So richtig glücklich war im Lager von Mercedes keiner so wirklich nach dem zweiten Formel-E-Rennen in London. Dabei bestand auf den ersten Blick kein Grund zur Unzufriedenheit. Mit zwei zweiten Plätzen an diesem Wochenende katapultierte sich Nyck De Vries in die WM-Führung, Stoffel Vandoorne sichert sich an beiden Tagen Punkte. Doch eigentlich war für die elektrischen Silberpfeile beim London e-Prix mehr drinnen.

Rowland eliminiert Vandoorne

Doch der Rennverlauf des Sonntagslaufes ließ De Vries und Vandoorne enttäuscht zurück. Denn über lange Strecken sah alles nach einem triumphalen Mercedes-Sieg aus, zeitweise standen sogar die Chancen auf einen Doppelsieg nicht schlecht.

Die Renngötter hatten an einem chaotischen Nachmittag in und neben der ExCel-Messe in London etwas anderes vor. Oder besser gesagt: Oliver Rowland. Der Nissan-Pilot verteidigte in Runde 15 auf dem Weg zur ersten Haarnadel-Kurve gegen eine Attacke von hinten. Doch auf der schmutzigen Innenlinie blockierten seine Vorderreifen und so raste der Brite stattdessen mit voller Wucht in den Mercedes EQ 02 des Belgiers.

Den Zwischenfall mit Rowland, für den der Nissan-Pilot übrigens eine Durchfahrtsstrafe erhielt, habe Vandoorne sich mit ihm nach dem Rennen ausdiskutiert. "Ich habe mit Oliver gesprochen und er übernimmt die volle Verantwortung für den Zwischenfall", erklärte der Mercedes-Fahrer.

Vandoorne konnte das Rennen zwar noch beenden, ging punktemäßig aber leer aus. Besonders bitter für den ehemaligen Formel-1-Piloten: In der Meisterschaft schaut es trotz einer vorteilhaften Qualifying-Startgruppe für ihn damit düster aus. Mit 32 Punkten Rückstand zur Spitze benötigt er in Berlin mindestens zwei Podestplätze und muss gleichzeitig darauf hoffen, dass von den Top-Piloten keiner satte Punkte holt.

"Ich bin natürlich unheimlich enttäuscht", sagte der Polesetter, "das war heute ein Nachmittag für mich. Ich bin von der Pole Position gestartet, habe das Rennen lange angeführt und hatte alles unter Kontrolle. Jetzt ohne Punkte dazustehen ist sehr frustrierend".

36 Punkte für De Vries: Trotzdem unzufrieden

Nyck De Vries kann sich über mangelnde Titelchancen nicht beklagen. Der Niederländer liegt mit 95 Punkten sechs Zähler vor Robin Frijns auf Titelkurs. Zufrieden ist De Vries dennoch nicht. Denn: Seiner Ansicht nach hätte er das Sonntags-Rennen auch locker gewinnen können.

"Es ist komisch, an manchen Tagen ist man mit Platz 7 glücklich, heute bin ich mit P2 unzufrieden. Ich denke wir haben heute nicht gut genug abgeliefert", ärgerte sich De Vries. Als Hauptgrund für den verpassten Rennerfolg sieht er das schlechte Timing des Attack Modes: "Wir haben die Attack Modes ziemlich früh genutzt. Außerdem hatten wir den Attack Mode gerade aktiviert, als das Safety Car auf die Strecke kam". Dadurch verstrich die Zeit, in der De Vries seine Zusatz-Energie hätte nutzen können, um sich einen Vorteil herauszufahren.

"Dann mischte noch Lucas di Grassi vorne mit, der eigentlich da gar nicht hätte sein dürfen", beschwerte sich der zweifache Saisonsieger über den ehemaligen Champion, dessen Audi-Team versuchte eine Regellücke auzunutzen und ihn damit an die Spitze des e-Prix beförderte. Anstatt, dass sich De Vries einen Vorsprung gegenüber Alex Lynn aufbauen konnte, blieb er auf der Strecke hinter Di Grassi anfällig für den Attack-Mode-Einsatz von Alex Lynn.

Besonders lange wird De Vries dieses Wochenende wohl nicht beschäftigen. Denn Mitte August steht in Berlin - ebenfalls mit einem Doubleheader - das Saisonfinale an. Für De Vries und Mercedes die große Chance, um sich den ersten Formel-E-Weltmeistertitel zu sichern.