Quälende 2002 Tage musste Daniel Abt auf seinen nächsten Sieg im Motorsport warten. 2012 gewann der Kemptener in der GP3-Serie das vorletzte Rennen der Saison in Monza, bevor eine lange Dürrezeit einsetzte. Bis zum Mexiko ePrix der Formel E am vergangenen Samstag: Abt sicherte sich beim fünften Saisonrennen den Sieg. Seinen ersten im 38. Anlauf in der Formel E, den ersten eines deutschen Fahrers in der Serie sowie den ersten für das Audi-Werksteam.

Mit einem souveränen Vorsprung von 6,398 Sekunden überquerte Abt die Ziellinie vor dem Zweitplatzierten Oliver Turvey (NIO) sowie Sebastien Buemi aus dem Renault-Team. Einen größeren Abstand gab es in dieser Saison nur beim Saisonauftakt in Hongkong, als Rennsieger Sam Bird (Virgin) mehr als 11 Sekunden Vorsprung auf den amtierenden Meisterschaftsführenden Jean-Eric Vergne (Techeetah) hatte.

Wie gelang es Abt, das Mexiko-Rennen vom fünften Startplatz aus zu gewinnen - in einem Rennen, das insgesamt ohne größere Zwischenfälle ablief und das auf einer Strecke, auf der Überholmanöver nur bedingt möglich sind. Motorsport-Magazin.com analysiert die Faktoren, die zum Sieg des 25-Jährigen führten.

1. - Der Start

Abt hatte sich im Qualifying für den sechsten Startplatz qualifiziert. Da der eigentlich Drittplatzierte Alex Lynn (Virgin) wegen eines Getriebewechsels 10 Startpositionen zurückfiel, rutschte Abt auf den fünften Platz nach vorne. Damit startete er gleichzeitig von der linken und besseren Streckenseite. Abt erwischte einen guten Start und konnte schon vor der ersten Kurve am Viertplatzierten Antonio Felix Da Costa vorbeiziehen. Nach Runde 1 lag Abt hinter Rosenqvist, Turvey und Buemi an vierter Position.

2. - Rosenqvists Ausfall

Das Rennen hätte auch ganz anders ausgehen können, wenn nicht plötzlich Pole-Setter Felix Rosenqvist Probleme bekommen hätte. In der 15. Runde versetzte ihm ein Systemfehler im Batteriemanagement-System einen zwischenzeitlichen technischen K.o. Rosenqvist fiel vom ersten bis auf den letzten Platz zurück. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er sich bereits einen Vorsprung von gut drei Sekunden auf Verfolger Turvey herausgearbeitet.

Mit Blick auf die Pace des Mahindra-Autos im Vergleich zu Turveys NIO, hätte Rosenqvist in der Folgezeit vermutlich noch mehr Boden gutmachen können. Das hätte es für seine Verfolger schwierig gemacht, diese Zeit aufzuholen. Nach dem Quasi-Ausfall des Schweden führte Turvey das Feld ab der 15. Runde vor Buemi und Abt an.

Formel E 2018: So gewann Daniel Abt den Mexiko ePrix (04:48 Min.)

3. - Buemis Fehler

Abt biss sich in den ersten 20 Runden des Rennens an Vordermann Buemi die Zähne aus. Dessen Renault ist nicht nur ähnlich schnell wie Abts Audi, obendrein gilt der Franzose als schwer zu überholender Fahrer. Beide Fahrer fuhren bis auf Hundertstel getrennt ähnliche Rundenzeiten im niedrigen 1:14er Bereich. Im Rennen betrug Abts Durchschnittzeit 1:03.728 Minuten, Buemi fuhr seine Runden in durchschnittlich 1:03.752 Minuten.

Abt hing Buemi lange im Heck, kam aber nicht vorbei. Dadurch konnten sich Rosenqvist und Turvey an der Spitze etwas Luft verschaffen. "Ich hing hinter Buemi fest", erklärte Abt. "Ich musste überholen, weil ich sah, dass die anderen vorne wegziehen konnten. Das war aber nicht einfach. Dann habe ich ihn in einen Fehler gedrängt und das hat auch funktioniert."

In Runde 21 war es soweit: Unter Abts Druck verbremste sich Buemi auf dem Weg in die erste Kurve, sodass der Audi-Pilot überholen und den zweiten Platz übernehmen konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte Abt 3,6 Sekunden auf den Führenden Turvey. In den folgenden Runden konnte Abt den überlegenen Speed seines Audi nutzen und zum Briten aufschließen. Innerhalb von drei Runden verkürzte Abt den Rückstand bis auf eine Sekunde. In Runde 24 bog Turvey gefolgt von Abt in die Boxengasse zum Autowechsel ab.

Mexiko Top-5: Durchschnittliche Rundenzeiten im Rennen

FahrerTeamDurchschnitts-Zeit
1Lucas di GrassiAudi1:03.715
2Oliver TurveyNIO1:03.721
3Daniel AbtAudi1:03.728
4Nelson PiquetJaguar1:03.735
5Sebastien BuemiRenault1:03.752

4. - Die Boxenstopps

Abt hatte sich zu den Boxenstopps aus eigener Kraft in eine siegreiche Position gebracht. Den Triumph perfekt machten dann auf der einen Seite ein ultraschneller Autowechsel von Audi und auf der anderen Seite ein kleines technisches Problem seitens NIO und Turvey.

Abt und Audi brauchten genau 40,871 Sekunden in der Boxengasse, um vom ersten ins zweite Auto wechseln. Tuvey hingegen war ganze 45,559 Sekunden in der Boxengasse beschäftigt. Bei einem Unterschied von knapp 5 Sekunden war es kein Wunder, dass Abt die zweite Rennhälfte als Führender antrat.

Turveys Autowechsel wäre eigentlich ähnlich schnell verlaufen, doch der NIO-Fahrer bekam kurzzeitig den Gang in seinem zweiten Auto nicht rein. Laut eigener Aussage habe ihn das bis zu drei Sekunden Zeit gekostet.

Trotz Turveys Problem hatte das Audi-Team einen großen Anteil an Abts späterem Sieg. Dem Kemptener gelang der drittschnellste Boxenstopp aller 20 Piloten im Feld. Schneller waren nur Felix Rosenqvist (39,929 Sekunden) und Andretti-Pilot Antonio Felix Da Costa (40,420 Sekunden). Im Schnitt brauchten die meisten Fahrer mehr als 42 Sekunden von der Boxengasseneinfahrt bis zu Ausfahrt. Da die Mindestwartezeit inzwischen abgeschafft wurde, sind die Teams noch mehr für schnelle Autowechsel verantwortlich.

Mexico-City ePrix: Die 5 schnellsten Boxenstopps

FahrerTeamZeit
1Felix RosenqvistMahindra39,929 Sekunden
2Antonio Felix Da CostaAndretti40,420 Sekunden
3Daniel AbtAudi40,871 Sekunden
4Jean-Eric VergneTecheetah41,703 Sekunden
5Nick HeidfeldMahindra41,923 Sekunden

5. - Der zweite Rennstint

Nachdem das Feld von allen Boxenstopps bereinigt war, führte Abt mit 3,7 Sekunden Vorsprung auf Turvey. Bis zur 31. Runde hatte dieser den Rückstand auf den Führenden auf 2,6 Sekunden verkürzt. In der Formel E ist es üblich, dass die Abstände meist relativ gering bleiben. Da es häufig Safety-Car-Phasen gibt, achten die Fahrer eher auf das Energie-Management statt mit aller Kraft einen großen Vorsprung herausfahren zu wollen.

Abt kontrollierte deutlich die Pace und damit Verfolger Turvey. Der geriet ab Runde 31 in Schwierigkeiten, weil Buemi von hinten für mächtig Druck sorgte. Der Franzose hatte zuvor mittels Fanbost den dritten Platz von Jean-Eric Vergne übernommen. Gegen den heranstürmenden Buemi musste sich Turvey mit aller Macht wehren, was gleichzeitig Abt Luft verschaffte. Buemi drückte bis zur 47. und letzten Runde, kam aber nicht an Turvey vorbei.

Abts Sieg war am Ende Routine, doch bis zum Zieleinlauf schwitzte er kräftig. Schon zu oft hatten ihn technische Probleme urplötzlich zurückgeworfen. Auch andere Piloten verloren den eigentlich sicheren Sieg in den letzten Runden. "In der Formel E weiß man nie, ob man gewinnt, bis man die Ziellinie überquert", sagte Abt. "Ich habe versucht, die Konzentration hoch zu halten, keinen Fehler zu machen und das Ding nach Hause zu bringen."

Es klappte und der erste Sieg eines deutschen Fahrers in der Formel E war perfekt. Damit revanchierte sich Abt auch für den nachträglich verlorenen Sieg beim Saisonauftakt in Hongkong. Er hatte das Sonntagsrennen gewonnen, wurde wegen falscher Eintragungen im Wagenpass seines zweiten Autos allerdings disqualifiziert. Nach fünf von zwölf Saisonrennen ist Abt nun Sechster in der Gesamtwertung.