Herr Reiter, der GT-Sport lebt hauptsächlich von reichen Privatiers. Ist die Kostenentwicklung bei den GT3 eine Chance für die GT4?
Hans Reiter: Ja, absolut! Die Klientel hier, die hat natürlich sehr viel Geld, aber das sind trotzdem keine Lottogewinner, sondern Leute, die sich ihr Geld hart erarbeitet haben, daher träumen die auch nicht von der Formel 1 – man gönnt sich was. Sehen Sie's mal so: Sie sind nicht bereit, für einen Cappuccino zehn Euro zu bezahlen, nur weil sie gerade zehn Euro in der Hand haben. Und genauso ist es mit den Herrenfahrern: Die sind nicht bereit, fürs Fahren irgendwelche Unsummen zu investieren. Es mag zwar Ausnahmen geben, die GT1 hat's gezeigt, aber das sind dann eben nur zwanzig, vielleicht dreißig Leute auf der Welt.

Glauben Sie, dass Werkseinsätze der GT3 schaden, und was halten Sie von Überfallkommandos wie durch Audi und Mercedes? Mercedes setzte am Ring sage und schreibe sechs Werksautos ein.
Hans Reiter: Generell find ich Werkseinsätze sehr gut, der Sport braucht das. Es ist eben die Aufgabe der Sporthoheiten, so was vernünftig zu regulieren, damit sich keiner den Sieg erkaufen kann. Aber genau das passiert in vielen Meisterschaften leider viel zu oft – außer bei Ratel, und genau deswegen fährt man hier [in der Blancpain-GT-Serie; Anm. d. Red.]. Wenn man hier verliert, dann verliert man, weil man zu langsam war, aber nicht, weil jemand anderes den Sieg gekauft hätte. Manche Hersteller gehen mit so viel Geld in eine Serie rein, dass die BoP entsprechend hingetrimmt wird, und dann ist's natürlich vorhersehbar, wer gewinnt.

Lässt sich sagen, dass die BoP in den SRO-Serien am gelungensten ist?
Hans Reiter: Die BoP ist wirklich absolut fair hier. Meistens ist sie das in anderen Serien ja auch, aber wenn da mal Druck von oben kommt, dann knicken die Verantwortlichen ein. Aber bei der SRO knickt niemand ein. Und Claude [Claude Surmont, Chef-Einstufer der SRO] ist hier absolut transparent, der kann dir ganz genau erklären, warum du schnell genug bist, welche Strecken dir passen und welche nicht. Mit dem kannst du immer diskutierten, und du wirst immer eine vernünftige Antwort bekommen. Denn das ist ja auch so eine Sache, wenn die Entscheidungsfindung bei der BoP im Geheimen stattfindet.

Heuer in Le Mans war das Theater um die BoP ja geradezu lächerlich.
Hans Reiter: Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder war das so gewollt, oder es ist beschämend, wie unfähig die Offiziellen agiert haben.

Was halten Sie von der Idee der FIA, eine neue GT-WM auf Basis der GT3 zu errichten?
Hans Reiter: Wer soll das machen? Wer soll da fahren? Wen soll das interessieren? Mich wundert's nur, dass so eine Idee kommuniziert wird, bevor man das Ganze mal vernünftig durchgesprochen hat. Ich meine, die treffen sich in Paris, sitzen alle zusammen – da kann man doch mal eben in die Runde fragen: "Wer tut mit?" Und wenn sich dann keiner meldet, dann gehe ich doch nicht nach außen mit so einer Idee. Dann heißt's doch nur: "Pah, ihr seid schon wieder gescheitert!"

Was planen Sie selbst für nächstes Jahr? Werden Sie mit dem GT3-Lambo oder mit dem Camaro wieder angreifen, zum Beispiel im GT Masters?
Hans Reiter: Wir werden auf jeden Fall mit dem Lambo die Blancpain-Sprintserie fahren; der Gewinner unseres Reiter Young Stars Cup bekommt dafür ja ein Cockpit. GT Masters würd mich sehr interessieren, aber da müssen wir erst mal schauen, womit wir fahren und wie wir's zusammenkriegen. Das GT Masters ist eben auch Freud und Leid nebeneinand': tolle Serie, aber ohne zwei Profis brauchst du nicht mehr fahren. Da müssen wir schauen, ob jemand gewillt ist, was dazu zu tun, denn über Sponsoren allein kriegst du's nicht gedeckelt. Momentan ist allerdings positiv, dass viele Formel-3- und Formel-4-Fahrer nicht mehr die typische Formel-Karriere einschlagen, sondern ins GT-Feld gehen, womit schnelle Leute kommen, die auch Geld dabei haben.

Wie viel muss ein Privatier denn mitbringen, um für ein Wochenende GT3 fahren zu dürfen?
Hans Reiter: Das kommt ganz drauf an! Für ein reines Wochenende würde das Auto wohl 'nen Vierziger kosten, also 20 000 pro Fahrer. Aber dafür kriegen Sie fast nichts – sie kommen zum Rennen, fertig! Schäden müssten Sie zum Beispiel selber zahlen. Und wenn Sie's versichern wollen, wollen Sie's dann nur versichern oder lieber gut versichern? Wollen Sie testen? Wie viele Reifen wollen Sie haben? Das kann man ganz schnell aufblasen. In der Blancpain-Langstreckenserie kostet ein gesundes Wochenende schon einen Hunderter, das hier [die 24 Stunden von Spa] ungefähr 250 000 Euro bei einem Privatteam. Die ganze Saison – beispielsweise bei WRT – wird sicherlich so 600 000 Euro kosten; dafür bekommen Sie aber auch alles perfekt vorbereitet inklusive einer spitzenmäßigen Boxencrew. Das sind eben keine Wochenendkrieger, sondern die Leute dort werden permanent bezahlt, was übrigens auch bei uns so ist. Was die Sache teuer macht, ist die Professionalität, und wer wenig zahlt, der kriegt wenig.

Last, but not least: Wo steckt der Prinz? Sehen wir Albert bald wieder im GT-Sport?
Hans Reiter: Rallye probiert der heuer, aber ich bin nicht ganz sicher, wie gut das klappt. Ich hoffe jedenfalls, dass Albert nächstes Jahr wieder bei uns fahren wird, aber für dieses Jahr hatten wir ja auch nichts angeboten. Es ist aber auch so: Wir haben den Lambo und den Camaro gleichzeitig gemacht, und das war ein Fehler. Bei 46 Mitarbeitern haben sich da ungefähr 45 für den Gallardo interessiert und nur einer für den Camaro, und so was wollten wir beim KTM nicht noch mal. Deshalb hab ich gesagt: "Jetzt mal kein Gallardo, jetzt machen wir den KTM, und zwar so lange, bis alles passt und kugelsicher ist, dass wir in den ersten beiden Jahren nach Auslieferung keine Garantie-Anrufe kriegen." Danach kann man sich wieder auf das konzentrieren, was man gerne machen würde. Aber der KTM ist eben das neue Brot-und-Butter-Geschäft; die GT4 wird das, wo die nächsten Jahre das Geld verdient wird – für uns zumindest.