zum Weltmeister.

Lüthi sorgte damit für einen Motorrad-Hype in der Schweiz und wurde wenig später sogar zum "Schweizer Sportler des Jahres" gewählt. Die Sportjournalisten hatten damals zwar Roger Federer den Vorzug gegeben, der im gleichen Jahr auch "Weltsportler des Jahres" wurde, doch eine Zuschauerabstimmung hatte das Endergebnis zugunsten Lüthis gedreht.

"Das war eine riesige Anerkennung vom Schweizer Volk und ich wurde von dieser Wahl komplett überrascht. Diese Auszeichnung macht mich mächtig stolz. Vor allem auch, weil ich Roger Federer ausstechen konnte", sagte Lüthi vor kurzem in einem Interview für die Printausgabe von Motorsport-Magazin.com.

Schweizer Flaggen waren ab 2005 allgegenwärtig auf den Tribünen und in Lüthis Fahrwasser schafften es Fahrer wie Domi Aegerter oder Randy Krummenacher (beide später u.a. Supersport-Weltmeister) auf die große Motorrad-Bühne. Im Schweizer Fernsehen liefen Lüthis Rennen live, während die MotoGP oft anderen Events weichen musste. Er selbst konnte zunächst nicht an die Erfolge auf der Weltmeister-Saison anschließen.

Durchbruch in der Moto2

Die Titelverteidigung ging schief (er holte nur einen Sieg) und nach dem Aufstieg in die 250ccm-Klasse gab es binnen drei Jahren nur zwei Podien zu bejubeln. Durch den Umstieg auf das Moto2-Reglement änderte sich für Lüthi aber alles: Bereits im zweiten Rennen in Jerez schaffte er es auf das Podium und beendete die Saison als WM-Vierter. Ab diesem Zeitpunkt war Lüthi ein Dauerbrenner, der sich 2016 (hinter Johann Zarco) und 2017 (hinter Franco Morbidelli) zweimal zum Vizeweltmeister küren durfte.

Im Alter von 31 Jahren schaffte er nach 16 Jahren in der WM sogar noch den späten Sprung in die MotoGP. Mit einem schwierigen Motorrad und einem nach wenigen Rennen zerfallenden Team, das mehr mit internen Streitigkeiten beschäftigt war als mit Rennsport, musste Lüthi aber nach nur einem Jahr in der Königsklasse ohne einen einzigen WM-Punkt wieder in die Moto2 absteigen.

"Schon ab dem dritten Rennen ist das Team zerfallen und ich stand mehr oder weniger alleine da", verriet er uns im Interview. "Auch wenn es nicht erfolgreich war, so war diese Saison für mich doch etwas ganz Besonderes. Ich durfte ein Jahr lang eine MotoGP-Maschine bewegen und darauf bin ich stolz."

Karriereende nach 20 Jahren

2019 zeigte Lüthi noch einmal, was in ihm steckt: Podest im ersten Rennen, Sieg im dritten und zu Saisonschluss vier Podestplätze in Folge. Hinter Alex Marquez und Brad Binder reichte das zum dritten Platz in der Gesamtwertung. Platz zwei in Valencia 2019 sollte allerdings sein letzter Podestplatz bleiben, denn ab der Corona-Saison 2020 zeigte die Formkurve nach unten. Das gipfelte schließlich im Sommer 2021 in der Entscheidung, nach 20 Jahren in der Motorrad-WM einen Schlussstrich zu ziehen.

"Es ist ganz klar, dass dieser Titel in meiner Karriere fehlt. Die Moto2 hätte ich sehr gerne gewonnen. Ich habe lange darum gekämpft, aber es hat nicht gereicht und nie sollen sein", so Lüthi im Interview. Der Schweizer hinterlässt dennoch eine rekordverdächtige Karriere: Mit 55 Podestplätzen in 250ccm- und Moto2-Rennen ist er die Nummer zwei der ewigen Bestenliste der mittleren Klasse. Einzig Legende Toni Mang hat mit 60 Podien mehr als Lüthi.

Seine 317 GP-Starts bei WM-Rennen machen Lüthi zudem zur Nummer vier der ewigen Bestenliste. Nur Valentino Rossi, Andrea Dovizioso und Loris Capirossi haben mehr Weltmeisterschaftsläufe bestritten als Tom Lüthi. "Dass ich so lange auf Weltmeisterschafts-Niveau fahren konnte, ist schon etwas ganz Besonderes", sagte der 35-Jährige.

Lüthi bleibt dem Paddock 2022 allerdings treu: Er wird als Sportmanager bei PrüstelGP mitarbeiten und kümmert sich nebenher um das Management von Noah Dettwiler, der nach dem Tod von Jason Dupasquier als die größte Schweizer Nachwuchshoffnung im Motorradsport gilt.