Die Formel E hat in ihrer knapp neunjährigen Geschichte schon einige dramatische Rennen und schwere Unfälle erlebt. Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf die denkwürdigsten Crashes der Elektro-Rennserie seit ihrem Debüt im September 2014.

Rom 2023: Bird löst Massen-Karambolage aus

Sam Bird sorgte mit einem Dreher beim Samstagsrennen der Formel E in Rom für den vielleicht schwersten Unfall in der Geschichte der Formel E, bei dem glücklicherweise kein Fahrer verletzt wurde. In der blinden Highspeed-Kurve 6 (ca. 210 km/h) blieb der Jaguar-Pilot nach einem Dreher mitten auf der Fahrbahn stehen und musste mitansehen, wie ihn zunächst Sebastien Buemi böse am Heck traf und wenig später Edoardo Mortara in seine Seite rammte. Sechs Autos wurden beim Rom-Unfall zerstört, bei vier musste über Nacht das Chassis getauscht werden.

Der zerstörte Jaguar von Sam Bird in Rom, Foto: LAT Images
Der zerstörte Jaguar von Sam Bird in Rom, Foto: LAT Images

Seoul 2022: Acht Autos crashen bei Saisonfinale

Überschattet wurde das Samstagsrennen beim Saisonfinale 2022 in Seoul (Südkorea) von einer Massen-Kollision bereits in der zweiten Runde. In Kurve 21 flog zunächst Sam-Bird-Ersatzmann Norman Nato mit seinem Jaguar ab und krachte in die Streckenbegrenzung. Sekunden später folgte ihm ein Pulk bestehend aus sieben Fahrern! Dan Ticktum, Sebastien Buemi, Nyck de Vries, Nick Cassidy, Oliver Turvey, Andre Lotterer und Oliver Askew sorgten für reichlich Schrott in der Ecke. Die Rennleitung entschied sich für einen zwischenzeitlichen Abbruch mit roten Flaggen. Erst nach 43 Minuten Pause wurde das Rennen fortgesetzt.

Hinten im Bild zu sehen: Der Massen-Crash in Seoul 2022, Foto: LAT Images
Hinten im Bild zu sehen: Der Massen-Crash in Seoul 2022, Foto: LAT Images

New York 2022: Massen-Crash im Regen

Ein plötzlicher Regenschauer sorgte für chaotische Zustände beim Samstagsrennen der Formel E in New York 2022. Aquaplaning auf dem temporären Kurs im Hafengebiet von Brooklyn löste mehrere schwere Unfälle aus, die die involvierten Fahrer ohne Verletzungen überstanden. Die Fahrer mit ihren Allwetter-bereiften Autos waren machtlos angesichts der Bedingungen.

Vor allem in Kurve 6, wo zunächst der Führende Nick Cassidy abflog und in die Streckenbegrenzung krachte. Der Neuseeländer, der beim Rennabbruch als Sieger gewertet wurde, hatte Glück, als direkt hinter ihm auch der spätere Weltmeister Stoffel Vandoorne und Lucas di Grassi nur noch Passagiere waren und mit hoher Geschwindigkeit in den Envision-Boliden rauschten. Im hinteren Teil des Feldes krachten unterdessen Pascal Wehrlein mehrere Autos ins Heck.

Massen-Crash beim letzten Rennen der Formel E in New York 2022, Foto: LAT Images
Massen-Crash beim letzten Rennen der Formel E in New York 2022, Foto: LAT Images

Diriyah ePrix 2021: Heftiger Überschlag von Lynn

Alex Lynn sorgte beim Auftakt der Saison 2021 in Saudi-Arabien für den wohl schwersten Unfall der bisherigen Formel-E-Geschichte. Der Mahindra-Pilot stieg über das Heck von Mitch Evans Jaguar auf, überschlug sich und rutsche kopfüber über die Strecke. Dabei wurde sein Bolide wohl vollständig zerstört. Mahindra-Teamchef Dilbagh Gill sagte: "Das Monocoque wurde zertrümmert. Der Überrollbügel wurde beschädigt, das Halo ist eingedellt und hat tiefe Kratzer." Lynn wurde zu Untersuchungen in ein Krankenhaus gebracht, das er nach wenigen Stunden verlassen konnte.

Alex Lynn überschlägt sich beim Unfall in Saudi-Arabien 2021, Foto: LAT Images
Alex Lynn überschlägt sich beim Unfall in Saudi-Arabien 2021, Foto: LAT Images

Diriyah ePrix 2021: Vordere Bremsen versagen bei Mortara

Beim Auftakt zur siebten Saison der Elektro-Rennserie gab es zuvor bereits einen schweren Unfall. Nach dem 3. Freien Training schlug Edoardo Mortara mit 140 km/h in die TecPro-Barrieren ein. Der Venturi-Pilot absolvierte einen Probestart, als auf dem Weg zur ersten Kurve die vorderen Bremsen versagten. Ein Sicherheitsmechanismus, der in diesem Fall die hinteren Bremsen aktivieren soll, griff nicht. Als Unfallursache wurde ein Softwareproblem ausgemacht. Beim Einschlag verzögerte der Venturi-Bolide mit 50G. Mortara erhielt nach Untersuchungen die Startfreigabe für das Rennen, konnte aber nicht an ihm teilnehmen, da das Auto nicht rechtzeitig repariert wurde.

Mexiko-Stadt ePrix 2020: Von der Rennstrecke ins Krankenhaus und zurück

Ziemlich genau ein Jahr zuvor hatte bereits Daniel Abt einen Unfall dieser Art. Auch bei ihm führte ein Softwareproblem dazu, dass das Auto nicht wie gewohnt bremste. Er schlug mit rund 180 km/h in die Streckenbegrenzung ein. Sein Audi verzögerte mit 20G. Der Kemptener hatte danach einen wahren Marathon zu bewältigen. Er wurde mit dem Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht. Nach den Untersuchungen wurde er für renntauglich befunden. Tatsächlich schaffte er es rechtzeitig zum Start des ePrix zurück an die Rennstrecke in Mexiko-Stadt. Er nahm von der letzten Startpositionen an Rennen und kam auf Platz 14 ins Ziel.

Daniel Abt beim Mexiko-Rennen 2020 in der Streckenbegrenzung, Foto: Screenshot Youtube/ABB Formula E
Daniel Abt beim Mexiko-Rennen 2020 in der Streckenbegrenzung, Foto: Screenshot Youtube/ABB Formula E

Mexiko-Stadt ePrix 2019: Piquet fliegt über Vergne

Der Mexiko ePrix 2019 wurde nach einer heftigen Kollision zwischen Jean-Eric Vergne und Nelson Piquet für geschlagene 26 Minuten unterbrochen. Doch was war passiert? Piquet wollte vor der letzten Schikane an Vergne vorbeiziehen, der Franzose verzögerte aber früher als es Piquet erwartet hatte. So flog der Brasilianer im Jaguar spektakulär über den Techeetah von Vergne und räumte auch noch den BMW von Alexander Sims ab, bevor er schließlich in die Mauer krachte. Vergne sah die Schuld bei Piquet, der seiner Meinung nach zu spät gebremst hatte. Sein Unfallgegner schob dagegen Vergne die Schuld in die Schuhe. Die Rennleitung bestrafte keinen von beiden.

Formel E: Flugeinlage in Mexiko - Piquet crasht spektakulär (04:26 Min.)

Paris ePrix 2018: Auf drei Rädern ins Ziel

Beim Paris ePrix 2018 hätte Techeetah fast einen weiteren Doppelsieg eingefahren. Während Vergne das Rennen souverän anführte, musste Lotterer im Kampf um Platz zwei mit seiner Energie haushalten. Wenige Kurven vor dem Ende ging dem Deutschen der Saft aus und er rollte in Richtung Ziellinie. Audi-Fahrer Lucas di Grassi gelang es noch, auszuweichen. Doch Sam Bird fuhr dem Techeetah-Auto ins Heck und sorgte für ein spektakuläres Bild, als er sich mit nur drei Rädern auf dem dritten Rang über die Ziellinie schleppte.

Formel E: Bird nach Unfall auf drei Rädern ins Ziel (01:39 Min.)

Santiago ePrix 2018: Teaminternes Techeetah-Gerangel

Beim Santiago ePrix 2018 startete der Techeetah-Pilot und spätere Champion Jean-Eric Vergne von der Pole Position, während sein Teamkollege André Lotterer von Platz vier ins Rennen ging. Zur Rennhalbzeit hatte sich Lotterer auf den zweiten Platz nach vorne gearbeitet und griff nach dem Sieg - und das äußerst beherzt. Vier Runden vor Schluss rauschte Lotterer plötzlich seinem Vordermann Vergne am Ende der langen Geraden ins Heck! Beide Autos verkeilten kurzzeitig ineinander. Nur mit etwas Glück blieben sie auf der Strecke und Techeetah erzielte überraschend den ersten Doppelsieg eines Teams in der Formel E.

Formel E: Techeetah-Crash in Santiago (02:35 Min.)

Hongkong ePrix 2017: Vergne rückwärts zur Pole Position

Die Super-Pole zum Saisonauftakt 2017/18 in Hongkong war eine der engsten Entscheidungen in einem Formel-E-Qualifying. Sam Bird und Nick Heidfeld waren nur durch zwei Tausendstelsekunden getrennt. Als Jean-Eric Vergne auf seine schnelle Runde ging, wurde es noch enger und komplett verrückt! Der Franzose touchierte in der letzten Kurve die Mauer und drehte sich bei hohem Tempo. Die Ziellinie überquerte er dadurch rückwärts - trotzdem reichte es für ihn mit wenigen Tausendsteln Vorsprung zur Pole Position.

Formel E: Vergne trotz Dreher auf Pole (01:36 Min.)

Hongkong ePrix 2017: Birds Boxengassen-Drama

Auch beim Rennen in Hongkong ereignete sich ein spektakulärer Unfall. Dabei spielte die Boxengasse eine entscheidende Rolle. Sam Bird kam in Führung liegend zum damals erforderlichen Fahrzeugwechsel, verpasste aber aufgrund des rutschigen Untergrunds die Einfahrt zu seinem Team-Zelt. Dabei traf der Brite beinahe einen Teammitarbeiter, der sich in allerletzter Sekunde mit einem Hechtsprung retten konnte. Bird wurde nachträglich eine Durchfahrtsstrafe aufgebrummt. Nicht aber wegen der gefährlichen Situation, sondern weil er sein Auto vor dem Zelt geparkt hatte und nicht in ihm.

Formel E: Bird heikler Boxengassen-Moment (00:56 Min.)

Montreal 2017 ePrix: Qualifying-Abflug von Buemi

Vor den letzten beiden Rennen der Formel-E-Saison 2016/17 in Montreal kämpfte Sebastien Buemi mit Lucas di Grassi um den Titel. Das Wochenende fing für den Renault-Piloten aus der Schweiz aber denkbar schlecht an. Im Training touchierte Buemi bei hohem Tempo in einer schnellen Schikane die innere Streckenbegrenzung. Dabei brach die Radaufhängung und er knallte ungebremst in die Mauer. Da das Auto nicht rechtzeitig zur Qualifikation repariert werden konnte, musste Buemi den Montreal ePrix von ganz hinten in Angriff nehmen. Der Titel ging am Ende an seinen Konkurrenten di Grassi.

Formel E: Quali-Crash von Buemi (01:24 Min.)

Mexiko-Stadt ePrix 2017: Mahindra-Crash in Mexiko

Wenige Runden dem Ende des Rennens lag Nick Heidfeld beim Mexiko ePrix 2017 auf dem fünften Rang, als ihn Renault-Pilot Nico Prost in der Stadion-Sektion umdrehte. In den stehenden Mahindra-Boliden krachte zuerst Mitch Evans und dann Heidfelds Teamkollege Felix Rosenqvist. Während Evans das Rennen in den Punkten beenden konnte, blieben die beiden verunfallten Mahindra-Fahrer punktlos. In der Renault-Pressemitteilung nach dem Rennen hieß es, dass Prost der Kollision knapp entgehen konnte. Nick Heidfeld bezeichnete dies als "alternative Wahrheit"...

Formel E: Mahindra-Crash in Mexiko (01:44 Min.)

London ePrix 2016: Titelentscheidung nach Startcrash

In der Saison 2015/16 kämpften Lucas di Grassi und Sebastien Buemi um den Formel-E-Titel. Beim Finale in London startete Buemi vor seinem Teamkollegen Prost von der ersten Position in den ePrix. Auf Rang drei lauerte Titelrivale di Grassi. Beim Anbremsen zur ersten Kurve rauschte der Audi-Pilot Vordermann Buemi ins Heck. Hatte di Grassi zu spät gebremst oder der Schweizer zu früh? Die Piloten waren und sind sich uneins über die Schuldfrage. Beide wechselten nach dem Crash ins zweite Fahrzeug, schließlich hatten sie es darauf abgesehen, die schnellste Rennrunde zu fahren und damit zwei Zusatzpunkte zu erhalten. Diese führten die Entscheidung im Titelrennen herbei. Buemi fuhr in einem späten Kraftakt die schnellste Runde und gewann damit die Meisterschaft.

Formel-E-Final-Drama in London: di Grassi und Buemi crashen (00:43 Min.)

Monaco ePrix 2015: Massencrash in Monaco

2015 gab die Formel E ihre Premiere in Monaco. Dort nutzt die Elektrorennserie bis heute eine verkürzte Variante des Formel-1-Kurses. Die Streckenführung sieht vor, nach St. Devote nicht über den Hügel in Richtung des Casinos zu fahren, sondern bergab Richtung Hafenschikane. Beim Rennstart sorgte diese Stelle für einen spektakulären Crash. Nico Prost kollidierte mit Daniel Abt, Bruno Senna stieg über den Audi des Kempteners auf und überschlug sich beinahe. Dahinter krachte noch ein halbes Dutzend Fahrer in die Unfallstelle. Glücklicherweise kam bei der Massenkarambolage niemand zu Schaden.

Formel E: Mega-Crash in Monaco 2015 (02:00 Min.)

Peking ePrix 2014: Heidfeld-Überschlag in Peking

Den ersten Schreckmoment gab es bereits beim Debüt der Formel E. Nico Prost führte 2014 den Peking ePrix an und hatte mit Nick Heidfeld einen ambitioniert fahrenden Verfolger hinter sich. Vor der letzten Kurve wagte Heidfeld den Angriff und zog neben Prost. Der realisierte die Situation zu spät und fuhr dem Venturi-Piloten in die Seite. Heidfeld verlor die Kontrolle und wurde am Randstein ausgehebelt, so dass er in großer Höhe in den Fangzaun einschlug. Später sagte der frühere Formel-1-Fahrer über den Abflug: "Etwas Besseres als so ein spektakulärer Unfall hätte der Formel E im ersten Rennen nicht passieren können."

Formel E: Horror-Crash von Nick Heidfeld in Peking (03:28 Min.)