Daniel Abt oder Nico Müller? Diese Frage wurde eine ganze Weile in der Öffentlichkeit diskutiert, als es um die Cockpitvergabe beim Formel-E-Team von Audi ging. Letztendlich fiel die Wahl auf Abt, der 2019/20 vor seiner sechsten Saison in der Elektro-Rennserie steht und damit zu den Gründungsfahrern zählt.

Müller wird dennoch sein Renndebüt in der kommenden Saison geben. Der Schweizer erhielt die Freigabe von Audi, um für das US-Team Dragon anzutreten. Parallel gab Audi bekannt, dass Müller auch 2020 in der DTM antreten wird, in der er hinter dem bereits feststehenden Meister und Markenkollegen Rene Rast den zweiten Platz belegt.

Müller hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er neben der DTM gern auch in der Formel E starten würde, wo er das Audi-Team seit geraumer Zeit als Test- und Ersatzfahrer begleitet. Für das Werksteam hat es zur kommenden Saison nicht gereicht. Beim zuletzt stark unterlegenen Dragon-Team von Jay Penske kann der 27-Jährige allerdings Rennerfahrung in der speziellen Formelserie sammeln.

Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com wurde die Fahrerfrage für das Audi-Werkscockpit intern heiß diskutiert. Eine Seite sprach sich für Abts Weiterbeschäftigung aus, die andere für Müller, der bei Formel-E-Testfahrten stets einen starken Eindruck hinterließ.

"Man kann sagen, dass es Leute gibt, die Nico gern im Formel-E-Auto sehen würden", sagt Audi-Motorsportchef Dieter Gass im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com. "Er ist eine bekannte Größe bei uns im Haus, nicht zuletzt wegen des DTM-Projekts, in dem er starke Leistungen zeigt. Auch das Formel-E-Projekt hat er durch seine Tätigkeit im Simulator sehr unterstützt. Intern haben sich Leute für den einen oder den anderen Fahrer ausgesprochen, das kann ich bestätigen."

Abt beendete die vergangene Saison auf dem siebten Gesamtplatz. Ein Sieg gelang dem 26-Jährigen in diesem Jahr nicht, dafür punktete er mit Konstanz. 11 der 13 Saisonrennen beendete Abt in den Punkterängen. Kurz nachdem bekannt war, dass sein Vertrag für die Saison 6 verlängert wird, schloss Abt die Saison beim Finale in New York mit den Plätzen sechs und fünf ab. In beiden Qualifyings schaffte er es in die Top-6 des Qualifyings.

Formel E 2018/19: Top-8 der Meisterschaft

PositionFahrerTeamPunkte
1Jean-Eric VergneDS Techeetah136
2Sebastien BuemiNissan e.dams119
3Lucas di GrassiAudi108
4Robin FrijnsVirgin106
5Mirch EvansJaguar105
6Antonio Felix da CostaBMW99
7Daniel AbtAudi95
8Andre LottererDS Techeetah86

Abt: Das kann man nicht komplett ausblenden

In New York räumte Abt im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com ein, dass er sehr erleichtert gewesen sei, nachdem Klarheit herrschte. Der zweifache Formel-E-Rennsieger: "Wenn man weiß, dass ein Ausfall oder ein Fehler gerade in solch einer Situation schwerwiegend sein kann, geht man vielleicht nicht immer volles Risiko, sondern nimmt mal die Punkte mit. Es ist ganz normal, dass man das nicht komplett ausblenden kann."

Laut Gass habe sich die Situation nicht auf das Team, das vom früheren Formel-1-Fahrer Allan McNish geleitet wird, ausgewirkt. Es sei auch nicht unüblich, dass ein Fahrer für die kommende Saison nicht unbedingt einen Vertrag habe.

Formel E 2019: Audis neuer FE06 auf der Rennstrecke (00:32 Min.)

Gass: Wie geht ein Fahrer mit Druck um?

Gass über Abts Reaktion und die Beweggründe: "Er war sicherlich erleichtert. Dazu muss man aber auch sagen, dass ich gern sehen möchte, wie ein Fahrer mit Druck-Situationen umgeht. Er kann ja auch in eine Situation kommen, in der er ganz einfach liefern muss, weil er Meister werden will. Dann hat er auch Druck und muss damit umgehen können."

Viele Gründe hätten laut Gass für eine Vertragsverlängerung mit dem Kemptener gesprochen. So war Abt der in der Meisterschaft bestplatzierte zweite Fahrer eines Teams, außerdem hat er als einziger Deutscher in der Geschichte der Formel E Rennen gewonnen. In der vergangenen Saison fehlten dem Siebtplatzierten Abt nur 13 Punkte auf seinen Teamkollegen Lucas di Grassi, der den dritten Platz hinter Meister Jean-Eric Vergne und Nissan-Pilot Sebastien Buemi belegte.

Formel E: Daniel Abt in Zahlen

StatistikDaniel Abt
Rennen 58 (seit 2014)
Siege2
Podestplätze10
Pole Positions2
Erste Startreihe3
Schnellste Runden7
Punkte382
Beste SaisonP5 (2017/18)

Deutscher Fahrer: Nicht vernachlässigbar

Dabei räumte der Audi-Motorsportchef ein, dass nicht ausschließlich die Performance - wie es im Motorsport häufig gern behauptet wird - eine Rolle bei dieser Entscheidung gespielt habe.

Gass: "Und mit Sicherheit ist es nicht komplett vernachlässigbar, dass wir einen deutschen Fahrer im Team haben. Bei einem Werkseinsatz überwiegt natürlich die Performance. Wir schauen uns aber das Gesamtbild an und das hat dazu geführt, dass wir Daniel für die Saison 6 bestätigt haben."

Auch BMW und Formel-E-Neueinsteiger Porsche setzen auf jeweils einen deutschen Fahrer. Der Autobauer aus München hat Nachwuchstalent Maximilian Günther verpflichtet. Bei Porsche kehrt Andre Lotterer als Fahrer zurück, nachdem er die letzten beiden Saisons für das aktuelle Meister-Team Techeetah bestritten hatte. Nur Mercedes, neben Porsche der zweite Elektro-Newcomer, verzichtet mit Stoffel Vandoorne und Nyck de Vries auf einen deutschen Piloten.