Das haben sich die Herren vom Selektionskomitee wohl einfacher vorgestellt. Doch die Elimination von Kiefer Racing aus der Moto2-Startaufstellung für 2020 erweist sich als großer moralischer Prüfstein für die Dorna. Der Grund? Der Widerstand der heimischen MotoGP-Fans ist größer als von den Obrigkeiten erwartet - ja sogar so groß, dass sich nun erste Rädchen in Bewegung setzen, welche Kiefer Racing doch wieder zurück in das Paddock bringen könnten.

So konnte Teamchef Jochen Kiefer am Samstag im Live-Interview mit ServusTV bestätigen: "Es gab ein positives Meeting. Sie haben mir zwar noch keinen Platz garantiert, aber die Möglichkeit für ein Joint Venture eingeräumt. Man muss überlegen, in welche Richtung das gehen könnte, aber immerhin kommt ein bisschen Bewegung in das Spiel. Mal sehen, ob die Gespräche Früchte tragen."

Der Hintergrund dieser Aussagen? Am Samstagvormittag bat Mike Trimby, der gemeinsam mit Ezpeleta-Sohn Carlos in Brünn die Horror-Nachricht überbracht hatte, Kiefer zum persönlichen Gespräch. Dort wurde die Entscheidung zwar nicht revidiert, der deutschen Truppe wurde aber vorgeschlagen, mit einem anderen Rennstall zu kooperieren. Wie eine derartige Zusammenarbeit aussehen könnte, wurde noch nicht diskutiert.

Ein reines "Weiterbeschäftigungsprogramm" für die Crew als Einsatzmannschaft unter fremder Flagge ohne heimische Fahrer scheint für den Traditionsrennstall wenig attraktiv, wie in Spielberg aus dem Team zu vernehmen ist. Kiefer Racing stand schon immer für die Förderung des deutschen Nachwuchs und diese Werte sind auch der Grund, warum dem Team in den vergangenen Tagen eine Welle der Solidarität entgegen schlug.

Genau mit dieser Welle hatten die für den Rauswurf Verantwortlichen nicht gerechnet. Selbst Jochen Kiefer ist vom Engagement der Fans überwältigt und überrascht, wie er mir in Spielberg bestätigte. Das Kalkül des Selektionskomitees ging nicht auf, Kiefer Racing konnte eben nicht heimlich, still und leise durch die Hintertür entsorgt werden.

Erboste Fans organisierten sich rasch in den sozialen Medien, Protestbanner sind in Spielberg allgegenwärtig, Sticker wurden auf Privatinitiative gedruckt und am Donnerstag gab es auf der Haupttribüne während des Pit Lane Walks sogar Sprechchöre für Lukas Tulovic und Kiefer Racing. Diese blieben auch in den Räumlichkeiten von IRTA und Dorna nicht ungehört.

Letztlich sprangen auch reichweitenstarke Mainstream-Medien wie etwa die "Süddeutsche Zeitung" auf den Protestzug auf. Die großen Motorsportportale, zu denen wir uns auch zählen dürfen, stehen ohnehin geschlossen auf der Seite des wichtigsten Nachwuchs-Förderers der deutschsprachigen Region.

Das Meeting von Trimby mit Kiefer ist als direkte Reaktion auf den massiven Widerstand der letzten Tage zu werten. Doch es ist nur ein erster Schritt und noch kein finales Friedensangebot. Nun beginnt ein Pokerspiel, in dem es um nichts weniger geht als die Souveränität von Kiefer Racing als eigenständiger Rennstall und somit die Möglichkeit, auch weiterhin heimische Talente wie Lukas Tulovic in die WM zu bringen.

Um die Verhandlungsposition von Jochen Kiefer weiter zu stärken sind nun auch die deutsche Wirtschaft und die Sportpolitik in Form des mächtigen ADAC gefordert. Die Fans haben bereits ihr Bestes gegeben, doch der öffentliche Aufschrei darf nicht abebben, bevor es nicht zu einem Happy End kommt. Auch Motorsport-Magazin.com wird nicht lockerlassen. In diesem Sinne: #SaveKieferRacing!