Die Formel E nimmt nach dem Saisonfinale in Berlin im August wieder an Fahrt auf. Zur Vorbereitung auf den Saisonstart 2021 in Santiago de Chile (16./17. Januar) kommen alle zwölf Teams bei den offiziellen Testfahrten in Valencia zusammen. An drei Tagen zwischen Samstag, 28. November und Dienstagnachmittag, 01. Dezember treffen die deutschen Hersteller Audi, BMW, Mercedes und Porsche auf die internationale Konkurrenz.

Seit 2017 trägt die Formel E ihren Vorsaison-Test auf dem Circuit Ricardo Tormo vor den Toren Valencias aus, dieses Jahr mit einer Neuerung: Die berüchtigte Schikane auf der Start/Ziel-Geraden des 3,099 Kilometer langen Kurses fällt komplett weg. In der Vergangenheit ein beliebter Unfall-Brennpunkt, verzichtet die Formel E diesmal auf die künstliche Einbremsung.

Der Hintergrund: In den letzten Jahren kam es immer wieder zu teilweise schweren Crashes in der temporären Schikane, die eigentlich dafür vorgesehen war, die Anforderungen der üblichen Formel-E-Stadtkurse auf der permanenten Rennstrecke zu simulieren. Da die Testfahrten diesmal nur sechs Wochen vor dem Saisonauftakt liegen und die Autos aus Valencia direkt in Richtung Chile verschifft werden, soll unnötiges Unfallrisiko vermieden werden.

Unfall-Hotspot: Die Schikane auf Start/Ziel in Valencia, Foto: LAT Images
Unfall-Hotspot: Die Schikane auf Start/Ziel in Valencia, Foto: LAT Images

Lotterer: Valencia nicht mega-relevant für Formel E

Der in seiner Natur flüssig zu fahrende Circuit Ricardo Tormo passt so noch weniger zu den Stadtrennen mit ihrem kurvigen Stop-and-Go-Charakter. "Die Strecke in Valencia ist zwar auch in der neuen Konstellation, also ohne die zusätzliche Schikane und mit Track-Limits-Sensoren, nicht mega-relevant für die Formel E. Aber wir werden sehen, wo wir im Vergleich zur Konkurrenz stehen", sagt Porsche-Pilot Andre Lotterer.

Immerhin: Vollgas-Passagen werden auch in der Formel E zu einem immer wichtigeren Thema. Schon in der vergangenen Saison wurden zuvor vorhandene Schikanen auf den Strecken von Santiago (Gegengerade) und in Mexiko-City entfernt. Vor allem der Wegfall der Schikane in der berühmten Peraltada-Kurve auf dem Formel-1-Kurs stieß auf positive Reaktionen.

Permanente Strecken als Corona-Alternative?

Auch wenn Valencia einen anderen Streckencharakter aufweist als die temporären Kurse in Rom, Paris, Berlin oder New York, sollten die Teams die gewonnenen Daten gut aufbewahren. Angesichts der anhaltenden Corona-Krise kann nicht ausgeschlossen werden, dass permanente Strecken als Alternative für ausgefallene Stadtrennen herhalten müssen.

Valencia, Donington oder Portimao waren schon in der abgelaufenen Saison in der Verlosung, bevor sich die Formel E für sechs aufeinanderfolgende Rennen in Berlin entschied - wobei weder Fahrer noch Sponsoren auf eine Wiederholung eines solches Triple-Headers hoffen. Zum aktuellen Zeitpunkt stehen in der Saison 2021 nur die beiden Doppel-Rennen in Santiago und Saudi-Arabien fest. Alle weiteren Rennen wollen die Verantwortlichen blockweise bekanntgeben.

"Valencia ist keine ideale Teststrecke und nicht auf meiner Top-10-Liste, wenn ich wählen könnte", sagt Audi-Pilot Lucas di Grassi. "Es ist schwer zu rechtfertigen, warum wir da fahren. Aber wir wissen noch nicht, wo wir nächstes Jahr überall Rennen fahren. Wenn Rennen abgesagt werden müssen, könnten Strecken wie Valencia oder Donington kommen. Deshalb müssen wir uns auch darauf vorbereiten."

Die Valencia-Schikane war immer wieder ein Ärgernis in der Formel E, Foto: LAT Images
Die Valencia-Schikane war immer wieder ein Ärgernis in der Formel E, Foto: LAT Images

Kaum Hinweise auf die Konkurrenzfähigkeit

Rundenzeiten in Valencia dürften - wie häufig bei Testfahrten - eine untergeordnete Rolle spielen. Stattdessen nutzen die Teams die Streckenzeit, um ihre meist neuen Antriebsstränge zu optimieren und an der Software zu arbeiten. "Es geht darum, Dinge auszusortieren", sagt Mahindra-Teamchef Dilbagh Gill. "Wir wollen sicherstellen, dass unser Antrieb so effizient wie möglich arbeitet und schauen deshalb auf uns selbst. Einen Hinweis auf den Wettbewerb bekommt man zumindest über die Kurvengeschwindigkeiten und Fahrlinien."

Nicht zuletzt dient der Test dazu, Neuzugänge ins Team zu integrieren und Abläufe mit dem per Reglement verkleinerten Personal zu durchlaufen. Aus Kostengründen dürfen in der Saison 2021 nur noch 17 statt wie bisher 20 Personen pro Team vor Ort arbeiten. Abseits der Strecke wird die Mitarbeiterzahl auf sechs Personen reduziert.

In der Vergangenheit kursierten immer wieder Gerüchte über entlang der Strecke gemietete Hotelzimmer, in denen sich die Ingenieure breitmachten und zusätzlich zur Mannschaft in den Teamfabriken weitere Kosten verursachten.

Die Testfahrten beginnen am kommenden Samstag um 09:00 Uhr und laufen mit zwei Stunden Pause bis 17:00 Uhr. Am Montag ist ein Medientag ohne Fahraktivitäten vorgesehen, bevor die Teams zum Abschluss am Dienstag noch einmal von 09:00 bis 15:00 Uhr ihre Runden drehen können.

Formel E: Teams und Fahrer bei den Valencia-Testfahrten

TeamFahrerFahrer
TecheetahAntonio Felix da CostaJean-Eric Vergne
NissanSebastien BuemiOliver Rowland
MercedesStoffel VandoorneNyck de Vries
VirginRobin FrijnsNick Cassidy
BMWMaximilian GüntherJake Dennis
AudiLucas di GrassiRene Rast
JaguarSam BirdMitch Evans
PorscheAndre LottererPascal Wehrlein
MahindraAlex SimsAlex Lynn
VenturiEdoardo MortaraNorman Nato
DragonSergio Sette CamaraNico Müller
NioOliver TurveyTom Blomqvist