Nicht Meister - aber immerhin Vize-Meister: Ein bisschen traurig war ich am Samstag in Monza natürlich schon, als es endgültig auch mathematisch feststand, dass ich den Titel nicht mehr holen kann. Denn auch wenn schon vor dem Wochenende klar war, dass es eine schwierige Aufgabe werden würde - aufgegeben habe ich vorher in keinem einzigen Moment, auch nicht, als das Qualifying nun wirklich alles andere als gut lief, ich auf den Geraden nicht gerade das schnellste Auto hatte und dann auch noch im entscheidenden Moment im Verkehr hängen blieb.

Aber ich habe auch vom 12. Startplatz aus noch alles versucht - und viel hat ja nicht gefehlt, dass ich die Entscheidung zumindest bis Sonntag hätte offen halten können, nachdem Giorgio Pantano sich ja durch das Überfahren der weißen Linie an der Boxenausfahrt eine Strafe eingefangen hatte. Aber der fünfte Platz hat halt nicht ganz gereicht - und obwohl ich dann auf der abtrocknenden Strecke mit Slicks schneller war als die Leute vor mir, hat die Zeit nicht mehr gereicht, um noch vorbeizukommen.

Es war halt im ersten Moment schon ein gewisses Gefühl der Leere - vor allem, weil ich denke, dass wir bei iSport den Titel eigentlich schon verdient gehabt hätten. Wir haben die Meisterschaft auch nicht in Monza verloren, sondern schon vorher, durch die vielen Dinge, die passiert sind, die außerhalb unserer Kontrolle lagen, vom Hund in Istanbul über die Kupplungs- und Getriebedefekte in Frankreich bis zu der Durchfahrtsstrafe in Spa. Mir selbst kann ich eigentlich nur einen echten Fehler ankreiden, der Folgen hatte - der Abflug im zweiten Rennen in Valencia, da hätte ich halt doch bedenken müssen, dass ich nach dem Ausweichmanöver gegen Soucek total dreckige Reifen hatte und noch vorsichtiger sein müssen...

Auch als Vizemeister konnte Bruno Senna feiern., Foto: GP2 Series
Auch als Vizemeister konnte Bruno Senna feiern., Foto: GP2 Series

Im Vergleich zu uns hat Giorgio Pantano halt ein bisschen mehr Glück gehabt - wenn er Ausfälle hatte, dann lag es auch öfters an eigenen Fehlern, aber so ist es halt nun mal im Motorsport... Trotzdem - im Rückblick kann ich mit meiner persönlichen Leistung in dieser Saison schon sehr zufrieden sein. Was mir am wichtigsten ist, ist die Anerkennung, für meine Leistung im meinem Team. Ich denke, dass ich in diesem Jahr bei und von iSport sehr, sehr viel gelernt habe, dass ich mich deutlich weiter entwickelt habe und davon auch in Zukunft sicher enorm profitieren kann.

Umso mehr freut es mich, dass auch das Team das Gefühl hat, dass ich ihnen einiges geben konnte - so viel, dass sie sogar überlegen, ob und wie man das auch in der Zukunft vielleicht sogar am Auto zeigen könnte... Am Sonntag Abend in Monza haben wir auf jeden Fall erst mal alle zusammen kräftig bei der traditionellen GP2-Abschlussfete gefeiert - nachdem ich am Nachmittag natürlich erstmal meinem Freund Gerhard Berger eine Glückwunsch-SMS schicken musste: Ich habe mich riesig für ihn über den ersten Sieg von Toro Rosso und Sebastian Vettel gefreut, das ganze Team und natürlich auch Vettel haben da eine tolle Leistung geboten, ihre Chance optimal genutzt. Aber dann war unsere eigene Feier dran - nachdem wir alle unsere Pokale bekommen hatten, ging es dann erst so richtig los, bis tief in die Nacht hinein...

Den Preis für den Fahrer mit dem attraktivsten Fahrstil hat mir mein Teamkollege Karun Chandhok weggeschnappt - aber das ist eigentlich auch kein Wunder, schließlich wird der ja über eine Internetabstimmung vergeben. Und gegen eine Milliarde Inder ist halt schwer anzukommen.... Aber es macht mir nichts aus, erstens war es ja schön, dass er auch etwas gewonnen und Grund zum feiern hatte, zweitens habe ich ja dafür die Auszeichnung für den am meisten verbesserten Fahrer bekommen, so wie iSport den für das Team mit der besten Ingenieursleistung, und drittens mache ich mir ehrlich gesagt nicht so furchtbar viel aus solchen Preisen...

Aber die Fete war richtig gut, es war toll, jetzt, nachdem die ganze Spannung abgefallen war, noch einmal so richtig locker und ausgelassen mit den ganzen Leuten vom Team zusammen zu sein... Zum Teil ging's schon ganz heftig ab - so bin auch ich genauso wie unser Teamchef Paul Jackson mal von den Jungs ziemlich kräftig in die Luft geworfen worden. Bei Paul habe ich auch mitgeholfen - da war's ein bisschen anstrengender, am einfachsten ging's bei meiner Schwester Bianca... Die ist so ein Leichtgewicht, dass wir sie fast bis in die Nähe der Saaldecke gebracht haben, ich glaube, sie hat zeitweise sogar ein bisschen Angst gehabt... Aber jedenfalls herrschte tolle Stimmung, ich glaube, wenn es einen Preis dafür gegeben hätte, hätte iSport den auf jeden Fall gewonnen.

Brunos iSport Team wurde ebenfalls ausgezeichnet., Foto: adrivo Sportpresse
Brunos iSport Team wurde ebenfalls ausgezeichnet., Foto: adrivo Sportpresse

Dass die Saison zu Ende ist, heißt aber nicht, dass ich mich jetzt erstmal auf die faule Haut legen kann. Ich habe gerade mit einem neuen, noch spezifischeren Trainingsprogramm begonnen - ich will noch fitter sein als ich es jetzt schon bin, wenn es dann im November - hoffentlich - irgendwo mit Formel-1-Tests losgeht. Im Moment kann ich weiterhin nur sagen, dass ich denke, dass ich recht nahe an der Formel 1 dran bin, dass wir verschiedene Optionen haben, die besten sind noch nicht sicher, nicht ganz so gute wäre es eher schon, aber ich hänge natürlich auch daran, wie andere Leute sich entscheiden.

Bis wann sich die Dinge klären, weiß ich deshalb auch nicht wirklich - ich hoffe mal, bis Oktober... Dann werde ich auch für ein paar Wochen nach Brasilien gehen, da wartet auch eine Menge an Arbeit, vor allem an Promotionterminen für die Sponsoren, auf mich. In Interlagos beim Brasilien-GP werde ich natürlich auch mal auftauchen - das ist Pflicht. Ich hoffe, dass ich dann auch schon genau weiß, wie es weiter geht und wann ich vielleicht zum ersten Mal in einem Formel-1-Auto sitzen werde.