Es sollte ein Freudenfest werden: Mit dem letzten Rennen der American Le Mans Series sollten elf Jahre der Spaltung des amerikanischen Sportwagensports feierlich zu Ende gehen. Die ALMS verschmilzt 2014 mit der Grand-Am zur United SportsCar Championship (USCC). Doch das Fest zum Ende einer Ära wurde jäh überschattet: Sean Edwards, der am vergangenen Dienstag auf dem Beifahrersitz bei Instruktionsfahrten in Australien verstarb, sollte eigentlich für NGT Motorsport in der GTC-Klasse an den Start gehen. Der Porsche 911 GT3 Cup mit der Startnummer 30 wurde nach den tragischen Ereignissen zurückgezogen.

Die Trauer ist allgegenwärtig. Der zweite NGT-Porsche wird mit einer speziellen Lackierung versehen sein, außerdem werden alle teilnehmenden Fahrzeuge einen Aufkleber zu Ehren des Verstorbenen tragen. Doch wenn am Samstag die grüne Flagge von einem Vietnam-Veteran geschwenkt werden wird, wird das Sportliche im Vordergrund stehen. Und da gibt es einige offene Meisterschaftsentscheidungen sowie endlich wieder ein spannendes Duell um den Gesamtsieg.

LMP1: Rebellion gegen Pickett

Endlich wieder dabei: Rebellion Racing, Foto: ALMS
Endlich wieder dabei: Rebellion Racing, Foto: ALMS

Die Rückkehr von Rebellion Racing hat wieder etwas Feuer in den Kampf um den Sieg gebracht: Nick Heidfeld, Neel Jani und Nicolas Prost wollen ihren Vorjahreserfolg wiederholen und sich mit einem Hoch aus Amerika verabschieden. Das letzte Rennen der ALMS bedeutet nämlich auch das letzte Rennen der LMP1 in einer amerikanischen Meisterschaft. Dem Lola B12/60 Coupe mit Toyota-Power steht der HPD ARX-03c von Pickett Racing gegenüber. Lucas Luhr strebt seinen 50. ALMS-Sieg an und das Rennen auf der Road Atlanta nahe Braselton ist seine einzige Chance dazu. Er wird von Klaus Graf und Romain Dumas unterstützt.

Nur Außenseiterchancen hat Dyson Racing. Der schnelle Guy Smith ist nicht dabei, so dass Chris Dyson im Mazda-befeuerten Lola B12/60 mit Chris McMurray und Tony Burgess auskommen muss, die beileibe nicht das fahrerische Niveau der Konkurrenz mitbringen. Auch das DeltaWing-Coupe von Andy Meyrick und Katherine Legge geht nicht als Siegkandidat ins Rennen. Das Rennen über wahlweise 1.000 Meilen (1.609 Kilometer) oder 10 Stunden stellt jedoch eine einzigartige Chance dar, das noch sehr neue Fahrzeug ausgiebig zu testen. Die bisherigen Tests zeigen einen leichten Vorteil für Rebellion Racing, die bislang etwa eine Sekunde schneller waren als Pickett.

Fängt BMW Corvette noch ab?

Die GT-Klasse wird wie üblich den härtesten Wettbewerb sehen. Zentral ist hier der Meisterschaftskampf zwischen den Corvette-Piloten Antonio Garcia und Jan Magnussen sowie Dirk Müller im BMW Z4 GTE. Bei einem Vorsprung von 14 Punkten müssen Magnussen/Garcia nicht auf Sieg fahren, doch das enge GT-Feld sorgt dafür, dass die Meisterschaft alles andere als sicher ist. Müller zeigte mit der schnellsten GT-Zeit bei den Tests auf, steht aber unter Zugzwang: Alles andere als ein Sieg käme bereits quasi dem Meisterschaftsverlust gleich.

Die Konkurrenz ist wie immer riesig: Die SRT-Vipern zeigten mit zwei Bestzeiten in den Testsessions auf, bevor Dirk Müller im dritten Test die absolute GT-Bestzeit fuhr. Ferrari und Porsche kämpfen noch mit der vier Kilometer langen Strecke im Bundesstaat Georgia. Doch gerade deren Teams zeigten beim letzten Rennen in Virginia auf: Der Porsche 911 GT3 RSR von Core Autosport demonstrierte mit dem zweiten Platz, wozu das künftige Porsche-Werksteam in der Lage ist. Risi Competizione landete mit dem Ferrari 458 Italia in Virginia endlich wieder einen Sieg.

LMP2: Scott oder Scott?

Die üblichen vier Prototypen kämpfen in der LMP2 um den prestigeträchtigen Sieg: Die künftige USCC-Topkategorie ist damit zwar sehr dünn besetzt, doch die vier HPD ARX-03b von Level 5 Motorsport und Extreme Speed Motorsports sind alle siegfähig. Die zentrale Frage ist: Wird Scott Tucker von Level 5 oder Scott Sharp von Extreme Speed den Titel mit nach Hause nehmen? Bei einem Vorsprung von sechs Punkten würde Tucker ein zweiter Platz zum Titelgewinn reichen. Er kann auf die Unterstützung von Ryan Briscoe und Marino Franchitti vertrauen.

BMW hat noch die Chance auf den GT-Titel, Foto: BMW
BMW hat noch die Chance auf den GT-Titel, Foto: BMW

Sharp wird mit Anthony Lazzaro und David Brabham das Rennen in Angriff nehmen. Sehr zu beachten ist jedoch auch der zweite Level-5-HPD, in dem Guy Cosmo und Johnny Kane von Peter Dumbreck unterstützt werden. Das vierte Fahrzeug im Bunde, der Extreme-Speed-HPD mit der Startnummer 02, muss in den Händen von Ed Brown, Johannes van Overbeek und Rob Bell Schützenhilfe für Sharp leisten.

Titelentscheidungen in Challenge-Kategorien noch offen

In der LMPC wird sich alles auf den Titelkampf zwischen Mike Guasch, Jonathan Bennett und Chris Cumming konzentrieren. Guasch muss bei elf Punkten Vorsprung mit seinen Teamkollegen David Cheng und Dane Cameron eigentlich nur den Deckel draufschrauben, doch in der Klasse für einheitliche Oreca-FLM09-Prototypen ist das alles andere als einfach. Eine Kollision in Virginia zeigte bereits, wie schnell es gehen kann. Der Zweitplatzierte der Meisterschaft, Chris Cumming, kann auf die Hilfe des äußerst erfahrenen Stefan Johansson vertrauen.

In der GTC-Klasse für einheitliche Porsche 911 GT3 Cup ist durch den Rückzug von NGT ein Meisterschaftsanwärter draußen. Jeroen Bleekemolen und Cooper MacNeil haben in ihrem Alex-Job-Porsche nun 16 Punkte Vorsprung und müssen ebenfalls nur den Titel dingfest machen. Bruder Sebastian Bleekemolen unterstützt sie bei ihrer Titeljagd. Als einzige Konkurrenten sind Nelson Canache Jr. und Spencer Pumpelly von Flying Lizard Motorsports übrig geblieben. Diese müssten aber bei einem Ausfall von Bleekemolen und MacNeil den Klassensieg einfahren. Bei diesem Unterfangen werden sie von Madison Snow unterstützt.

Unter den schwierigen Rahmenbedingungen ist also trotzdem mit einem sehenswerten Rennen zu rechnen. Das Petit Le Mans zählt neben Sebring und Le Mans zu den drei großen Rennen der ACO-geleiteten Serien. Jeder möchte hier gewinnen. Motorsport-Magazin.com wird von allen Sessions berichten, wenn mit dem Finale der ALMS ein Kapitel (amerikanischer) Motorsportgeschichte zu Ende geschrieben wird.