Interview: Was macht eigentlich Ex-Formel-1-Pilot Timo Glock? (27:17 Min.)

Im zarten Alter von 38 Jahren stellt sich Timo Glock einer neuen Herausforderung. Der BMW-Fahrer tritt an diesem Wochenende zum ersten Mal bei den 24 Stunden von Daytona (30./31. Januar, im Live-Ticker auf Motorsport-Magazin.com) an.

Bei der 59. Auflage des US-Klassikers teilt sich Glock den ihm unbekannten BMW M8 GTE auf der ihm ebenso unbekannten Rennstrecke Daytona International Speedway mit seinen Teamkollegen Philipp Eng, Bruno Spengler und Connor De Phillippi.

Glocks vorherige Langstrecken-Erfahrung in mehr als 20 Jahren Motorsport-Karriere beschränkt sich bislang auf drei Gelegenheiten: 2015 startete er mit Alex Zanardi und Spengler beim 24-Stunden-Rennen in Spa auf einem umgebauten BMW Z4 GT3, 2017 und 2018 nahm er jeweils zum Jahresbeginn die 12 Stunden von Bathurst mit einem M6 GT3 in Angriff.

Glock: Hat mich schon immer gereizt

Während zahlreiche andere Piloten aus dem BMW-Kader immer wieder Ausflüge in andere Kategorien des Rennsports unternahmen, beschränkte sich Glock größtenteils auf die DTM, in der er seit 2013 startete. "Gereizt hat mich das schon immer", räumt Glock im Video-Interview mit Motorsport-Magazin.com wenige Tage vor dem 24h-Rennen in Daytona ein.

Der Grund, sich vor allem auf die DTM zu konzentrieren? "Wenn andere Fahrer auf anderen Autos saßen und dann in die DTM zurückkehrten, hat man oft gesehen, dass sie sich schwer taten, sich wieder aufs DTM-Auto einzustellen. Das braucht schon einen Moment, aber dafür hast du an einem Rennwochenende kaum Zeit. Deshalb habe ich immer versucht, den Fokus auf die DTM zu legen und so wenig wie möglich Anderes zu fahren."

Zusätzliche Engagements wie sein Experten-Job für den TV-Sender RTL in der Formel 1, den er seit 2018 ausübte und 2021 bei Sky fortsetzen wird, ließen zuletzt nur wenige freie Stellen im Terminkalender. Das späte Daytona-Debüt hätte es unter Umständen schon im vergangenen Jahr geben können, wie Glock verrät: "Das war immer auf meiner Liste. Letztes Jahr waren wir knapp davor, das Thema mit Alex Zanardi anzugehen. Das hat sich dann leider zerschlagen."

Timo Glock startet im BMW M8 GTE bei den 24 Stunden von Daytona, Foto: BMW Motorsport
Timo Glock startet im BMW M8 GTE bei den 24 Stunden von Daytona, Foto: BMW Motorsport

Glock: Le Mans würde mich reizen

Hinter Daytona kann Glock nach dem kommenden Wochenende einen Haken setzen. Wie steht es aber mit anderen Renn-Klassikern wie dem 24h-Rennen Nürburgring oder Le Mans? Glock, dessen Zukunft bei BMW ("Ich habe weiterhin einen BMW-Vertrag. Wenn man mich in einem Rennauto sieht, dann wird es ein BMW sein") nach dem werksseitigen Ausstieg aus der DTM ungewiss bleibt: "Le Mans würde mich auch reizen. Der Nürburgring ist so ein Thema. Bis du die Permit hast, musst du relativ viele Rennen fahren. Das ist in meinem Hinterkopf, aber schwierig zu kombinieren mit meinem Formel-1-Job bei Sky."

Dabei macht der 91-fache Grand-Prix- und 130-malige DTM-Starter klar, dass er im Herbst seiner Karriere den Antrieb noch nicht verloren hat. Glock, der am 18. März dieses Jahres seinen 39. Geburtstag feiert, war 2020 immerhin der bestplatzierte aller BMW-Fahrer in der DTM. Hinter den dominanten Audis um Champion Rene Rast belegte er den fünften Rang und errang in Zolder die einzige Pole Position für den Autobauer aus München.

Glock: Gefühlt 130 Puls im Stehen

Glock: "Ich merke immer noch das gleiche Adrenalin vor einem Rennen. Das ist mit 38 wie mit 20 Jahren. Die Nervosität habe ich letzte Woche beim Qualifikationsrennen gemerkt, als ich gefühlt 130 Puls im Stehen hatte. Ich wollte keinen Fehler machen, aber auch nicht mit fünf Sekunden Rückstand auf die Kollegen rumgurken. Solange diese Nervosität noch da ist, merke ich, dass es noch brennt und ich heiß aufs Rennfahren bin."

Dabei motiviert Glock vor allem die Tatsache, dass er trotz seines gehobenen Alters mindestens mit teilweise deutlich jüngeren BMW-Kollegen wie dem 21-jährigen Sheldon van der Linde mithalten kann.

Glock: "Sheldon ist gefühlt halb so alt wie ich. Aber ich konnte ihm genauso die Stirn bieten wie Marco und den anderen Jungs. Das lässt es dich noch mehr genießen und macht auch ein bisschen stolz, mit 38 Jahren noch so gut dabei und wegen der Erfahrung teilweise auch einen Schritt voraus zu sein. Und solange mir Marco hier in Daytona nicht zehn Sekunden aufbrummt, weiß ich, dass ich noch immer schnell genug bin."

BMW tritt 2021 mit zwei M8 GTE beim 24h-Rennen in Daytona an, Foto: BMW Motorsport
BMW tritt 2021 mit zwei M8 GTE beim 24h-Rennen in Daytona an, Foto: BMW Motorsport

Glock peilt BMW-Hattrick in Daytona an

Der angesprochene Wittmann startet zum zweiten Mal in Daytona, allerdings erstmals im BMW M8 GTE. Der zweifache DTM-Meister teilt sich einen von zwei BMW mit den Vorjahres-Klassesiegern John Edwards, Jesse Krohn und Augusto Farfus. Nach 2019 und 2020 greift BMW in der GTE-Kategorie nach dem dritten Daytona-Sieg in Folge, bevor der Hersteller sein IMSA-Engagement verringert und die folgenden Sprintrennen auslässt.

"Wir setzen alles daran, den dritten Sieg einzufahren", sagt Glock. "Das wollen wir mit einem der beiden Autos umsetzen und ich würde mich freuen, wenn es unseres wäre." Zwar reichen die 24 Stunden von Daytona hierzulande nicht an den Bekanntheitsgrad der Klassiker auf dem Nürburgring oder in Le Mans heran. Für Glock hätte der Sieg im selbsternannten 'World Center of Racing' zu Daytona jedoch einen besonderen Stellenwert: "Das ist ein legendäres Rennen. Vielleicht nicht so extrem in Europa, aber es ist eines der großen Rennen."

Im ausführlichen Video-Interview spricht Timo Glock außerdem darüber, was der europäische Motorsport von den USA lernen kann, plädiert für mehr Lockerheit und blickt zurück auf seine Zeit in der Champ Car Series. Das Interview findet ihr ganz oben in diesem Artikel - einfach den Play-Button anklicken.