Das Starterfeld der Formel E ist auch in der WM-Saison 2021 gespickt mit Talent. Hier treffen zahlreiche Champions aus unterschiedlichen Kategorien bei ihren jeweiligen Teams aufeinander. Motorsport-Magazin.com analysiert, wer im teaminternen Duell die Nase vorne haben könnte vor dem anstehenden Auftakt in Saudi-Arabien (Fr, 18:00 Uhr live bei Pro Sieben MAXX, Sa, 18:00 Uhr live in Sat.1).

DS Techeetah: Antonio Felix da Costa & Jean-Eric Vergne

Eines der heißesten Duelle der Saison: der amtierende Meister Antonio Felix da Costa gegen den zweifachen Champion Jean-Eric Vergne. Der Franzose galt immer als Speerspitze bei DS Techeetah und besitzt sogar Anteile am Team - dann kam Felix da Costa und schnappte ihm den dritten Titel in Folge vor der Nase weg. Der frühere BMW-Werksfahrer fuhr 2020 eine Bomben-Saison, während Vergne vor allem zu Beginn arg strauchelte.

Die interne Teampleite will Vergne keinesfalls auf sich sitzen lassen. Teamkollege Felix da Costa hat die Öffentlichkeit und auch sich selbst bereits vorgewarnt, wie hungrig Vergne in dieser Saison an den Start geht. Zwei Meister im Team mit riesengroßer Erfahrung sorgen für ordentlich Anspannung, weiß auch der erfahrene Teamchef Mark Preston. Keine andere Fahrer-Paarung in der Formel E birgt derart großes Sieg- wie -Konfliktpotenzial.

Foto: LAT Images
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Nissan e.dams: Sebastien Buemi & Oliver Rowland

Altmeister Sebastian Buemi setzte sich in den vergangenen beiden Saisons gegen Teamkollege Oliver Rowland durch - der Abstand wird aber immer geringer. Rowland eroberte 2020 seinen Debütsieg in der Formel E. Kein Vergleich zu Buemis 13 Erfolgen seit dem Serienbeginn 2014, doch zuletzt fuhren die beiden Nissan-Piloten vor allem in den Qualifyings mehr oder weniger auf Augenhöhe.

Rowland kommt trotz geringerer Erfahrung gut mit dem Nissan-Antriebsstrang zurecht, den die Japaner auch zu Beginn der neuen Saison einsetzen. Das Update kommt wie bei DS Techeetah erst zum zweiten Rennwochenende in Rom. Das Teamkollegen-Duell ist bei Nissan e.dams eine knappe Kiste, bei der Buemi aufgrund seiner riesigen Erfahrung einen natürlichen Vorteil genießt. Ein Nachteil für den Schweizer könnte das Doppelprogramm in der WEC mit Toyota und dem neuen Hypercar sein, dessen Entwicklung viel Zeit in Anspruch genommen hat.

Mercedes-EQ Formel E Team: Stoffel Vandoorne & Nyck de Vries

Das sollte eigentlich wieder eine klare Angelegenheit sein: Stoffel Vandoorne zählt nach nur zwei Saisons zu den Top-Favoriten auf den Titel und startet als Vize-Meister in die Saison. Dem früheren Formel-1-Fahrer ist die Anpassung an das ungewöhnliche Formel-E-Auto auf Anhieb gelungen, während Nyck de Vries in seiner Rookie-Saison mehrfach strauchelte.

Der frühere Formel-2-Champion konnte sich beim letztjährigen Saisonfinale in Berlin immerhin kontinuierlich steigern und fuhr im letzten Rennen hinter Vandoorne als Zweiter über die Ziellinie. De Vries ist bei der reinen Qualifying-Pace sogar auf Augenhöhe mit Vandoorne, nur in den Rennen fehlte ihm bisher die Übersicht beim Energie-Management. In seiner zweiten Formel-E-Saison sollte er Fanboost-Dauersieger Vandoorne mehr unter Druck setzen können.

Envision Virgin Racing: Robin Frijns & Nick Cassidy

Wenn Virgin mit dem neuen Audi-Kundenmotor zurechtkommt, muss man Robin Frijns ganz klar auf dem Zettel haben. Der Niederländer gilt als hochtalentiert, bekam aber häufiger Schwierigkeiten, weil er zwischen Formel E und DTM wechseln musste. Nach seinem Aus bei Audi kann er sich mehr auf die Elektro-Rennserie konzentrieren und die Quote von zwei Siegen und sieben Podestplätzen in 45 Rennen ausbauen.

Mit Nick Cassidy erhält Frijns nach dem Abgang von Sam Bird einen Rookie an seiner Seite. Der Neuseeländer ist in Japan längst ein Superstar und mit ähnlich viel Talent gesegnet. Es dürfte aber eine ganze Weile dauern, bis er sich an das Fahren mit Straßenreifen und wenig Downforce gewöhnt hat. In den Qualifyings sind Cassidy Highlights zuzutrauen, im Renn-Trim dürfte er zunächst nicht an den erfahreneren Frijns heranreichen.

BMW i Andretti: Maximilian Günther & Jake Dennis

Maximilian Günther übernimmt mit seinen erst 23 Jahren die Führungsrolle bei BMW. Bei seinem Debüt mit dem Autobauer aus München in seiner zweiten Formel-E-Saison hat Günther eingeschlagen wie eine Bombe: Zwei Siege, drei Podestplätze und drei Starts aus der ersten Reihe sammelte der Allgäuer. Wäre BMW beim Berlin-Finale 2020 nicht kollektiv gnadenlos untergegangen, wäre Günther ein besserer Gesamtrang als P9 gewiss gewesen.

Mit Jake Dennis erhält Günther nach dem Abgang von Alex Sims einen neuen Teamkollegen. Der Brite fuhr 2020 nur wenige Rennen und noch kein einziges in der Formel E. BMW hielt den Ex-DTM-Piloten für talentiert genug, um nicht auf einen Fahrer aus dem eigenen Kader zurückzugreifen. Dennis ist ein gefragter Mann bei der Simulator-Arbeit. Davon kann er in der Formel E profitieren, die mangelnde Erfahrung macht es ihm allerdings schwer im Team-Duell mit Günther.

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Audi Sport ABT Schaeffler: Rene Rast & Lucas di Grassi

Der dreifache DTM-Champion Rene Rast hält die Erwartungshaltung in seiner ersten vollen Formel-E-Saison bewusst unten. An den Formel-Boliden muss sich der 34-Jährige genau wie an seine neue Abt-Crew (ehemaliger DTM-Ingenieur von Nico Müller) gewöhnen. Dass Rast in so ziemlich allem schnell ist, was vier Räder hat, bewies er 2020 in Berlin mit einer kontinuierlichen Steigerung samt dritten und vierten Plätzen.

In der Theorie sollte Teamkollege Lucas di Grassi die Oberhand im Team-Duell behalten. Der Formel-E-Champion von 2017 gilt als einer der besten Fahrer im Feld und liegt mit zehn Siegen und 32 Podestplätzen aus 69 Rennen in allen Statistiken ganz weit vorne. Di Grassis - und Audis - Schwäche war traditionell die Pace im Qualifying. Hier könnte Rast sogar die Nase vorne haben, während in den Rennen di Grassis Erfahrung zum Tragen kommt.

Jaguar Racing: Sam Bird & Mitch Evans

Sam Bird war mit seinem Wechsel von Virgin zu Jaguar der Star-Transfer während der Saisonpause. Mit ihm und Mitch Evans verfügt Jaguar nun über sein stärkstes Fahreraufgebot seit dem Formel-E-Einstieg 2016. Bird ist der einzige Fahrer, der in jeder Saison seit dem Seriendebüt mindestens einen Sieg einfuhr. Jährlich zählte er zu den Titelanwärtern, bis ihm das Virgin-Paket einen Strich durch die Rechnung machte.

Gelingt Jaguar ein ähnlicher Start wie in die Saison 2019/20, muss sich die Konkurrenz warm anziehen. Mitch Evans lag nach den ersten Rennen auf gutem Titelkurs, bis Jaguar beim 6-Rennen-Finale in Berlin komplett versagte. Der Neuseeländer hat sich zu einem der Top-Fahrer in der Formel E gemausert und in 48 Rennen für Jaguar zwei Siege sowie sechs Podiumsplätze erzielt. Da er mit den Abläufen beim Werksteam besser vertraut ist als Bird, sollte das Teamduell dieses Jahr an ihn gehen.

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Porsche Formel E Team: Andre Lotterer & Pascal Wehrlein

Das einzige rein deutsche Fahrer-Duo in der Formel E. Pascal Wehrlein kommt von Mahindra und ersetzt den höchst glücklosen Schweizer Neel Jani. Andre Lotterer steht hingegen vor seiner zweiten Saison bei Porsche und der vierten in der Formel E. Bei den Zuffenhausenern hat der 39-Jährige wieder Blut geleckt und mit zwei Podestplätzen sowie einer Pole Position das Soll in der Debütsaison des Werksteams erfüllt.

Jetzt soll endlich der erste Sieg her für Lotterer - genau den gleichen Plan verfolgt allerdings auch der ehrgeizige Wehrlein. Mit Mahindra überzeugte der frühere Formel-1-Fahrer mehrfach, wenn das Auto es zuließ. Die Dynamik innerhalb des Teams wird spannend sein zu beobachten, wenn Porsche tatsächlich so stark sein sollte wie die Konkurrenz vermutet. Das interne Team-Duell verspricht eine ebenso spannende wie siegfähige Angelegenheit. Eine Prognose lässt sich kaum treffen.

Mahindra: Alex Sims & Alex Lynn

Eines von zwei Briten-Teamduellen in der Formel E. Mahindra setzt auf zwei Neuzugänge, wobei Alex Lynn schon als Wehrlein-Ersatz in Berlin 2020 zum Einsatz kam. Man mag es kaum glauben: Der GP3-Meister von 2014 hat drei Formel-E-Rennen mehr auf dem Buckel als Alex Sims mit seinen 24 ePrix für BMW. Lynn war in den letzten Jahren der Feuerwehrmann der Formel E und sprang schon für Virgin und Jaguar ins Cockpit.

Weder er noch Sims konnten bei ihren ehemaligen Teams mit Heldentaten glänzen. In 24 Rennen für die Münchner ließ Sims sein Potenzial bei einem Sieg, zwei Podestplätzen und drei Pole Positions aufblitzen. Der Wechsel zu Mahindra gab ihm attraktivere Chancen, parallel auf der Langstrecke (Corvette) zu fahren. Sims ist besser mit dem aktuellen Gen2-Auto vertraut und sollte dadurch einen gewissen Vorteil gegenüber Rückkehrer Lynn genießen.

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Venturi: Edoardo Mortara & Norman Nato

Edo Mortara zählte zu DTM-Zeiten im Audi und Mercedes zu den Top-Piloten, ging in der Formel E seit seinem Debüt 2017 jedoch etwas unter - nicht zuletzt wegen des anfälligen Venturi-Pakets, das schon Ex-Teamkollege Felipe Massa zeitweise auf die Palme brachte. Gelingt es Venturi um Teamchefin Susie Wolff, mit dem Mercedes-Kundenmotor ähnlich gut klarzukommen wie dem Werksteam, kann Mortara (1 Sieg, 3 Podestplätze in 33 Rennen) glänzen.

Im teaminternen Duell muss er Neuzugang Norman Nato ganz klar im Griff haben. Der Franzose arbeitet seit längerer Zeit im Venturi-Simulator und kann dadurch seine mangelnde Renn-Erfahrung zumindest ein wenig wettmachen. Der 28-jährige Nato galt nicht als erste Fahrerwahl, auch, wenn das bei Venturi nie jemand bestätigen wird. Gegen Mortara sollte er aller Voraussicht nach ziemlich chancenlos sein.

Dragon/Penske Autosport: Nico Müller & Sergio Sette Camara

Mit Blick auf den Penske-Antriebsstrang dürfte Nico Müller seinem Audi-Vierzylinder mehrfach hinterher getrauert haben. Der zweifache DTM-Vizemeister bekam beim Formel-E-Debüt 2019/20 zu spüren, warum US-Team Dragon seit Jahren hinterherfährt. In dem mit Zufälligkeiten gespickten Auto konnte selbst der Schweizer kaum etwas ausrichten. Passend, dass Müller beim einzigen Griff nach den Punkten in Mexiko 2020 unsanft in die Mauer geschickt wurde.

Die Hoffnungen ruhen bei Müller und seinem neuen Teamkollegen Sergio Sette Camara auf Zulieferer Bosch, das beim neuen Antriebs-Paket ab dem Rom ePrix mehrere Komponenten hinzusteuern wird. Hält das Auto eine volle Renndistanz durch, sollte Müller konstant vor dem jungen Brasilianer ins Ziel kommen. Sette Camara schlug sich bei den sechs Rennen in Berlin 2020 zwar durchaus achtbar, dürfte für Müller aber keine größere Hürde sein.

NIO 333: Oliver Turvey & Tom Blomqvist

Oliver Turvey sollte allein dafür ein Orden verliehen werden, dass er 58 Rennen in der Formel E für NIO gefahren ist. Der Brite hält dem kleinen Team auch nach mehrfachen internen Umstrukturierungen die Treue und ist in der Lage, für kleine Wunder zu sorgen. 2017 holte er in Mexiko sensationell die Pole Position, 2018 an gleicher Stelle gar einen Podestplatz.

Mit Tom Blomqvist erhält Turvey zwar erstmals einen echten Herausforderer für eine volle Saison, sollte den Sohn von Rallye-Legende Stig aber in Schach halten. Kaum jemand kennt die Formel E und ein Team so gut wie Turvey, während Blomqvist sich zumindest Hoffnungen machen kann, eine volle Saison durchzufahren. Der 27-Jährige war schon 2017 für BMW-Andretti eingeplant, musste seinen Sitz aber immer wieder räumen und durfte erst 2020 in Berlin bei zwei Rennen für Jaguar wieder ran.

Formel E - Fahrer & Teams: Das Starterfeld 2021

TeamFahrerFahrer
TecheetahAntonio Felix da CostaJean-Eric Vergne
NissanSebastien BuemiOliver Rowland
MercedesStoffel VandoorneNyck de Vries
VirginRobin FrijnsNick Cassidy
BMWMaximilian GüntherJake Dennis
AudiLucas di GrassiRene Rast
JaguarSam BirdMitch Evans
PorscheAndre LottererPascal Wehrlein
MahindraAlex SimsAlex Lynn
VenturiEdoardo MortaraNorman Nato
DragonSergio Sette CamaraNico Müller
NioOliver TurveyTom Blomqvist

Formel-E-Teams: Statistik seit 2014

TeamRennen gesamtSiegePodestplätze
DS Techeetah 481231
Nissan e.dams 6926
Mercedes-Benz EQ Formel E Team 2415
Envision Virgin Racing 691129
BMW i Andretti Motorsport 69414
Audi Sport ABT Schaeffler 691243
Jaguar Racing 4826
TAG Heuer Porsche 1102
Mahindra Racing 69418
ROKit Venturi Racing 6916
Dragon/Penske Autosport 6929
NIO 3336926