Personal-Hammer bei Porsche Motorsport: Pascal Zurlinden ist nicht mehr als Porsche Gesamtprojektleiter Werksmotorsport tätig. Der Abgang der absoluten Führungskraft im Rennsport-Segment des Autobauers hatte sich schon in der vergangenen Woche abgezeichnet und wurde Motorsport-Magazin.com an diesem Dienstag aus gut informierten VW-Kreisen bestätigt.

Laut Holger Eckhardt, Motorsport-Pressesprecher bei der Porsche AG, spielten für die von Zurlinden kurzfristig getroffene Entscheidung "sehr persönliche Gründe" eine große Rolle. "Eine Nachfolgeregelung befindet sich derzeit in Abstimmung", bestätigte er den Abgang gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Zurlinden würde sich nach Aussage von Eckhardt über eine neue Herausforderung bei der Porsche AG freuen: "Dazu werden aktuell Gespräche geführt." Fakt ist, dass der Elsässer in seiner Funktion als Gesamtprojektleiter GT-Werksmotorsport nicht mit dem Porsche-Team zum vorletzten WEC-Rennen an diesem Wochenende nach Bahrain reist und auch beim dort eine Woche später stattfindenden Finale nicht vor Ort sein wird. Ein Datum für das Ausscheiden bei Porsche Motorsport steht im Übrigen noch nicht fest.

Pascal Zurlinden zählte zu den wichtigsten Führungskräften bei Porsche Motorsport, Foto: Porsche AG
Pascal Zurlinden zählte zu den wichtigsten Führungskräften bei Porsche Motorsport, Foto: Porsche AG

Zurlindens Aufgaben: Von WEC über Formel E bis LMDh

Zurlinden leitete bis zuletzt sämtliche Werks-Engagements von Porsche im Motorsport, namentlich in der Formel E sowie in der Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC. Unter dem deutschsprachigen Franzosen mit Schweizer Pass nahm Porsche zuletzt auch das neue LMDh-Projekt mit dem Werkseinstieg zum Jahr 2023 in Angriff.

In einer Kooperation mit US-Rennstall Penske sollen zwei Werks-Prototypen in der WEC sowie der IMSA antreten und bei den wichtigsten Langstreckenrennen wie Le Mans, Daytona und Sebring um Gesamtsiege kämpfen.

Nächster Promi-Abgang bei Porsche Motorsport

Zurlinden ist nach Fritz Enzinger der zweite höchst prominente Abgang bei Porsche Motorsport. Der 65-jährige Österreicher verabschiedete sich in den Ruhestand und übergab die Gesamtverantwortung für Porsche Motorsport zum 01. Oktober 2021 an seinen Nachfolger Thomas Laudenbach, der wegen der überraschenden Zurlinden-Entscheidung nun ebenfalls vor einer neuen Herausforderung stehen dürfte.

Unter Enzingers Leitung gewann Porsche unter anderem dreimal die 24 Stunden von Le Mans. Ab 31. Januar 2018 verantwortete er zudem die motorsportliche Ausrichtung und Koordination sämtlicher Marken im Volkswagen-Konzern und berichtete direkt an den VW-Vorstand.

Zurlindens rasanter Aufstieg bei Porsche Motorsport

Jahrelang an Enzingers Seite bei Porsche arbeitete Zurlinden, der nach DTM-Stationen bei Audi Sport, dem Opel Performance Center und dem Team Phoenix Racing ab 2014 zu Porsche wechselte. Der Franzose ist Automobilbau-Ingenieur und hat einen Master of Sciences in "Motorsport Engineering and Management". Er beherrscht als Leiter, Daten-, Test-, Simulations-, Renn- oder Strategie-Ingenieur ein breites Aufgabenspektrum und war dabei in Weissach unter anderem in das erfolgreiche LMP1-Projekt eingebunden.

2017 übernahm Zurlinden im GT-Bereich die Verantwortung für die Balance of Performance, ab 2018 zudem die Gesamtprojektleitung für den GT-Werksmotorsport. Seit August 2019 war der 39-Jährige übergreifend sowohl für die GT-Rennserien als auch das neugeschaffene Formel-E-Engagement zuständig.

Mit Zurlinden: Porsche-Siege rund um den Globus

Unter Zurlindens Leitung erzielte Porsche im GT-Sportwagenbereich prestigeträchtige Erfolge in Le Mans, Bathurst und Spa sowie bei nordamerikanischen Rennen wie Sebring und Road Atlanta. Bei den diesjährigen 24 Stunden von Le Mans erreichte das Porsche GT Team mit einem von zwei eingesetzten 911 RSR den dritten Platz. In der WEC kann sich Porsche vor dem Doubleheader-Saisonfinale in Bahrain weiter Chancen auf den Gewinn der Weltmeisterschaft ausrechnen.

Die Personalie Pascal Zurlinden spielt auch in der von Porsche Motorsport auf YouTube veröffentlichen Dokumentation 'Endurance' eine Rolle. Dabei wurden die Hintergründe der großen Belastung, Herausforderung und der unermüdliche Einsatz, den Fahrer, Ingenieure, das Team-Management sowie die Teammitgliedern bei den beiden berühmten 24h-Rennen, die 2019 innerhalb von etwas mehr als einer Woche in Le Mans und auf dem Nürburgring zu bewältigen hatten, in beeindruckenden Bildern und durch authentische Eindrücke von Zurlinden bereichert, gezeigt.

Porsche-Doku Endurance: Von Le Mans zur Nordschleife (01:31:39)