Formel E? Formel DE! In der sechsten Saison der Elektro-Rennserie, die am 22./23. November in Saudi-Arabien beginnt, wird an jeder Ecke deutsch gesprochen. Mit Audi, BMW und den Neueinsteigern Mercedes und Porsche gehen zum ersten Mal in einer FIA-Meisterschaft vier Autobauer aus Deutschland an den Start.

Obendrein bilden Daniel Abt (Audi), Maximilian Günther (BMW), Andre Lotterer (Porsche) und Pascal Wehrlein (Mahindra) ein Sechstel des Starterfeldes.

"Es herrscht schon ein Bundesliga-Feeling", sagt der frühere Formel-1-Fahrer und heutige Audi-Teamchef Allan McNish. Die Ingolstädter setzen mit Abt auf einen deutschen Fahrer, ähnlich wie Porsche mit Rückkehrer Lotterer und BMW mit Neuverpflichtung Günther.

Die vier deutschen Hersteller in der Formel E 2019/20

TeamFahrer 1Fahrer 2
AudiDaniel AbtLucas di Grassi
BMWMaximilian GüntherAlexander Sims
MercedesStoffel VandoorneNyck de Vries
PorscheAndre LottererNeel Jani

Mercedes ohne deutschen Fahrer

Nur Mercedes fällt aus diesem Raster heraus. Stoffel Vandoorne in seiner zweiten Formel-E-Saison und der frischgebackene Formel-2-Champion Nyck de Vries bilden das belgisch-niederländische und hochtalentierte Fahreraufgebot des Newcomers aus Stuttgart. Damit hat sich Mercedes als einziger heimischer Autobauer gegen einen deutschen Rennfahrer entschieden.

Eine Lösung, die schon BMW im vergangenen Jahr zumindest von Medienvertretern aus Deutschland angekreidet worden war, als der Portugiese Antonio Felix Da Costa und Alex Sims aus Großbritannien vorgestellt wurden.

Die Münchner haben für ihre zweite Werkssaison mit dem 22-jährigen Günther nun einen Deutschen, noch dazu aus dem nahegelegenen Allgäu und mit einer Vergangenheit im Formel BMW Talent Cup, verpflichtet. Er hatte sich mit starken Leistungen beim vergleichsweise kleinen Team Dragon für ein Werkscockpit empfohlen.

Mercedes: Nationalität ist egal

Wie schon damals BMW Motorsport Direktor Jens Marquardt, zuckt auch heute Mercedes-Teamchef Ian James mit den Schultern. "Für mich ist nicht nur wichtig, dass unsere Fahrer schnell sind, sie müssen auch das Team in die richtige Richtung entwickeln", erklärt der Brite bei Motorsport-Magazin.com. "Das ist für mich wichtiger, als einen deutschen, englischen oder französischen Fahrer zu haben."

Während sich die Racer über solche Aussagen freuen dürften, verzieht so manche Marketing-Abteilung hierzulande das Gesicht. Auch in der Formel E gilt: Einheimische Fahrer lassen sich grundsätzlich besser auf den unterschiedlichen Plattformen vermarkten. Dieses Faktes ist man sich auch bei Audi bewusst und war gut damit beraten, Daniel Abt, der über seine sozialen Medien hunderttausende Fans erreicht, weiter zu beschäftigen.

Formel E: Mercedes präsentiert neue Fahrer, Auto & Teamchef (05:39 Min.)

Audi: Schauen das Gesamtbild an

Audi-Motorsportchef Dieter Gass zu Motorsport-Magazin.com über den bislang einzigen Formel-E-Rennsieger aus Deutschland und zweitbesten Fahrer eines Teams in der abgelaufenen Saison: "Mit Sicherheit ist es nicht komplett vernachlässigbar, dass wir einen deutschen Fahrer im Team haben. Bei einem Werkseinsatz überwiegt natürlich die Performance. Wir schauen uns aber das Gesamtbild an und das hat dazu geführt, dass wir Daniel für die Saison 6 bestätigt haben."

In den Medien wird der deutsche Vierkampf in der Formel E das große Thema sein - die Verantwortlichen selbst halten sich hingegen zurück, wohlwissend um die Stärken der internationalen Werks-Konkurrenz. In der vergangenen Saison gewann schließlich DS Techeetah die Fahrer- und Teammeisterschaft, während Nissan-Fahrer Sebastien Buemi im letzten Moment den Vize-Titel einsackte.

Mercedes international aufgestellt

"Es wird spannend mit den deutschen Herstellern und in Deutschland sicherlich für große Aufmerksamkeit sorgen, aber ich betrachte sie wie alle anderen Konkurrenten auch", sagt etwa Mercedes-Teamchef Ian James nach vielen Jahren im Unternehmen in annähernd perfektem Deutsch.

Ohnehin ist das sogenannte Mercedes-Benz EQ Formula E Team sehr international aufgestellt. Der Antriebsstrang entstand bei Mercedes-AMG High Performance Powertrains (HPP) in Großbritannien. Hier wurden auch die Hybrid-Power-Units entwickelt, mit denen Mercedes seit 2014 jeweils das WM-Double in der Formel 1 gelungen ist.

Das Affalterbacher Unternehmen HWA, das in der Saison 2018/19 die Vorhut für den Werkseinsatz bildete, führt die Renneinsätze durch und erhält Unterstützung aus der Formel-1-Zentrale in Brackley. Obendrein mischt die Serienentwicklung aus Stuttgart mit.