In ihrer Anfangszeit wurde die Formel E im Fahrerlager häufig belächelt. Eine reine Marketing-Plattform, fernab vom 'echten' Motorsport, hieß es. Auch die Fahrer aus den ersten Saisons - egal, wie bekannt der Name in der Szene - wurden zunächst belächelt. Die Zeiten sind allerdings vorbei. Inzwischen gilt die Formel E unter Rennfahrern als beliebte Anlaufstelle und angepeiltes Ziel für eine langfristige Motorsportkarriere.

"In der Fahrerszene kenne ich kaum noch jemanden, der die Formel E belächelt", sagte Maro Engel zu Motorsport-Magazin.com. "Ich kenne einige Fahrerkollegen, die die Formel E am Anfang nicht so ganz ernst genommen haben. Jetzt ist es ganz anders, das Gegenteil ist der Fall." Engel steht vor seiner zweiten Saison in der Elektro-Rennserie, zuletzt fuhr er parallel dazu für Mercedes in der DTM.

Formel E: Das vielleicht stärkste Fahrerfeld

Der amtierende Formel-E-Champion Lucas di Grassi ging noch einen Schritt weiter und hob das Fahrerfeld und den Wettbewerb besonders hervor. "Es gibt gleich sechs oder sieben Teams, die ein siegfähiges Paket haben, dazu das vielleicht stärkste Fahrerfeld im internationalen Motorsport", sagte der Audi-Pilot und Formel-E-Pionier.

Wirft man einen Blick auf das 20 Mann starke Fahrerfeld, wird klar: Die Formel E ist einen Monat vor dem Start in die vierte Saison gespickt mit Stars der Szene. 13 der Fahrer saßen in ihrer bisherigen Karriere mindestens einmal in einem Formel-1-Auto. 7 Piloten starteten bei F1-Rennen: Nick Heidfeld, Jean-Eric Vergne, Sebastien Buemi, Nelson Piquet Junior, Jerome d'Ambrosio, Lucas di Grassi und Andre Lotterer.

Heidfeld führt Formel-1-Fraktion an

Zusammen bestritten diese sieben Fahrer bislang 374 Grands Prix in der Formel 1. Allen voran Heidfeld, der von 2000 bis 2011 in der Königsklasse unter anderem für Sauber, Williams und Lotus-Renault am Start war. Heidfeld fuhr in 186 Rennen insgesamt 13 Mal aufs Podium, seine beste Gesamtplatzierung war Platz 5.

Die zweitmeisten GP-Starts aller Formel-E-Fahrer hat Jean-Eric Vergne. Der Franzose fuhr 2012 bis 2014 in der Formel 1 und stieg 61 Mal für Toro Rosso ins Cockpit. Später übernahm er die Rolle des Test- und Ersatzfahrers bei Ferrari. Sebastien Buemi war Vergnes Vorgänger bei Toro Rosso. Der Formel-E-Champion 2015/16 fuhr zwischen 2009 und 2011 55 Rennen für Toro Rosso und agierte später als Ersatzmann von Red Bull.

Auch der erste Formel-E-Champion Nelson Piquet (28 Rennen), Jerome d'Ambrosio (24 Rennen), Lucas di Grassi (19 Rennen) und nicht zuletzt Einmal-Starter Andre Lotterer (2014, Belgien GP für Caterham) blicken auf Erfahrung in der Formel 1 zurück.

Neben den ehemaligen Stammfahrern tummeln sich zahlreiche Piloten in der Formel E, die zumindest Kontakt mit der Formel 1 hatten. Darunter junge Nachwuchstalente als auch langjährige Test- und Ersatzfahrer. Neel Jani, Oliver Turvey, Sam Bird, Nico Post, Edo Mortara und Alex Lynn saßen an mindestens einem Testtag in einem Formel-1-Rennwagen. Der Brite Turvey gehört gar seit 2009 zum festen Testteam von McLaren und saß noch in diesem Jahr im McLaren-Honda.

Le-Mans-Sieger im Starterfeld

Möchte man nicht nur die Formel 1 als Gradmesser für ein starkes Fahrerfeld hernehmen, bietet sich ein Blick auf die weiteren Erfolge der einzelnen Fahrer an. Heraus sticht Andre Lotterer, der mit Audi dreimal die 24 Stunden von Le Mans gewann. Porsche-Teamkollege Neel Jani, der ebenfalls vor seiner ersten Saison in der Formel E steht, gewann den 24-Stunden-Klassiker 2016. Sebastien Buemi wurde 2014 WEC-Weltmeister und stand in Le Mans zweimal auf dem Podest. Formel-E-Rivale di Grassi fuhr in Le Mans sogar dreimal zum Podiumserfolg. Auch Sam Bird gelang bereits ein großer Erfolg in der Langstreckenweltmeisterschaft: 2015 krönte er sich zum Champion in der LMP2-Klasse.

Formel 1 und WEC sind nicht die einzigen Top-Serien, in denen Fahrer aus der Formel E auf Erfolge zurückblicken. Edoardo Mortara gehört seit Jahren zu den Spitzenpiloten in der DTM, 2016 wurde er Vize-Meister. Der Italo-Schweizer fährt diese Saison an der Seite von Mercedes-Kollege Maro Engel für das monegassische Team Venturi.

Nennenswert ist auch Felix Rosenqvist, der an der Seite von Nick Heidfeld ein starkes Debüt in der Formel E ablieferte. Der Schwede machte vor allem durch seine zwei Siege beim Macau Grand Prix auf sich aufmerksam und ergatterte dadurch ein Cockpit bei Mahindra Racing.