Stoffel Vandoorne ist der neue Star in der Formel E. Der Belgier kommt nach seinem Aus bei McLaren in der Formel 1 - einen direkten Wechsel eines Fahrers in die Elektro-Rennserie hatte es zuvor noch nie gegeben. Vandoorne heuert bei HWA an, dem zweiten Neueinsteiger-Team neben BMW. Dabei stellt sich die Frage: Wie kam Vandoorne eigentlich zur Mannschaft aus Affalterbach?

Der 26-Jährige sagte am vergangenen Wochenende am Rande des US Grand Prix in Austin: "Es fing im September an, als ich einen Anruf von Toto (Wolff, Mercedes-Motorsportchef; d.Red.) bekam. Er fragte mich, ob ich mich dem Formel-E-Projekt anschließen wolle. Für mich war das eine einfache Entscheidung. Vor allem mit Blick darauf, was die Zukunft für das Team bereithält."

Gemeint ist der Werkseinstieg von Mercedes-Benz in die Formel E zur Saison 2019/2020. HWA bildet quasi die Vorhut für den großen Autobauer, der den Startplatz Ende 2019 übernehmen wird. So dürfte Vandoorne gute Chancen haben, nach dem Lehrjahr mit HWA bei Mercedes weiterbeschäftigt zu werden.

Demnach war Toto Wolff in Vandoornes HWA-Deal involviert. Dabei hat der Österreicher aktuell keine direkte Verbindung zu HWA. Bis 2015 hielt er 49 Prozent der Anteile am Unternehmen, verkaufte sie dann. Vorstand der HWA AG ist Uli Fritz, der für Mercedes-Benz die DTM-Einsätze bis zum Ausstieg leitete. Die HWA-Mannschaft soll nach der DTM auch die Formel-E-Renneinsätze von Mercedes-Benz durchführen. Die Technik kommt aus Brixworth, weitere Unterstützung aus Brackley.

Wolff gilt seit längerer Zeit als großer Befürworter von Vandoorne, der vor einigen Jahren noch als größtes Formelsport-Talent der Welt gehandelt wurde. "Ich mochte Stoffel schon immer", sagte Wolff. "Ein brillanter Fahrer in den Nachwuchsklassen."

Stoffel Vandoorne sucht sein neues Glück in der Formel E, Foto: LAT Images
Stoffel Vandoorne sucht sein neues Glück in der Formel E, Foto: LAT Images

Nun wechselt Vandoorne indirekt ins Mercedes-Lager, schnuppert durch HWA schon einmal in die Abläufe rein. Eine auf den ersten Blick ungewöhnliche Neuverpflichtung für das Formel-E-Projekt. Eine ganze Weile war spekuliert worden, dass HWA neben Gary Paffett einen Fahrer holen würde, der bereits Erfahrung in der rein-elektrischen Rennserie vorweisen kann.

"Wir sind ein neues Team und möchten nicht unbedingt mit arrivierten Fahrern starten, sondern mit neuen", sagte Uli Fritz kurz vor der offiziellen Vandoorne-Bekanntgabe zu Motorsport-Magazin.com. Und weiter: "Jeder Formel-1-Fahrer kann einiges zum Team und auch dem Thema 'Brake by Wire' beifügen."

Dieses spezielle Brems-System kommt erstmals mit den neuen Gen2-Autos in der Formel E zum Einsatz, in der Formel 1 schon seit einigen Jahren. Fritz weiter: "Eines muss aber auch klar sein: Dafür hätte er (ein Formel-1-Fahrer; d.Red.) auch testen müssen und hätte in die Entwicklung des Autos involviert sein müssen. Das war sicher ein Felipe Massa, was uns angeht."

Massa gibt ebenfalls sein Debüt in der Formel E. Der Brasilianer startet für den monegassischen Rennstall Venturi, der HWA in der anstehenden Saison mit Kundenautos beliefern wird. Im Gegensatz zu Vandoorne war Massa voll in das Entwicklungsprogramm des neuen Venturi-Rennautos involviert und konnte sich mit der Technik vertraut machen.

Vandoorne selbst soll zwei private Testfahrten mit Venturi absolviert haben, bevor er vergangenen Woche mit HWA zu den einzigen gemeinsamen Tests nach Valencia reiste. In seinen zwei Einsatztagen legte Vandoorne zusammen 60 Runden zurück, bevor er vorzeitig in Richtung Formel 1 nach Austin abreiste. Seinen Platz übernahm am dritten und letzten Testtag Daniel Juncadella.

Ganz rund lief es beim ersten öffentlichen Formel-E-Auftritt von HWA in Valencia nicht. "Es war gut, ein erstes Gefühl für das Auto zu bekommen", sagte Vandoorne. "Ich erwarte eine steile Lernkurve. Mir und auch dem Team steht eine ganz neue Herausforderung bevor. In der Formel E sind wir alle Rookies. Die Bedingungen beim Test waren nicht repräsentativ. Schwer zu sagen, wo wir in Sachen Performance stehen." Die 5. Saison der Formel E beginnt am 15. Dezember in Riad, Saudi-Arabien.