Belgiens berühmte Rennstrecke Spa-Francorchamps wird schon in Bälde die Bühne bereiten für das letzte bedeutsame 24-Stunden-Rennen der laufenden Motorsportsaison. Fans, Teams und Verantwortliche zugleich fiebern der prestigeträchtigen PS-Schlacht längst entgegen, doch bevor am 26. und 27. Juli der große Showdown mit rund 60 GT3-Fahrzeugen steigt, sei sich kurz Zeit genommen für einen kleinen Blick auf die Vergangenheit des wohl ewig jungen Klassikers aus dem Königreich der Waffeln.

Ob Giuseppe Farina, der erste Formel-1-Weltmeister überhaupt, Tourenwagen-Galionsfigur Tom Walkinshaw, die schnelle Hezemans-Familie oder deutsche Vollgas-Größen wie Hans-Joachim Stuck und Uwe Alzen: Sie alle gewannen einst die 24 Stunden von Spa-Francorchamps, ebenjenes Langstreckenrennen, das nur ein Jahr jünger ist als die Legende aus Le Mans. 1924 setzte der Royal Automobile Club of Belgium die Idee einer 24-stündigen Wettfahrt auf seine Weise um; man gebar einen Bewerb, der in der Gegenwart nur kaum wegzudenken ist aus der rasanten, weiten und traditionsreichen Welt des Motorsports.

Jules de Their und Henri Langlois van Ophem, zwei ehemalige Rennfahrer aus der Region, sind diejenigen beiden, die sich besonders für die Schaffung der Veranstaltung einsetzten. Als Schauplatz des Spektakels diente damals die ursprüngliche Variante des heutigen Circuit de Spa-Francorchamps, ein fast 15 Kilometer langer, 1921 eröffneter Landstraßenkurs zwischen den pittoresken Ortschaften Francorchamps, Malmedy und Stavelot, den de Their und van Ophem eigens entworfen hatten.

Poster zu den 24 Stunden von Spa 1964, Foto: S.R.O.
Poster zu den 24 Stunden von Spa 1964, Foto: S.R.O.

Den ersten Sieg bei dem anspruchsvollen Dauerlauf inmitten der geschichtsträchtigen Ardennen sicherten sich die beiden Franzosen Henri Springuel und Maurice Béquet in einem Zwei-Liter-Bignan. Seit dem Beginn der Dreißigerjahre, in denen die erfolgreichen Fabrikate meist aus dem Hause Alfa Romeo stammten, wurde die Piste mehr als ein Dutzend Mal verändert, ganz besonders aber zwischen 1978 und 1979. Dazumal verkürzte man die teilweise äußert schnelle Strecke aus Gründen der Sicherheit auf etwa die Hälfte ihrer einstigen Länge.

BMW: Hausherren nicht nur am Ring

Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich auch deutsche Hersteller bei den 24 Stunden von Spa etabliert. Allen voran: BMW. Achtmal hatten die Boliden aus Bayern vor dem großen Umbau gewinnen können. Seither ist Spa-Francorchamps nebst dem Nürburgring eine Art Wohnzimmer der Münchener. Mit summa summarum 21 Triumphen steht BMW ganz oben in den Bestenlisten des größten Automobilrennens der Beneluxstaaten. Auch Mercedes-Benz, Porsche und Audi sammelten auf der famosen Bahn rund um die Mutkurve Eau Rouge zahlreiche Pokale.

Doch nicht nur die Großen und Etablierten gaben sich in Belgien die Ehre, ebenso sind kleinere Marken wie NSU, Ginetta oder Moskwitsch unter den Teilnehmern der bislang 64 Ausgaben zu finden. Beliebt und relevant war der Ardennen-Marathon vor allem in den Siebzigern und Achtzigern, in der Blüte des Tourenwagensports. In Spa konnten die Hersteller unter Beweis stellen, wie haltbar, ausdauernd und sportlich ihre Alltagsmodelle à la BMW 3er, Ford Capri oder Volvo 240 sein würden. Mitunter waren die 24 Stunden sogar Teil der Sportwagen-Weltmeisterschaft.

Zurück auf Kurs dank Stéphane Ratel

Poster zu den 24 Stunden von Spa 1983, Foto: S.R.O.
Poster zu den 24 Stunden von Spa 1983, Foto: S.R.O.

Nachdem die Tourenwagen-EM 1988 in die mehr oder weniger ewigen Jagdgründe befördert wurde, mussten sich die Macher nach Alternativen für das Starterfeld umschauen. Es dauerte letztlich bis 2001, ehe der längst zum Klassiker gereifte Langstrecken-Schlager wieder Teil eines Championats sein sollte. Dafür verantwortlich war Stéphane Ratel. Der Sportwagen-Zampano integrierte Spa in die FIA-GT-Meisterschaft, womit er dem Rennen zu neuem Glanz verhalf. Auch zu den heutigen GT3-Zeiten ist Ratel derjenige, der für den Erfolg der 24 Stunden bürgt.

Wie Daytona, die Grüne Hölle oder Le Mans versprüht auch Spa-Francorchamps ein ganz eigenes, unnachahmliches Flair. Der Pommes-Geruch im Fahrerlager, Nebelschwaden nach einem jeden Regenguss, die alte Boxenanlage, Feuerwerk um Mitternacht: Spa ist seither eine Reise wert. Vermutlich auch in diesem Jahr, wenn ein selten riesiges Teilnehmerfeld die Geschichte des Rennens um ein weiteres Kapitel bereichern wird.