Das Überraschungs-Comeback ist perfekt: Daniel Abt kehrt in die Formel E zurück und bestreitet das große Saisonfinale mit sechs Rennen in Berlin vom 05. bis 13. August 2020. Nach seinem Rauswurf bei Audi in Folge eines Skandals bei einem virtuellen Rennen der Elektro-Rennserie startet der Kemptener nun für das Team NIO 333.

Das kurzfristige Comeback kam auch für Abt überraschend, wie er im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com sagt. "Ich selbst hatte zum Team keinen Kontakt aufgenommen", so der 27-Jährige. "Von deren Seite kam das Angebot eines Gesprächs. Dabei habe ich erfahren, dass bei ihnen ein Platz frei wird, was ich zuvor ja gar nicht wusste. Ich war davon ausgegangen, dass alle Cockpits belegt sind. Und so kam es schließlich zu der Zusammenarbeit."

Beim chinesischen Rennstall ersetzt Abt den Chinesen Ma Qinghua, dessen Abschied am Montag dieser Woche offiziell bekanntgegeben worden war. Als Grund für die Trennung führte das Team vor allem Reisebeschränkungen in Folge der Corona-Krise an.

Nach den bisherigen fünf Rennen der laufenden Saison 2019/20 belegt NIO 333 den letzten Platz in der Meisterschaft. Hua und sein erfahrener Teamkollege Oliver Turvey gingen mit einem der kleinsten Teams in der Formel E, das zuletzt einen großen internen Umbruch erlebte, komplett leer aus. Abt erhält vor dem Finale die Möglichkeit, sich im Simulator von NIO sowie bei einem Strecken-Test auf die Rennen vorzubereiten.

Abt: Erwarte in Berlin keine Kaffeefahrt

Abt: "NIO hat sich in den vergangenen Jahren schwer getan und ich erwarte auch in Berlin keine einfache Kaffeefahrt. Wenn ich dem Team aber dabei helfen kann, einen positiven Saisonabschluss zu erreichen, wäre das schön für mich. Und, um ehrlich zu sein, die Chance, mein Heimrennen bestreiten zu können, ist schon ein geiles Gefühl. Damit haben nicht viele gerechnet, inklusive mir."

Abt blieb in vier der fünf Läufe ohne Punkte, nur beim zweiten Rennen des Saisonauftaktes in Saudi-Arabien fuhr er als Sechster in die Punkteränge. Zum ersten Mal überhaupt wird Abt, der alle 63 Rennen in der Geschichte der Formel E bestritten hat und zwei Siege sowie zehn Podestplätze erzielte, nicht für das von seinem Vater Hans-Jürgen gegründete und 2017 von Audi werksseitig übernommene Team an den Start gehen.

Abt: Niemandem bei Audi böse

"Wenn man antritt, möchte man grundsätzlich jeden schlagen", sagte Abt. "Da geht es nicht darum, ob das Audi oder ein anderes Team ist. Autos im Rückspiegel sehen immer schöner aus. Für mich selber ist es aber definitiv nicht der Ansporn, jetzt Audi etwas zu beweisen oder zu sagen, dass ich in erster Linie sie schlagen muss. Ich habe keine 'Hard Feelings' und bin da niemandem böse."

Bei den drei Double-Headern (3x2 Rennen auf unterschiedlichen Strecken-Layouts) in Berlin innerhalb von neun Tagen tritt Abt an der Seite von Oliver Turvey an. Der Brite fährt bereits seit 2015 für das Team, mit dem Nelson Piquet Junior in der Debütsaison der Formel E 2014/15 die Meisterschaft gewann, damals unter dem Namen NEXTEV.

Abt: Absolut kein Problem mit Rast

Beim großen Finale in Berlin trifft Abt unter anderem auf seinen Nachfolger bei Audi, Rene Rast. Der zweifache und amtierende DTM-Champion erhielt das frei gewordene Cockpit an der Seite des Brasilianers Lucas di Grassi.

Rast, der in der letzten DTM-Saison von Audi alle Rennen der Tourenwagenserie bestreiten wird, bereitet sich Anfang Juli bei einem Test auf dem Lausitzring auf die Rückkehr in die Formel E vor. 2016 trat der 33-Jährige für ein Rennen beim damaligen Team Aguri als Ersatz für den aktuellen Meisterschaftsführenden Antonio Felix da Costa an. Mit dem Doppelprogramm aus DTM und Formel E erwarten Rast im August zwölf Rennen innerhalb von nur 23 Tagen.

Abt: "Ich habe es schon einmal gesagt und wiederhole es gerne: Rene hat sich das verdient und in der DTM einen mega Job gemacht. Ich wusste auch, dass er das Cockpit bekommt und bin ihm in keinster Weise böse. Er kann nichts dafür, was mir passiert ist. Er hat seine eigenen Interessen und das ist vollkommen legitim. Es ist doch klar, dass er sich umschaut und weiter Rennen fahren will, wenn Audi aus der DTM ausgestiegen ist. Ich wünsche Rene alles Gute, respektiere ihn und habe absolut kein Problem mit ihm."

Vier Deutsche beim Formel-E-Finale in Berlin

Mit Abt, Rast, BMW-Pilot Maximilian Günther - Vierter in der Meisterschaft - und Andre Lotterer bei Neueinsteiger Porsche gehen vier deutsche Fahrer beim 'Renn-Sixpack' in Berlin an den Start. Pascal Wehrlein wurde nach einer kontroversen Trennung von Mahindra durch Alex Lynn ersetzt und steht vor einem Wechsel zu Porsche in der Saison 7, die am 16. Januar 2021 in Santiago de Chile beginnt. Eine offizielle Bestätigung seitens Porsche steht weiter aus.

NIO-Teamchef Vincent Wang: "Als mir die Möglichkeit geboten wurde, Daniel für das Berliner Finale zu verpflichten, war das eine aufregende Aussicht. Die Kontroversen, die ihn während der Race at Home Challenge umgaben, haben ein ziemlich hohes Niveau erreicht und werden zwei gegensätzliche Meinungen bringen. Am Ende haben wir uns nach Gesprächen mit einigen Schlüsselfiguren des Fahrerlagers entschlossen, Daniel die Gelegenheit zu geben, in die Formel E zurückzukehren."