Liebe Motorsport-Magazin.com-Leser,

seit meiner letzten Kolumne habe ich eine halbe Weltreise unternommen. Nach der Formel E in Peking und der GP2 in Russland bin ich zunächst nach Indianapolis geflogen, um mich für meinen Indycar-Test vorzubereiten. Dort gibt es einen Dallara-Simulator, in dem ich einen halben Tag mit Andretti-Ingenieuren trainiert habe. Danach ging es zum eigentlichen Test nach Alabama in den Barber Motorsports Park.

Der Ausflug machte Abt sichtlich Spaß, Foto: Daniel Abt
Der Ausflug machte Abt sichtlich Spaß, Foto: Daniel Abt

Der Unterschied zur GP2 ist gar nicht so groß. Von der Geschwindigkeit her sind die Autos auf GP2-Nievau, vielleicht ein kleines bisschen schneller. Man hat aber nicht das Gefühl, es wäre etwas komplett Neues. Das Auto an sich war sehr geil zu fahren, es hat viel Spaß gemacht. Vor allem die Reifen sind sehr gut. Es ist schön, einen Reifen zu haben, der jede Runde funktioniert und man sich nicht ständig Gedanken machen muss, ob er eine Abkühlrunde benötigt oder nicht. Ich habe mich sehr schnell wohl gefühlt in dem Auto.

Ich habe mir die Strecke mit Josef Newgarden und J. R. Hildebrand geteilt. Ich war etwa so schnell wie Newgarden, am Ende hat mir nur eine Zehntel auf ihn gefehlt. Hildebrand war ein oder zwei Zehntel langsamer. Für das erste Mal waren die Zeiten recht ordentlich, zumal Newgarden auf dieser Strecke sehr stark war in der abgelaufenen Saison.

Den Test habe ich gemacht, um meinen Horizont zu erweitern, um andere Dinge zu sehen, um ein Gefühl für das Thema Indycar zu bekommen. Es könnte auf jeden Fall eine Option für das nächste Jahr sein, aber schwer zu sagen, was daraus entsteht. Denn es ist auch nicht so einfach, dort ein gutes Cockpit zu bekommen. Finanziell ist es dort nicht viel anders als in Europa: Motorsport kostet auch in den USA Geld. Natürlich hätte man die Möglichkeit, mit einem großen Sponsor an ein Cockpit zu kommen. Gerade bei einem Topteam wie Andretti ist das aber nicht so. Sie müssen sich zwar auch finanzieren, aber sie haben ihre eigenen Teamsponsoren.

GP2-Test nach der Saison

In Abu Dhabi testet Abt noch einmal mit Hilmer Motorsport, Foto: Malcolm Griffiths/GP2 Series Media Service
In Abu Dhabi testet Abt noch einmal mit Hilmer Motorsport, Foto: Malcolm Griffiths/GP2 Series Media Service

Man kann auch in der Indycar fahren, ohne einen Sponsor mitzubringen und man kann auch Geld verdienen. Die GP2 ist eine Nachwuchsserie, Indycar hingegen ist in Amerika die größte Serie überhaupt. Das sind schon andere Begebenheiten. Deshalb war es ganz gut, das zu sehen, sich zu zeigen, präsent zu sein und eine Verbindung zu einem Team herzustellen. Es war ein guter erster Schritt.

In Abu Dhabi werde ich noch einen Tag für Hilmer Motorsport in der GP2 testen, aber eine Entscheidung für die nächste Saison ist noch nicht gefallen. Ich habe natürlich gewisse Vorstellungen für 2015. Es ist aber nicht einfach, die richtige Entscheidung zu treffen, weil sich die Formel E mit anderen möglichen Serien überschneidet. Im Moment muss ich einfach abwarten.

Abt steigt wieder ins Formel-e-Cockpit, Foto: Formel E
Abt steigt wieder ins Formel-e-Cockpit, Foto: Formel E

Jetzt geht es aber erst einmal wieder in der Formel E rund. Weil der ePrix in Malaysia zeitgleich mit dem GP2-Finale in Abu Dhabi gefahren wird, musste ich eine Entscheidung treffen. Und ich möchte mich auf die Formel E konzentrieren. Meine aktuelle Position in der GP2 ist nicht besonders aussichtsreich und in der Formel E waren wir von Anfang an vorne dabei - auch wenn im Rennen leider etwas schief ging.

Gut ist, dass wir wissen, wo das Problem lag: Es war einfach eine Verkettung unglücklicher Umstände. Durch das frühe Safety-Car hat sich der Energieverbrauch geändert und das Boxenstoppfenster hat sich verschoben. Wir wollten deshalb eine Runde länger fahren. Wir wussten aber nicht, ob es noch für eine ganze Runde mehr reicht. Lucas und ich haben von uns aus entschieden, doch schon zum ursprünglich geplanten Zeitpunkt an die Box zu kommen. Deshalb musste ein Ingenieur die Anzeige umstellen und eine andere Rundenanzahl für den zweiten Stint eingeben. Dadurch haben wir leider Zeit verloren und am Ende war die Anzeige doch falsch.

Wie in einem schlechten Film

Wenn diese Anzeige nicht passt, hat man eigentlich noch die Backup-Lösung, mit dem Team zu kommunizieren und sich informieren zu lassen. Da bei mir der Funk ausgefallen ist, war das auch hinfällig. Deshalb konnte ich nur nach dem zuvor errechneten Verbrauch fahren. Ich wusste, wo mein Verbrauch liegen muss. Man sieht im Cockpit aber nur die erste Nachkommastelle des Verbrauchs. Deshalb waren es am Ende 0,2 Kilowattstunden zu viel. Wenn die Systeme funktionieren, ist es als Fahrer machbar. Wir werden dafür sorgen, dass dieses Problem nicht noch einmal auftritt.

Das Gefühl, eigentlich auf dem Podium zu stehen, dann aber bestraft zu werden, war Horror. Man fühlt sich wie in einem schlechten Film. Bis dahin war der ganze Tag fast wie aus dem Bilderbuch. Viele haben Fehler gemacht und wir haben bis dahin alles richtig gemacht. Das Auto nicht beschädigt, im Qualifying fast Pole Position geholt und im Rennen absolut konkurrenzfähig gewesen. Es wäre schön gewesen, gleich beim ersten Rennen auf dem Podium zu stehen. Es hat schon ein paar Stunden gedauert, bis ich damit klargekommen bin.

Aber jetzt freue ich mich einfach auf das zweite Rennwochenende der Formel-E-Geschichte! Ich würde mich natürlich freuen, wenn ihr beim Fanboost für mich votet. Danke!