Die Formel E startet am 2. Dezember in Hongkong in ihre 4. Saison. Mit am Start sind gleich vier deutsche Fahrer: Die beiden FE-Pioniere Daniel Abt und Heidfeld, dazu Maro Engel vor seiner zweiten Saison sowie Rookie Andre Lotterer. Damit ist Deutschland die am stärksten vertretene Fraktion im Starterfeld der Formel E. Vor dem Saisonauftakt checkt Motorsport-Magazin.com die Chancen des deutschen Quartetts.

Daniel Abt - Audi Sport Abt Schaeffler

Daniel Abt steht vor seiner vierten Saison in der Formel E. Mehr als je zuvor gehört der 24-Jährige zum Kreis der Titelanwärter, sogar die britischen Experten schätzen den Deutschen sehr hoch ein. Gelingt Abt in der Saison 2017/18 endlich der Durchbruch, vor dem er schon so lange steht? Neben Stephane Sarrazin ist er der Fahrer mit den meisten Rennen ohne Sieg. In bislang 33 ePrix fuhr er 4 Mal aufs Podium und sicherte sich eine Pole Position.

Damit ist Abt der jüngste Pole-Setter in der Geschichte der Formel E und gleichzeitig der jüngste Fahrer, der in einem Rennen die schnellste Runde erzielte. Mit Champion Lucas di Grassi hat Abt die absolute Messlatte im eigenen Team. Dass er nun erstmals als Audi-Werksfahrer Rennen fährt, dürfte zusätzliche Motivation sein.

Dass Audi nun Abt komplett übernommen hat, dürfte auch Daniel Abt helfen. Bei den Testfahrten in Valencia hinterließ die Truppe den stärksten Eindruck, war konstant schnell und spulte die meisten Kilometer ab. Wenn es Audi gelingt, diese Form mit in die Saison zu nehmen, dürfte Abts erster Sieg in der Formel E nur eine Frage der Zeit sein.

Nick Heidfeld - Mahindra Racing

Während die Formel-E-Welt ständig über Audi und Renault spricht, hat sich Nick Heidfelds Team Mahindra zum Geheim-Favoriten gemausert. Der indische Rennstall schloss die vergangene Saison als Gesamtdritter ab, Heidfelds Teamkollege Felix Rosenqvist wurde Dritter hinter di Grassi und Buemi. Heidfeld selbst beendete die Saison mit fünf Podestplätzen als Siebter.

Mit insgesamt sieben Podiumsplatzierungen ist Formel-E-Pionier Heidfeld der fünfterfolgreichste Fahrer in der Geschichte der Serie - und gleichzeitig der mit den meisten Podestplätzen ohne einen Sieg. Darauf wartet er noch in der Formel E. Ein Manko, dass dem 183-fachen GP-Starter schon in der Formel 1 anhaftete.

Zweimal scheiterte Heidfeld in der FE hauchdünn, beim allerersten Rennen wurde er in der letzten Kurve von Nico Prost in die Mauer geschossen. Er ist weiter überzeugt, dass der erste Sieg in der Formel E nur eine Frage der Zeit ist. Teamkollege Rosenqvist hat es in Berlin geschafft und Heidfeld meinte selbst, dass der Schwede in seiner Rookie-Saison einen besseren Job gemacht habe. Heidfeld zu Motorsport-Magazin.com: "Ich weiß, was ich falsch gemacht habe. Ich merke auch, dass ich für die kommende Saison motiviert bin wie schon lange nicht mehr."

Maro Engel - Venturi

Maro Engel steht vor seiner zweiten Saison in der Formel E. Vermutlich sogar der ersten vollen, nachdem er 2017 das Rennen in Paris zugunsten seines DTM-Engagements mit Mercedes auslassen musste. Engel galt als einer der schnellsten Rookies im Feld. Sein allererstes Formel-E-Rennen in Hongkong beendete er als Neunter, mit Platz fünf beim Heimrennen in Monaco erzielte er sein bislang bestes Ergebnis.

Was Engel - seit Jahren absoluter GT-Spezialist - wirklich im Formelauto drauf hat, konnte er in der vergangenen Saison nur zeitweise unter Beweis stellen. Technische Probleme plagten sein Venturi-Team, mit dem er nun seine zweite Saison an der Seite von DTM-Kollege Edo Mortara in Angriff nehmen wird. In 6 seiner 11 Rennen in der Formel E sah Engel die Zielflagge nicht.

Während der diesjährigen Sommerpause übernahm Engel den Großteil der Entwicklungsarbeit bei Venturi. Jeder Kilometer im Formel-Boliden dürfte ihm helfen, sich weiter an die Technik und die komplizierten Abläufe zu gewöhnen. Bei den offiziellen Testfahrten in Valencia hatte Venturi ebenfalls mit technischen Problemen zu kämpfen, ein fehlerhaftes Teil im Getriebe kostete wertvolle Zeit. Hält die Technik diesmal, ist Engel einiges zuzutrauen. Zwei schnellste Rennrunden hintereinander gehen auf sein Konto - das schafft nicht jeder in der Formel E.

Andre Lotterer - Techeetah

Andre Lotterers Debüt in der Formel E wird mit großer Spannung erwartet. Eine durchaus mutige Entscheidung des Deutschen, im Alter von 36 Jahren in eine komplett unbekannte Rennserie einzusteigen. Unabhängig von der Serie lastet auf Lotterer grundsätzlicher Erfolgsdruck. Kein Wunder bei seinen bisherigen Leistungen. Drei Gesamtsiege bei den 24 Stunden von Le Mans, WEC-Weltmeister, zweifacher Super GT-Champion und seit 2003 überragend in der japanischen Super Formula, ehemals Formel Nippon, unterwegs.

Das Formel-E-Auto bedeutet eine neue Herausforderung für Lotterer, doch aus der WEC ist er immerhin grundsätzliches Energie-Management gewohnt - und Formel-Autos fährt er durchgehend seit mehr als 15 Jahren. Der Wahl-Japaner fährt an der Seite von Jean-Eric Vergne für das recht junge Team Techeetah, das in der vergangenen Saison debütierte und aus dem alten Aguri-Team hervorging.

Vergne wusste mit Techeetah, das den Antrieb von Renault gekauft hat, durchaus zu überzeugen. Platz fünf stand am Ende in der Teamwertung, ebenso wie P5 für Vergne in der Fahrermeisterschaft. Wegen des Motoren-Deals fehlen Techeetah die Testtage vor der Saison - das erlaubte Kontingent schnappte sich Renault komplett. Nur in Valencia konnte Lotterer rund 600 Kilometer zurücklegen, um das Auto zu erlernen. Lotterer wird die ersten Rennen dazu nutzen, möglichst viel zu lernen. Danach ist dem Porsche-Werksfahrer alles zuzutrauen.