Mitch Evans sorgte in der laufenden Formel-E-Saison für eine Premiere: Der Jaguar-Pilot führte nach dem Rennen in Mexiko erstmals die Gesamtwertung der Meisterschaft an. Aktuell liegt der Neuseeländer auf dem zweiten Platz.

Sein Sieg in Mexiko-Stadt vor knapp drei Wochen und seine starke Aufholjagd beim in Marrakesch am vergangenen Wochenende brachten Evans nicht nur in die gute Ausgangslage, sondern sorgen offenbar auch für ein gesteigertes Selbstbewusstsein.

Nach einem Patzer des Teams im Qualifying hatte Evans den Marrakesch ePrix aus der letzten Startreihe aufnehmen müssen. Der 25-Jährige ließ eine fulminante Aufholjagd bis auf den sechsten Platz folgen.

"Ich wusste, dass Punkte möglich waren, da wir ein mega Paket hatten", wurde Evans auf der Website der Formel E zitiert. "Ich wollte klarstellen, dass wir ein richtiger Anwärter (auf den Formel-E-Titel) sind."

Damit drückte er seine Ambitionen ausgesprochen und überraschend deutlich aus. In der Regel geben sich Piloten und Teams zurückhaltender, wenn sie zu einem solch frühen Zeitpunkt der Saison - nach fünf von voraussichtlich 13 Rennen - auf ihre Meisterschaftschancen angesprochen werden.

Ein Blick auf den Rennverlauf zeigt allerdings, dass Evans in Marrakesch tatsächlich stark unterwegs war. Geschenke in Form von Ausfällen oder Safety-Car-Phasen bekam er nicht. "Ich habe 18 Positionen gutgemacht, davon etwa 16 mit richtigen Überholmanövern. Ich kann mich zwar nicht mehr an alle erinnern, aber ich habe jede genossen."

Evans war auf dem Weg in die Formel 1

Evans schien vor seinem Wechsel in die Formel E zwischenzeitlich auf dem besten Weg in die Formel 1 zu sein. 2012 wurde er in der GP3 Meister mit Arden. Als er im Jahr darauf in die GP2 aufstieg, fuhr er vereinzelte Top-Resultate ein. Es fehlte allerdings die Konstanz. Meisterschaftsrang vier war im Jahr 2014 sein bestes Ergebnis.

Den Aufstieg in die Formel 1 schaffte damals nur ein Fahrer, nämlich der Drittplatzierte Felipe Nasr. Ihm gelang der Wechsel, weil er durch finanzstarke Sponsoren aus seinem Heimatland Brasilien unterstützt wurde.

"Ich wollte in die Formel 1", sagte Evans unlängst zur britischen BBC. "Ich habe so viele Jahre versucht, dort hinzukommen. Ich bin den weiten Weg aus Neuseeland angetreten. Ich weiß, dass ich das Zeug habe, um in der Formel 1 zu fahren. Aber es ist so politisch. Das richtige Timing ist wichtig. Es wird mich wohl für den Rest meines Lebens verfolgen."

Formel E Marrakesch 2020: Rennen-Highlights und Zusammenfassung (06:59 Min.)

Formel-E-Insider wissen bereits seit einiger Zeit um die Stärke der Kombination Evans/Jaguar. Einige sehen sie auf einem ähnlichen Niveau wie Techeetah mit Meister Jean-Eric Vergne und Neuzugang Antonio Felix da Costa. Der Portugiese führt aktuell die Meisterschaft mit 67 Punkten an. Evans liegt mit 56 Zählern auf dem zweiten Platz.

In der vergangenen Saison fuhr Evans eine starke zweite Saisonhälfte. Mit dem Sieg in Rom und zwei zweiten Plätzen in Bern und New York verbesserte er sich vom elften auf den fünften Meisterschaftsrang. Die Performance aus der vergangenen Saison gibt Evans zusätzlichen Mut für die diesjährige Schlussphase.

Er sagt: "Wir haben Ende letzter Saison gezeigt, was wir können. Wir hatten ein sehr starkes Paket. Da hat sich nicht viel geändert. Auch das Team ist ziemlich gleich geblieben. Aber man lernt neue Tricks und Fähigkeiten. Die Ergebnisse zeigen, wie viel Selbstvertrauen wir haben."