Von außen betrachtet sehen alle Formel-E-Autos gleich aus. Kein Wunder, nutzt die Serie seit Beginn ein Einheitschassis. Unter der Haube der Elektro-Rennwagen sieht das ganz anders aus. Die Hersteller und Teams dürfen schon jetzt einige Bereiche komplett in Eigenregie entwickeln. Der Antriebsstrang, der aus Motor, Getriebe, Inverter, Kühlsystem, Teilen der Hinterradaufhängung sowie der Software besteht, kann frei gestaltet werden.

Bei Motor und Getriebeeinheit gibt es riesengroße Unterschiede zwischen den einzelnen Autos, die nicht nur für Elektro-Antrieb, sondern auch speziell für Stadtkurse gebaut worden sind. Die Teams müssen sich entscheiden, ob sie bei der Motor/Getriebe-Kombination möglichst viel Gewicht einsparen, möglichst viel Drehmoment erzeugen oder eine möglichst ausgeglichene Balance erzielen wollen.

Formel E: Unterschiedliche Motoren und Getriebe

Im Starterfeld gibt es unterschiedliche Lösungen, wie einen Twin-Elektromotor mit einem einzelnen Gang, oder einen einzelnen Elektromotor gekoppelt mit zwei oder alternativ auch drei Gängen. Die Entwicklung ist seit dem Beginn der Serie vor gut drei Jahren rasant vorangeschritten, zwischen den einzelnen Saisons tüfteln die Teams an der Technik ihrer Rennautos, die ansonsten eingefroren sind.

So auch Audi, das zu Saisonbeginn 2017/18 die Mannschaft von Abt komplett übernommen hat. Audi/Abt fuhr bis zur dritten Saison mit einem einzelnen Elektromotor und drei Gängen. Zur aktuellen Saison haben die Ingenieure aus Ingolstadt umgerüstet. Die beiden Fahrer Daniel Abt und Lucas di Grassi kommen seitdem mit einem einzigen Vorwärtsgang in ihrem e-tron FE04-Rennwagen aus. Dies war die laut Audi größte Neuerung im Auto seit der werksseitigen Übernahme.

1 Gang, 3 Gänge: Wo ist der Unterschied?

Wo liegt nun der Unterschied zwischen drei Gängen und nur einem Gang? Der einfachste ist der reine Schaltvorgang. Die Fahrer müssen beim Beschleunigen nun nicht mehr die einzelnen Gänge einlegen. Das macht das Fahren nicht nur angenehmer aus Fahrersicht, sondern spart auch Zeit, denn: Ein Gangwechsel bedeutet immer eine Kraftunterbrechung und damit geringere Leistungsabgabe.

Der Wechsel aufs Ein-Gang-Getriebe wirkt sich in bestimmten Bereichen aus. Beim Startvorgang etwa spielt die Änderung quasi keine Rolle. Bis zur ersten Kurve schalteten die Fahrer auf den engen Stadtkursen ohnehin nicht vom ersten in den zweiten Gang. Erst ab einem höheren Geschwindigkeitsbereich musste geschaltet werden, um die volle Leistung erzielen zu können bei den Autos, die per Reglement auf einen Topspeed von 225 km/h begrenzt sind - und auf den winkligen Stadtkursen ohnehin nicht mehr Spitzengeschwindigkeit erreichen würden.

Formel E: Daniel Abt spricht über Hongkong-Horror: (13:53 Min.)

Kraftverlust auf der Geraden

"Vorher war es so, dass wir auf Dreiviertel der Geraden hochschalten mussten, um die volle Geschwindigkeit zu erreichen", erklärt Daniel Abt im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Sonst wären wir in den Begrenzer gefahren. Und dieser Schaltvorgang bedeutete einen kleinen Kraftverlust, in dem Moment verlor man also ein bisschen Geschwindigkeit. Das haben wir jetzt nicht mehr."

In einem Formel-E-Auto ist die Ein-Gang-Lösung theoretisch die bestmögliche, um Zeit für den Gangwechsel einzusparen. In anderen Rennserien wie der Formel 1, in der die Autos acht Gänge nutzen, oder der DTM mit ihren sechs Gängen sieht das wegen der unterschiedlichen Anforderungsprofile und einem Verbrennungs- statt Elektromotor ganz anders aus.

"Die Gangschaltung wurde erfunden, weil Verbrennungsmotoren nicht gut genug sind, um in jedem Drehzahlbereich die größtmögliche Power zu liefern", sagt der amtierende Formel-E-Champion Lucas di Grassi zu Motorsport-Magazin.com. "Wir haben Getriebe, weil die Leistungsabgabe eines Verbrennungsmotors sehr limitiert ist. Es braucht mehrere Gänge, um das zu kompensieren. Ein Getriebe ist mit Blick auf die Beschleunigung also nicht die bestmögliche Lösung."

Audi e-tron FE04: Technische Daten

Bereich Erklärung
Monocoque Einheitliches Spark-Chassis in Verbundfaser-Konstruktion aus Carbonfasern mit Aluminium-Wabenkern
Karosserie Einheitliche Spark Carbon-Karosserie, einheitliche Front- und Heckflügel
Motor-Generator-Einheit (MGU) Audi Schaeffler MGU02
Leistung Training und Qualifying 200 kW (272 PS)
Leistung Rennen 180 kW (245 PS) plus FanBoost (+ 100 kJ Energie)
Batterie Rechargeable Energy Storage System (RESS) von Williams Advanced Engineering, maximal 200 kg, Lithium-Ionen-Zellen von Xalt, Batteriekapazität 34 kWh, davon 28 kWh nutzbar, Ladezeit ca. 45 Minuten
Antriebsart Heckantrieb
Getriebe 1-Gang-Renngetriebe
Lenkung Zahnstangen-Lenkung, abnehmbares Lenkrad mit Schnellverschluss, Display, Schalt- und Regenwippen sowie FIA-Marshalling-Anzeige
Fahrwerk Vorn und hinten Einzelrad-Aufhängung an unteren und oberen Stahl-Querlenkern, Pushrod-System, Torsionsstäbe vorn, Federaufhängung hinten, je zwei Stoßdämpfer vorn und hinten, verstellbare Stabilisatoren vorn und hinten, Fahrzeughöhe, Spur und Sturz einstellbar, zwei Radhalteseile pro Rad
Bremsen Hydraulische Zweikreis-Bremsanlage, Leichtmetall- Bremssättel, Kohlefaser-Bremsscheiben vorn und hinten, Bremskraftverteilung einstellbar
Felgen Aluminium-Felgen, vorn 9 x 18 Zoll und hinten 11 x 18, Mindestgewicht pro Rad vorn 7 kg, hinten 8 kg
Länge 5.000 mm
Breite 1.790 mm
Höhe 1.070 mm
Radstand 3.100 mm
Mindestgewicht 880 kg (inkl. Fahrer)
0–100 km/h Ca. 3,5 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 225 km/h (abgeregelt)