Audi und BMW steigen aus der Formel E aus, Volkswagen stellt seine langjährigen Motorsport-Aktivitäten komplett ein - es war eine wahnsinnige Woche aus Sicht des deutschen Motorsports. So Mancher schüttelt nur noch den Kopf angesichts einiger fragwürdiger Entscheidungen in den Vorstandsetagen, die lieber auf Zahlen als auf Rundenzeiten schauen.

Dazu zählt auch Hans-Jürgen Abt, der durch Audis werksseitige Rückzüge sowohl in der DTM als auch in der Formel E mit seinem eigenen Team betroffen ist. "Um ehrlich zu sein: ich verstehe nicht mehr, was manche Hersteller da machen", sagte der Geschäftsführer von ABT Sportsline der Bild-Zeitung.

In beiden Rennserien bereitete Abt einst den Weg für den späteren Einstieg von Audi mit Werks-Power. Von 2000 bis 2003 starteten die Kemptener mit einem Privatteam und angepassten Audi TT in der DTM, in der Formel E engagierte sich Abt von 2014 bis 2017 auf eigene Faust. Den Pioniergeist belohnte Audi in beiden Fällen mit einer lukrativen Werksübernahme.

Abt: Kritik an Marketingabteilungen

Abt zum Hersteller-Beben im Motorsport: "Der Motorsport war immer die DNA vieler deutscher Automarken. Aber die Marketingstrategen scheinen zu glauben, dass man den sportlichen Wettkampf nicht mehr braucht, um Autos zu verkaufen. Sie glauben offenbar, dass sie die Menschen anders erreichen."

Gleichzeitig kündigte der Vater von Daniel Abt an, dass sich das Unternehmen darüber hinaus weiterhin im Motorsport engagieren wolle. Mit dem Einstieg in die neue Offroad-Elektroserie Extreme E steht schon ein neues Projekt in der Pipeline. Als Fahrer kehrt der zweifache DTM-Champion und Audi-Ikone Mattias Ekström zum Team zurück.

"Wir sind seit 60 Jahren im Motorsport, davon 20 Jahre in der DTM", sagte Abt. "Das ist Verpflichtung und Verantwortung. Vor allem auch für unsere 56 Mitarbeiter, die wir allein im Sport beschäftigen. Und erst recht in diesen Zeiten. Man hört nicht einfach auf, weil der Hersteller sich zurückzieht!"

Formel-E-Pioniere: Hans-Jürgen Abt mit Sohn Daniel, Foto: ABT Schaeffler Audi Sport
Formel-E-Pioniere: Hans-Jürgen Abt mit Sohn Daniel, Foto: ABT Schaeffler Audi Sport

Abt über Audi: Das ist schon verwunderlich

Während BMW seinen Ausstieg aus der Formel E mit einem ausgereizten Technologietransfer für die Serienentwicklung argumentierte und Audi lieber einen alternativ angetriebenen Prototypen für die Rallye Dakar aufbaut, ist Abt weiterhin vom Konzept der ersten reinelektrischen Rennserie der Welt überzeugt.

Der 57-Jährige schickte einen Gruß an die Entscheider in den Vorstandsetagen: "Jetzt, da gerade der neue, eigene Antriebsstrang fertig ist, da Sat.1 die nächsten Jahre überträgt - da steigt Audi wieder aus. Das ist schon verwunderlich. Aber es werden Hersteller nachrücken, internationale Interessenten gibt es genügend. Die Formel E hat Zukunft, weil im zivilen Verkehr E-Mobility die Zukunft ist!"

Abt-Zukunft in Formel E möglich

Der Audi-Ausstieg muss nicht zwingend das Ende für ABT Sportsline in der Formel E bedeuten. Wie Motorsport-Magazin.com aus unterschiedlichen Kreisen erfahren hat, gibt es zumindest Überlegungen, dass die Äbte die Startplatz-Lizenz von Audi zurückkaufen könnten und auch über 2021 hinaus in der Formel E starten. Dafür wäre ein finanzstarker Partner nötig, etwa die Seat-Marke Cupra, die sich gemeinsam mit Abt bereits in der Extreme E engagiert.

Mit einer solchen Konstellation könnte es für Abt in der Formel E weitergehen. Auch für eine Zukunft in der DTM sieht der Chef des renommierten VW-Tuners Chancen: "Auch hier wollen wir weiterfahren, das ist mit GT3-Autos durchaus machbar. Und man hat auch hier schon die Zukunft gesehen, als in Hockenheim die E-Studie mit 1200 PS vorgestellt wurde."

So funktioniert die DTM Electric: Mit 1.200 PS in die Zukunft! (07:18 Min.)