13 Rennen, neun unterschiedliche Sieger. In der fünften Saison der Formel E ging es unvorhersehbar zu wie nie zuvor in der Elektro-Serie. Acht Fahrer waren zumindest mit theoretischen Chancen auf die Meisterschaft zum Finale nach New York gereist. Doch am Ende war es wieder einmal Jean-Eric Vergne, der sich den Titel sicherte und damit als erster Fahrer in der jungen Geschichte der Serie die Meisterschaft verteidigen konnte.

Drei Siege - die meisten aller Fahrer - und insgesamt fünf Podiumsplatzierungen führten Vergne nach der Saison 2018/19 zum zweiten Titelgewinn. Wer hätte das noch vor wenigen Jahren denken können, nachdem Vergne Ende 2014 bei Toro Rosso rausgeworfen wurde und die Karriere in der Formel 1 ein jähes Ende fand?

Der Wechsel in die Formel E mangels attraktiver Alternativen sollte sich wenig später als ein Glücksfall für Vergne entpuppen. "Im Leben passieren dir schlechte Dinge", sagte Vergne am Sonntag nach dem Finale in New York. "Die Leute sagen, dass es immer einen Grund dafür gibt. Du selbst glaubst aber zunächst nicht daran. Erst Jahre später realisiert man, dass es doch stimmte."

Seine erste Formel-E-Saison 2015/16 schloss Vergne bei DS Virgin als Gesamt-Neunter ab. Mit dem Wechsel zum damals allenfalls mittelmäßigen Techeetah-Team ging es steil aufwärts. 2016/17 belegte Vergne den fünften Platz in der Meisterschaft, bevor er zwei aufeinanderfolgende Titelgewinne folgen ließ.

Vergnes Weg zur Meisterschaft 2018/19

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RennenStartplatzErgebnis
1Saudi-Arabien52
2Marrakesch25
3Santiago de Chile12Ausfall
4Mexiko813
5Hongkong1813
6Sanya21
7Rom1614
8Paris126
9Monaco11
10Berlin83
11Bern11
12New York 11015
13New York 2127
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"Der Wechsel zu Techeetah war das Beste, was in meinem Leben passiert ist", überschlug sich Vergne fast mit Lobeshymnen auf die Mannschaft, die seit dieser Saison mit Unterstützung von Citroen-Tochter DS erstmals als Hersteller antrat und direkt die Team-Meisterschaft vor Audi für sich entschied. Und weiter: "So einen Erfolg hätte ich in einer anderen Rennserie nicht gehabt."

Was viele nicht wissen: Vergne besitzt Anteile am Team Techeetah und verfügt dadurch über ein größeres Mitspracherecht. Möglicherweise ein Schlüssel zum Erfolg. Vergne: "Ich bin ins Team-Management gegangen und habe Entscheidungen mitgetroffen. Sie haben mitgeholfen, zu verstehen, was ein Team von einem Fahrer benötigt."

Dazu zählte auch ein schneller Teamkollege für Vergne. Mit Andre Lotterer fand das Team ebendiesen vor zwei Jahren. Nicht nur gewöhnte sich der mehrfache Le-Mans-Sieger schnell an die Eigenheiten der Formel E, er harmonierte auch prächtig im Zusammenspiel mit Vergne auf und abseits der Rennstrecke. Nur selten kommt es heutzutage vor, dass Teamkollegen einen gemeinsamen Urlaub verbringen...

"Es war wichtig, einen Teamkollegen zu haben, der so schnell wie möglich bei der Musik ist", lobte Vergne seinen scheidenden Teamkollegen. "Die Beziehung zu Andre war großartig für das Team."

Nach 25 gemeinsamen Rennen in der Formel E trennen sich nun allerdings die Wege. Lotterer wechselt nach gesicherten Informationen von Motorsport-Magazin.com zu Neueinsteiger Porsche. Wer den 37-Jährigen beerbt, steht noch nicht fest. In New York machten allerdings einige Gerüchte die Runde, dass BMW-Fahrer Antonio Felix da Costa ein Kandidat ist.

Lotterer durfte sich eine Weile selbst Hoffnungen auf den Gewinn der Meisterschaft machen, bis ihn Pech und diskutable Strafen wie in Bern zurückwarfen. Er freute sich dennoch für seinen Kumpel Vergne. Lotterer in New York: "Riesen Glückwunsch an ihn. Er hat den Sack zugemacht in Bern und hatte hier einen ziemlich komfortablen Vorsprung."

Vergnes Karriere in der Formel E

StatistikAnzahl
Rennen56
Siege8
Podestplätze20
Pole Positions10
Schnellste Rennrunden4
Meisterschaften2 (2018, 2019)
Siege 2018/193
Podestplätze 2018/195
Poles 2018/192

Tatsächlich reiste Vergne mit komfortablen 32 Punkten Vorsprung auf Herausforderer Lucas di Grassi zum Doubleheader-Finale nach Brooklyn. Doch auf dem umgebauten Stadtkurs im Hafengelände von Brooklyn ging einiges schief. Im Samstags-Rennen verpasste er nach zweifacher Berührung ausgerechnet mit Vergne als 15. die Punkteränge.

Und auch der zwölfte Startplatz am Sonntag war kein bequemes Polster, hatten di Grassi und auch Mitch Evans (Jaguar) immerhin noch kleine Chancen, Vergne in letzter Sekunde den Titel vor der Nase wegzuschnappen.

Der siebte Platz im Rennen reichte schließlich aus, während seine Titelrivalen nur bedingt nach vorne kamen und beim Kampf um den siebten Platz miteinander kollidierten. "Das Rennen am Samstag hat mir gezeigt, dass nichts garantiert ist, bis die Flagge fällt", blickte Vergne zurück. "Das verleiht mir noch mehr Hunger, auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Man weiß nie, wie es hier läuft."