Abts Formel-E-Wahnsinn in Mexiko: Unfall, Krankenhaus, Rennen! (11:55 Min.)

Es waren Szenen wie in einem rappelvollen Fußball-Stadion. Fan-Gesänge und La-Ola-Wellen von den Zuschauertribünen bestimmten die Atmosphäre in Mexiko. Nur, dass hier keine Kicker über den Rasen jagten, sondern relativ lautlose Formel-E-Renner beim vierten Saisonrennen am vergangenen Wochenende.

Die mexikanischen Fans beweisen nicht nur bei den Formel-1-Rennen, das sie zu den begeisterungsfähigsten der Welt zählen. Beim fünften Gastspiel der Formel E nacheinander im Autodromo Hermanos Rodriguez meldete der Veranstalter wie schon im Vorjahr ausverkauftes Haus.

Mehr als 40.000 Besucher strömten am Samstag an die Rennstrecke, um die Elektro-Rennwagen in Action sehen zu können. Zwar beeindruckt die Formel E an anderen Orten mit noch höheren Zuschauerzahlen, doch in einigen Städten ist der Zutritt zur Rennstrecke in gewissen Bereichen kostenlos und zieht dadurch Laufkundschaft an. Die Stimmung mit der in Mexiko ist keinesfalls vergleichbar.

Wie enthusiastisch die Mexikaner in Sachen Motorsport sind, zeigte sich am letzten Wochenende an kleinen Beispielen. So warteten mehrere Stunden nach Rennende hunderte Fans hinter der Garage von Jaguar, das soeben seinen ersten Saisonsieg erzielt hatte. Mit 'Evans, Evans, Evans'-Schlachtrufen hofften die Besucher, einen Blick auf Rennsieger Mitch Evans erhaschen zu können.

Auch hinter den Garagen von Audi und Venturi herrschte den gesamten Tag über geschäftiges Treiben. Einen mexikanischen Rennfahrer gab es zuletzt mit Esteban Gutierrez in der Saison 2016/17, doch auch Lucas di Grassi beziehungsweise der frühere Formel-1-Vizeweltmeister Felipe Massa waren echte Publikumsmagneten.

Kurios: Spät am Abend wurden im Fahrerlager mehrere Fans gesichtet, die sich ein Souvenir als Andenken mitnahmen. In diesem Fall beschädigte Chassis-Teile, die den Tag nicht überlebt hatten. Vor allem die Audi-Box entpuppte sich als echte Goldgrube für Sammler: Das Team hatte nach Daniel Abts schwerem Trainings-Unfall ein komplett neues Monocoque aufbauen müssen.

Überreste von Daniel Abts Auto finden eine neue Heimat, Foto: Motorsport-Magazin.com
Überreste von Daniel Abts Auto finden eine neue Heimat, Foto: Motorsport-Magazin.com

"Mexiko zählt zu meinen absoluten Lieblingsrennen", sagte Audi-Werksfahrer di Grassi, der 2017 und 2019 nach epischen Rennen siegte und auch 2016 als Erster die Ziellinie überquerte, im Nachgang aber disqualifiziert wurde. "Die Formel E ist die einzige Rennserie, bei der wir die Fans aus dem Auto heraus hören können. Vor allem im Stadion-Bereich, wenn man überholt!"

Unter Umständen könnte der Stadion-Zauber vorerst ein Ende finden. Laut lokalen Medienberichten gibt es noch keinen Vertrag für die kommende Saison 2020/21. Alvaro Buenaventura, geschäftlicher Koordinator der Formel E in Lateinamerika, nahm zuletzt die mexikanische Regierung in die Pflicht und wünschte sich finanzielle Unterstützung.

Die Formel E kann sich den Verlust eines weiteren Rennens im wertvollen mittel- und südamerikanischen Raum eigentlich nicht leisten. Zuletzt kam heraus, dass die Serie nach drei Jahren voraussichtlich nicht nach Santiago de Chile zurückkehren wird. Ein Rennen in Brasilien, als Favorit gilt Sao Paulo, soll in der kommenden Saison endlich Realität werden - musste in der Vergangenheit aber schon zweimal kurzfristig abgesagt werden.

Ausverkauftes Haus beim fünften Formel-E-Rennen in Mexiko-City, Foto: LAT Images
Ausverkauftes Haus beim fünften Formel-E-Rennen in Mexiko-City, Foto: LAT Images

Mexiko wäre nicht nur aus Fan- sondern auch aus sportlicher Sicht ein großer Verlust für die Formel E. Eine Diskussion, die in heutigen Motorsport-Zeiten nur noch selten geführt wird, flammte kurz vor dem Rennen auf: Können die Fahrer die berühmte Peraltada-Kurve mit Vollgas durchfahren? Durch den Wegfall der laut vielen Piloten unnötigen Schikane bestand diese Möglichkeit zumindest in der Theorie.

Am Renntag sollte sich relativ schnell herausstellen, dass in dieser extremen Doppel-Rechtskurve direkt hinter dem Foro-Sol-Stadion der Fuß etwas vom Gas genommen werden muss. Doch der zu diesem Jahr umgebaute und um 513 Meter auf 2,606 Kilometer verlängerte Kurs kam durchweg positiv an.

"Die Strecke hat sich super entwickelt", sagte Pascal Wehrlein in Mexiko zu Motorsport-Magazin.com. "Ich bin ein Fan dieser Variante." Andre Lotterer, der Formel-E-Neueinsteiger Porsche die erste Pole Position bescherte, stimmte zu: "Eine sehr anspruchsvolle Strecke und tolle Location."