Die 24 Stunden von Daytona - genauer gesagt, 23:50 Stunden - waren ein absolutes Chaos-Rennen. 17 Gelbphasen, zwei Abbrüche und das vorzeitige Rennende zehn Minuten vor dem regulären Schluss - der Dauerregen beim Langstreckenklassiker in Florida stellte die Nerven aller Fahrer, Teams und Verantwortlichen mehrfach auf die Probe.

Und so bleibt die Frage offen: Hätte das Rennen, das Fernando Alonso und seine Teamkollegen Kamui Kobayashi, Renger van der Zande und Jordan Taylor gewannen, nicht schon viel früher abgebrochen werden sollen? Der zweite Abbruch mit roten Flaggen rund zwei Stunden vor dem Rennende bleibt ein äußerst diskutables Thema nach der 57. Ausgabe des Rolex 24 At Daytona.

Hinter vorgehaltener Hand hieß von mehreren Seiten im völlig durchnässten Fahrerlager: Aufgrund der Fernseh-Situation sei versucht worden, das Rennen möglichst lange am Leben beziehungsweise die wertvolle TV-Übertragung aufrecht zu halten. Seit diesem Jahr hat die IMSA-Sportwagenmeisterschaft mit der NBC Sports Group einen neuen Fernsehpartner, Daytona als großes Highlight bildete den Auftakt in die erste gemeinsame Saison.

Letztendlich ging alles glimpflich aus, trotz zahlreicher Unfälle bei schwierigsten Witterungsbedingungen wurde kein Fahrer verletzt. Doch Experten sind sich einig: Ganz leicht hätte bei diesem Chaos-Rennen Schlimmeres passieren können. Etwa beim Unfall des WeatherTech Ferrari #63 mit einem Porsche, als es wegen der schlechten Sicht zu einer ungebremsten Auffahrkollision der beiden Rennwagen kam.

Er habe tatsächlich Angst gehabt, räumte sogar Rennsieger Alonso ein, der vor allem während der Regenphasen groß auffuhr und den späteren Sieg für Wayne Taylor Racing einläutete. "Ich habe oft am Funk gefordert, dass ein Safety Car nötig ist", sagte der zweifache Formel-1-Weltmeister später. "Die letzten fünf bis sieben Runden waren nicht richtig. Die Sichtbarkeit war fast null. Wir konnten auf den Geraden auch nicht mehr Vollgas geben, die Autos sind zu sehr hin- und hergeschlingert. Und überall auf der Strecke lagen Teile anderer Autos herum."

Die Stammtischparole, dass die Fahrer bei nassen Bedingungen einfach langsamer fahren sollten, wenn sie keine Unfälle bauen wollen, kann auch in Daytona nicht gelten. Große Pfützen bildeten sich auf mehreren Teilen der Strecke und die tief eingestellten DPi- und auch GTLM-Autos schwammen geradezu auf. Am Ende war es schlichtweg unmöglich, die Fahrzeuge auch nur halbwegs kontrolliert über den Kurs zu bewegen. Selbst das Safety Car wäre beinahe abgeflogen.

Laut Alonso hätte das Rennen sieben Runden früher gestoppt werden sollen. Das hätte jedoch bedeutet, dass er seinen zweiten Langstreckensieg innerhalb eines Jahres nach Le Mans 2018 verpasst hätte. Zu diesem Zeitpunkt führte der frühere Formel-1-Fahrer Felipe Nasr nämlich das Rennen in seinem DPi-Cadillac an. Das rennentscheidende Manöver gelang Alonso kurz vor Schluss. "Felipe fuhr in Kurve 1 etwas weit raus, während ich Grip fand. Das war einfach Glück", sagte Alonso.

Alonso gegen Nasr: Regen-Schlacht auf der allerletzten Rille um den Gesamtsieg, Foto: LAT Images
Alonso gegen Nasr: Regen-Schlacht auf der allerletzten Rille um den Gesamtsieg, Foto: LAT Images

Reihenweise segelten Autos aller Klassen in den Kurven von der Strecke und mussten durchs Gras zurück auf die Strecke. "Ich bin in Turn 1 bestimmt zehn Mal weit rausgekommen", sagte etwa BMW-Werksfahrer Augusto Farfus, der in der GTLM-Klasse mit seinen Teamkollegen Philipp Eng, Connor De Phillippi und dem jungen Colton Herta in der GTLM-Wertung triumphierte.

Farfus absolvierte den Schluss-Stint im Rennen und hatte arg mit den katastrophalen Verhältnissen zu kämpfen. "Bei 90 Prozent meiner Fahrzeit im Regen hatte ich Aquaplaning", sagte der ehemalige DTM-Fahrer. "Ich habe immer versucht, das Limit zu finden, um sicher fahren zu können. Es war alles ziemlich unvorhersehbar und man hat ja gesehen, wie viele Fehler passiert sind."

Neben der schlechten Fahrbarkeit spielte auch die Sicht eine tragende Rolle. Durch die aufgeschäumte Gischt vorherfahrender Autos war es dem jeweiligen Hintermann kaum noch möglich, auf den langen Geraden und Steilwänden ansatzweise den Überblick zu behalten. "Für mich ist unverständlich, dass nicht früher abgebrochen wurde", sagte der erfahrene Ford-Pilot Richard Westbrook später.

So verkam das Rennen am Ende zum wirklichen Roulette-Spiel, denn alle Beteiligten wussten, dass jederzeit ein Rennabbruch erfolgen konnte, der gleichzeitig das Endergebnis bestimmen würde. In den einzelnen Klassen wechselte die Führung in den letzten Runden immer wieder.

Ben Keating vom Mercedes-Team Riley Motorsports erklärte: "Der Regen war schrecklich. Erst rote Flagge, dann grüne Flagge und wieder rote Flagge, und die Autos flogen nur so ab. Es war im Grunde nur noch nur ein Glücksspiel, wann die Rennleitung die letzte rote Flagge zeigen würde."

So stark waren Alonso & Zanardi bei den 24H Daytona 2019 (VLOG) (13:09 Min.)
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