Porsche steigt zur Saison 2019/20 in die Formel E ein, doch die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Um sich ein besseres Bild von der vergleichsweise jungen Elektro-Serie zu verschaffen, reist eine Delegation der Zuffenhausener seit geraumer Zeit zu den Rennen. In Rom und Paris wurden bereits einige Porsche-Abgeordnete im Fahrerlager erblickt, und natürlich auch beim 'Heimrennen' zuletzt in Berlin.

Prominentestes Porsche-Gesicht war sicherlich Mark Webber. Der frühere Formel-1-Pilot gab in Berlin zahlreiche TV-Interviews und machte Werbung für den baldigen Einstieg der Zuffenhausener. Neben Webber zählten auch der frühere LMP1-Teamchef Andreas Seidl und Fritz Enzinger, Leiter Konzern-Motorsport, zum Porsche-Team auf dem stillgelegten Flughafengelände Tempelhof.

Der Werkseinstieg ist noch eine Weile hin, doch schon jetzt steht eine große Aufgabenliste an. Porsche wird seine Formel-E-Autos im Januar 2019 erhalten. Bis zum Ende des Frühjahrs müssen die Ingenieure das GEN2-Auto einer Homologation unterziehen, um den Saisonstart im Dezember zu gewährleisten.

Porsche-Motor auf dem Prüfstand

Das bedeutet, dass ein großer Teil der Entwicklung sowie die damit verbundenen Tests auf dem Prüfstand erfolgen müssen, das Zeitfenster für Testläufe der Komponenten auf der Rennstrecke ist klein. Andere Hersteller haben sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem neuen Rennwagen vertraut gemacht, der ab der kommenden Saison 2018/19 zum Einsatz kommt und das bisherige Kompromiss-Auto ablösen wird.

Andreas Seidl rechnet mit fairen Wettbewerbsbedingungen, da der wirkliche Wettbewerbsvorteil durch geringfügige Abweichungen in Strategie und Fahrstil erzielt wird. "Die Möglichkeiten und die Leistungsfähigkeit von Elektroautos sind bei Porsche schon lange ein zentrales Thema", erklärt er. "Hierbei ist es entscheidend, bei den Grundlagen alles richtig zu machen. Bei diesem Wettbewerb geht es vor allem darum, durch kleinere Details eine höhere Effizienz zu erreichen."

Formel E 2018: Alles zum neuen Elektro-Rennauto GEN2: (03:03 Min.)

Formel E statt Le Mans

Die Arbeiten am Motor finden im ursprünglich für das LMP1-Programm bereitgestellte Hochspannungslabor statt. Porsche hatte sich zum Ende der vergangenen Saison aus der WEC Langstrecken-Weltmeisterschaft zurückgezogen. "Unsere Komponenten werden auf den gleichen Prüfständen wie die der Mission E getestet", erklärt Seidl. "In diesem Szenario arbeiten die Ingenieure der Bereiche Motorsport und Sportwagen eng zusammen. Schließlich ist es unser gemeinsames Interesse, einen möglichst leichten elektrischen Antriebsstrang zu entwickeln."

Und dann wäre da natürlich noch die Frage nach den Fahrern, die zum einen das Auto testen und später in den Rennen einsetzen werden. Laut Seidl wird Porsche auf Piloten aus dem eigenen Werkskader zurückgreifen statt sich Formel E erfahrene Rennfahrer 'einzukaufen'. Es ist noch eine Weile hin, aber Andre Lotterer gilt als logischer Kandidat. Der dreifache Le-Mans-Sieger sammelt seit dieser Saison Erfahrungen beim Techeetah-Team an der Seite des Titelfavoriten Jean-Eric Vergne.

Quartett deutscher Premium-Hersteller

Ein weiterer Kandidat mit Porsche-Werksvertrag ist Neel Jani. Der Schweizer hätte eigentlich die komplette Saison in der Formel E bestreiten sollen. Beim Auftakt in Hongkong ging er für das Dragon-Team an den Start. Nach internen Unstimmigkeiten - Porsche-Ingenieure waren ursprünglich als Support eingeplant - verließ Jani das Team nach nur zwei Rennen. Dabei betonte er, dass er auch in Zukunft offen für die Formel E sei - dann vielleicht direkt mit dem Werksteam oder schon in der kommenden Saison, um sich weiter einschießen zu können?

Neben Porsche steigt zur Saison 2019/20 mit Mercedes-Benz ein weiterer Premium-Hersteller in die Formel E ein. Die beiden deutschen Autobauer komplettieren das Quartett mit Audi und BMW. Die Münchner starten ab Ende 2018 werksseitig in der Formel E, Audi ist seit dieser Saison mit einem kompletten Werkseinsatz dabei. Mercedes bereitet seinen Einstieg mit Langzeitpartner HWA vor, das als 11. Team ebenfalls in der kommenden Saison debütiert. Gegner sind Autohersteller wie Nissan (statt Renault bei e.dams), Jaguar, DS (Citroen) oder Mahindra aus Indien.