Der mysteriöse Twin-Motor von Nissan e.dams war das große technische Geheimnis in der aktuellen Saison der Formel E. Damit ist jedoch bald Schluss: Im Rahmen des World Motor Sport Council wurde am Freitag vor einer Woche entschieden, dass ab der kommenden Saison 6 nur noch eine statt zwei MGUs per Reglement erlaubt sind.

"Wir waren ziemlich stark auf der Strecke", erklärte e.dams Teamchef und DAMS-Mitgründer Jean-Paul Driot an diesem Freitag am Rande des Bern ePrix. "Um alles auszubalancieren, wurde nun entschieden, wieder auf einen Motor zu wechseln. Unsere Lösung war wohl ein bisschen zu innovativ."

Der Einsatz von zwei MGUs in einem Formel-E-Auto ist per Technischem Reglement nicht verboten. Wohl aber eine direkte Verbindung der beiden elektrischen Power-Umwandler. Hier gab es zumindest einige Unklarheiten, ob Nissan dieser Regel gefolgt war oder stattdessen in einer Grauzone agierte.

So wurde unter anderem im Fahrerlager und von der Konkurrenz spekuliert, dass Nissan die zweite MGU als eine Art Energiespeicher nutzen könnte, indem die beiden MGUs nicht parallel rotieren. Auch von Performance-Vorteilen war die Rede, manche Ingenieure vermuteten einen Zeitengewinn von bis zu einer Sekunde pro Runde.

Dabei war Nissan stets regelkonform unterwegs. Das Werksauto der Japaner wurde wie alle anderen Rennwagen im August 2018 homologiert. Im Anschluss dürfen Teile während einer Saison nicht mehr verändert werden, sofern es sich nicht um sicherheitsrelevante Bereiche handelt. Nissan ging also stets mit einem legalen Auto an den Start.

Dabei dauerte es eine ganze Weile, bis der Renault-Nachfolger die entsprechenden Ergebnisse erzielen konnte. Nach einem schwierigen Saisonstart mit zahlreichen Zuverlässigkeitsproblemen und einigen Unfällen, die mit der Nutzung des Motors in Verbindung stehen könnten, ging es zuletzt aufwärts.

In Sanya und Paris startete Oliver Rowland von der Pole Position. Zuletzt in Berlin sicherte sich Teamkollege Sebastien Buemi erstmals in dieser Saison den ersten Startplatz und anschließend seinen ersten Podestplatz 2019. Formel-E-Rookie Rowland hatte zu diesem Zeitpunkt bereits in Sanya und Monaco auf dem Podium gestanden.

"Wir hatten die Performance, aber auch Probleme", erklärte Formel-E-Pionier Driot, während Nissans Team Manager Michael Carcamo in Sachen Twin-MGU stets abgeblockt hatte. Driot weiter: "Jetzt haben wir auch das Level an Zuverlässigkeit und Performance erreicht. Die Leute dachten, wir seien zu stark. Wir folgen dem, was die FIA will. Da gibt es keine Alternative."

Nissan löste zu dieser Saison Renault bei Formel-E-Erfolgsteam e.dams ab, Foto: LAT Images
Nissan löste zu dieser Saison Renault bei Formel-E-Erfolgsteam e.dams ab, Foto: LAT Images

Nissan gehört inzwischen stets zu den Favoriten, doch ein Sieg ist dem Team bisher nicht gelungen. Seit einigen Rennen machte im Fahrerlager das geflügelte Wort die Runde: 'Solange Nissan nicht gewinnt, ist alles gut'. Im anderen Falle hätte es vermutlich Proteste seitens der Konkurrenz gehagelt.

Drei Rennen - in Bern sowie beim Double-Header in New York - bleiben Buemi und Rowland noch Zeit, einen Sieg mit dem Nissan-Rennwagen zu erzielen. Danach muss ein neuer Motor gebaut werden. Eine Herausforderung laut Driot mit Blick auf die Zeit - die kommende Saison 6 beginnt bereits im November dieses Jahres.

"Vielleicht waren wir zu innovativ", sagte der frühere Formel-E-Champion Buemi in Bern. "Natürlich sind wir nicht happy damit, aber ich mache die Regeln nicht. Jetzt ist es entschieden, wir gehen zu einem Motor zurück und greifen damit in der kommenden Saison wieder an."