Es ist das Ende einer Ära: Nach sechs gemeinsamen Jahren und 63 Rennen wird Daniel Abt nicht mehr für Audi in der Formel E antreten. Wenn die Elektro-Rennserie voraussichtlich in Berlin ihre laufende Saison 2019/20 wieder aufnimmt und mit einer langen Rennwoche in der Hauptstadt beschließt, ist der Kemptener nach seinem Rauswurf durch eine Konzernentscheidung nicht mehr mit an Bord.

Eine ungewöhnliche Situation auch für Teamkollege Lucas di Grassi, der seit dem ersten Formel-E-Rennen 2014 in Peking an Abts Seite fuhr. "Ich werde Daniel wirklich im Team vermissen", sagte der Brasilianer zu Autosport. "Ich denke, dass er das Talent und die Fähigkeiten besitzt, um in der Formel E zu fahren und weiterhin gute Ergebnisse zu erzielen."

Nicht selten standen Abts sportliche Fähigkeiten in der Vergangenheit in der Kritik, dabei gehörte der 27-Jährige zu den konstantesten Fahrern im gesamten Starterfeld. So eroberte Abt im vergangenen Jahr saisonübergreifend in 13 aus 15 Rennen einen Platz in den Punkterängen, mit 390 Zählern belegt er die fünfte Position in der ewigen Statistik.

Di Grassi: Abt unterschätzt

Zwei Siege und zehn Podestplätze können sich ebenfalls sehen lassen, wobei er im internen Audi-Duell unterlegen war. Teamkollege Di Grassi sammelte zehn Siege, fuhr 31 Mal auf das Podium und holte in der Saison 2016/17 die Meisterschaft. Vor allem in den ersten Jahren zeigte sich di Grassi dominant, kam allerdings mit Formel-1- und Le-Mans-Erfahrung in die neue Formel E.

Abt hingegen stieg nach einem Jahr Erfahrung in der GP2, die er als amtierender Vize-Meister der GP3-Serie bestritt, in die Elektro-Rennserie ein. "Daniel wurde ein sehr guter Fahrer und verdient auf jeden Fall einen Platz in der Formel E", lobte di Grassi seinen Ex-Teamkollegen. "Ich denke, dass die Leute seine Fähigkeiten unterschätzen. Er ist sehr talentiert, hat einen sehr guten Speed und war in den vergangenen Jahren sehr konkurrenzfähig. Also muss er auf jeden Fall dabei sein."

Audi wirft Daniel Abt raus: gerecht oder zu hart? (43:08 Min.)

Abt über Zukunft im Motorsport

Ob Abt seine Karriere in der Formel E bei einem anderen Team fortsetzt, ist unklar. Der Nachname erwies sich wegen der Nähe zum Audi-Konzern in der Vergangenheit nicht immer als Vorteil. "Wenn sich eine geile Chance auftun würde, natürlich. Ich wäre ja dumm, mir Türen zu verschließen", sagte Abt nach dem Audi-Aus. "Ich werde aber nicht irgendwas im Motorsport tun, nur, um dabei zu sein, obwohl ich nicht mit ganzem Herzen dabei bin. Wenn das nicht gegeben ist, werden andere Dinge und Themen kommen, die mir das geben."

Di Grassi lernte die Zusammenarbeit mit Abt über die Jahre hinweg zu schätzen, obwohl die Umstände speziell waren, schließlich schloss sich der heute 35-Jährige damals dem von Daniels Vater Hans-Jürgen Abt geführten Formel-E-Pionierprojekt an. "Als ich kam, hatte ich ein paar Sorgen, dass er wegen seines Nachnamens bevorzugt behandelt werden könnte", so di Grassi. "Aber selbst, als alles von Abt geleitet wurde, verhielt sich das Team sehr professionell und das Hauptziel bestand darin, Rennen zu gewinnen - egal ob durch Daniel oder mich."

Die Chemie zwischen den beiden Fahrern passte sechs Saisons lang, nur selten kam es zu Streitereien in der Truppe aus Kempten, die 2017 von Audi werksseitig in der Formel E übernommen worden ist. Di Grassi: "Er war ein guter Teamkollege, wir hatten nie große Kämpfe innerhalb des Teams."

Rast testet Formel-E-Audi

Wer bei Audi auf Abt nachfolgt, ist offiziell noch nicht bestätigt. Wie Motorsport-Magazin.com exklusiv berichtet hatte, wird der zweifache und amtierende DTM-Champion Rene Rast Anfang Juli einen Test im Formel-E-Auto bestreiten. Die Testfahrt auf dem Lausitzring ist allerdings keine Bestätigung für einen folgenden Renneinsatz.

"Der einzige Plan ist, dass ich auf dem Lausitzring testen werde", sagte Rast am Rande der DTM-Testfahrten auf dem Nürburgring. "Solange der Kalender der Formel E nicht offiziell ist, können wir nicht wirklich planen. Wenn es Überschneidungen gibt, hat die DTM Priorität und ich kann nicht Formel E fahren. Ich wäre aber definitiv interessiert daran, in der Formel E zu fahren. Das ist eine der besten Meisterschaften und nach dem Rückzug aus der DTM die einzige Option, weiter ein Werksprogramm mit Audi zu bestreiten."

Wie Motorsport-Magazin.com exklusiv berichtet hatte, plant die Formel E eine Fortsetzung ab August mit bis zu sechs Rennen innerhalb kurzer Zeit auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof in Berlin. Zwischen dem DTM-Auftakt in Spa-Francorchamps am 01. und 02. August und dem folgenden Rennwochenende auf dem Lausitzring (14.-16. August) wären zumindest zwei Wochen Platz, um eine lange Formel-E-Woche in der deutschen Hauptstadt einzuschieben. Eine offizielle Bestätigung seitens der Formel E gibt es noch nicht.