An diesem Wochenende startet die Formel 1 zum 78. Mal in ihrer Geschichte in Monaco. Vor zwei Wochen trug die Formel E an gleicher Stelle ihr viertes Gastspiel nach 2015, 2017 und 2019 im Fürstentum aus. 'An gleicher' Stelle sogar wortwörtlich, denn erstmals fuhr die Elektro-Rennserie auf der traditionellen Grand-Prix-Variante.

Die Abkehr von der ungeliebten Kurzanbindung mit einer Streckenlänge von nur 1,765 Kilometern hin zum Formel-1-Layout hat sich ausgezahlt. Experten rätseln, ob der Monaco ePrix 2021 vielleicht sogar das beste Rennen in der siebenjährigen Geschichte der Formel E war.

Darüber lässt sich freilich streiten, doch die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. In Monaco, wo Überholmanöver in jeglichen Rennserien üblicherweise absoluten Seltenheitswert genießen, brannte die Formel E ein wahres Straßen-Feuerwerk ab.

Formel E in Monaco: Fast 150 Positionswechsel

Im Verlauf der 26 Runden bei einer Renndauer von 45 Minuten sorgten die 24 Fahrer der Formel E für fast 150 Positionswechsel! Allein innerhalb der Top-6 gab es 28 Positionsänderungen sowie nicht weniger als sechs Führungswechsel zwischen drei Fahrern. Das hatte es in der Formel 1 zuletzt 2004 beim legendären Sieg von Jarno Trulli an gleicher Stelle gegeben, als sich der Renault-Pilot mit Michael Schumacher und Fernando Alonso mehrfach an der Spitze abwechselte.

Auch bei den Protagonisten rund um Rennsieger Antonio Felix da Costa kam die Grand-Prix-Hatz bestens an. Der amtierende Champion sicherte sich seinen ersten Saisonsieg nach einem Überholmanöver in der Hafenschikane gegen Jaguar-Pilot Mitch Evans während der letzten Runde.

"Das riskanteste Überholmanöver meiner Formel-E-Karriere", jubelte Felix da Costa im Anschluss. "Ich hätte nicht gedacht, dass es klappt. Aber ich liebe es, gegen diese Jungs zu fahren. Hart und doch fair. Wie viele Führungswechsel gab es? Das hat man in keiner anderen Rennserie!"

Techeetah-Teamkollege und Doppel-Champion Jean-Eric Vergne, der BMW-Pilot Max Günther auf dem Weg zu Platz vier mitten im Tunnel überholt hatte, stimmte bei The Race mit ein: "In Sachen Unterhaltung war es dieses Jahr das mit Abstand beste Rennen. Das zeigt, dass wir nie auf Strecken wie Valencia fahren sollten, das passt nicht nur DNA der Formel E. Das führt zu nichts Gutem, wir sollten bei Stadtrennen bleiben."

Formel E: Fucking Idiot! Beste Funksprüche aus Monaco (06:21 Min.)

Gespräche über jährliches Monaco-Rennen

Mit der Monaco-Vorstellung hat die Formel E nach der Energie-Farce von Valencia dringend benötigte, positive Schlagzeilen geschrieben. Und vielleicht eine neue Türe geöffnet? Laut einem Bericht von The Race soll es schon vor dem spektakulären Rennen Gespräche über einen jährlichen Besuch der Formel E in Monaco gegeben haben.

Seit 2015 hatte sich die Elektro-Rennserie im jährlichen Turnus mit dem Historischen Grand Prix abgewechselt. Dass es auch anders gehen kann, beweisen die aktuellen Monaco-Wochen. In Folge der kompletten Absage aller Rennen im Zuge der Corona-Pandemie 2020, fährt das Fürstentum diesmal groß auf und begrüßte den Histo-GP, die Formel E und nun die Formel 1 innerhalb nur eines Monats. "Fühlt sich an wie in der Hauptstadt des Motorsports", schrieb kürzlich die frühere DTM-Pilotin und Wahl-Monegassin Ellen Lohr auf ihrer Instagram-Seite.

Mächtige Unterstützer für Formel E

An Fürsprechern eines jährlichen Monaco-Besuchs der Formel E sollte es in der Theorie nicht scheitern. Staatsoberhaupt Fürst Albert von Monaco war bei jedem der bisherigen vier ePrix persönlich vor Ort und gilt als Anhänger der Formel E. Mit einer eigenen Stiftung engagiert sich der Fürst seit geraumer Zeit in den Bereichen Umweltschutz und Klimawandel.

Und ausgerechnet FIA-Präsident Jean Todt zeigte sich zuletzt sogar offen für gemeinsame Rennwochenenden von Formel E und Formel 1. In der Vergangenheit pochte der Franzose mehrfach darauf, zwischen den beiden höchst unterschiedlich konzeptionierten Formel-Rennserien keine zu direkten Vergleiche anzustellen.

Am Rande des Rom ePrix überraschte Todt mit einer Aussage in der italienischen Sportzeitung Gazzetta dello Sport: "Ich bin nicht gegen die Idee, ein Rennwochenende mit beiden Rennserien auf dem gleichen Stadtkurs zu veranstalten. So etwas könnte funktionieren, aber die Formel E muss ihr eigenes, futuristisches Gesicht wahren." Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff brachte in diesem Zuge Rennstrecken wie Monaco oder Singapur ins Spiel.

Sonst keine Chance auf Motorsport-Vergleich

Die FIA-Schranke der absoluten Vermeidbarkeit von Vergleichen zwischen Formel E und F1 scheint inzwischen gefallen zu sein. Jaguar-Pilot Mitch Evans: "Wir haben sonst nicht die Chance, uns mit anderen Serien, wie zum Beispiel der Formel 1, zu vergleichen. Schließlich fahren wir immer auf speziellen Formel-E-Strecken. Die Rundenzeiten brauchen wir natürlich nicht vergleichen - die sind deutlich langsamer als die Formel 1. Aber: Dafür bekommst du hier großartigen Rennsport. Die Formel E hat bewiesen, dass das lange Layout die richtige Entscheidung war."

Vor allem der einflussreiche Automobilclub von Monaco muss letztendlich abwägen, ob die Umsetzung einer weiteren jährlichen Veranstaltung im mondänen Fürstentum umsetzbar wäre. Wie sensibel dieses Thema gehandhabt wird, zeigt allein der in der Formel 1 einzigartige, fahrfreie Freitag, damit die Einwohner nicht durch abgesperrte Straßen eingeschränkt werden.