Der Kampf um den Sieg im Hauptrennen der Formel 2 wurde in Spa mit harten Bandagen geführt. Fast das halbe Rennen lang machte Red-Bull-Junior Yuki Tsunoda Jagd auf den Führenden Nikita Mazepin. Zwei Mal attackierte Tsunoda aggressiv außen in Les Combes, zwei Mal drückte ihn Mazepin von der Strecke.

Das zweite Mal war den FIA-Stewards zu viel. Sie belegten Mazepin kurz nach dem Ende des Rennens auf der Auslaufrunde mit fünf Strafsekunden. Mazepin, der eigentlich auf Platz eins ins Ziel gekommen war, landete im Klassement daher plötzlich hinter Tsunoda auf Rang zwei. Während der glückliche Sieger Tsunoda die Strafe versteht, lieferte der unglückliche Bestrafte zuerst im Parc Ferme eine fragwürdige Szene, und spricht dann vom geraubten Sieg.

Mazepin rammt nach Strafe Parc-Ferme-Schild aus dem Weg

Im Fokus nach dem Rennen stand zuerst Mazepins Einbiegen ins Parc Ferme. Er kam als letzter der drei Podiumsfahrer dort an - der siegreiche Tsunoda und der Drittplatzierte Mick Schumacher waren bereits dort. Während Tsunoda sich schon auf den Weg zu seiner Crew machte, rammte Mazepin mit Anlauf das Positionsschild und warf es seinem Kontrahenten direkt vor die Füße.

Absicht, wegen der Strafe? Gegen diesen Vorwurf wehrt sich Mazepin entschieden. "Wir sind normalerweise mit sehr wenig Sprint unterwegs nach jedem Rennen, also versuchte ich so viel wie möglich zu sparen", rechtfertigt er den Zwischenfall mit seiner Auslaufrunde. In der seien seine Bremsen zu stark abgekühlt: "Als ich bremsen wollte, hatte ich nichts mehr unter mir, um zu bremsen."

"Ich denke, das ist ganz normal", verweist Mazepin auf andere Vorfälle, in denen das Positionsschild nach dem Rennen versetzt wurde. Er will da auch noch gar nichts von der Strafe gewusst haben: "Die Frustration kam erst, nachdem ich stoppte. Weil da wurde mir erst gesagt, warum ich auf Platz zwei parkte, weil Platz eins besetzt war."

Mazepin blitzt bei Stewards mit Argumentation ab

Bei den Stewards zog Mazepins Argumentation nicht. Nach der Anhörung sprachen sie ihn schuldig, zu schnell im Parc Ferme angekommen zu sein. Für sie ein unsportliches Verhalten, das auch noch die Personen dort gefährdete. Allerdings kommt er glimpflich davon: Eine Strafe von fünf Startplätzen hängt jetzt bis zum Jahresende über ihm, wird aber erst beim nächsten Verstoß ausgelöst. Das Sprintrennen in Spa darf er ganz normal starten.

Obendrauf kassiert Mazepin einen Strafpunkt, hält jetzt bei drei. Und er bekommt für einen weiteren Zwischenfall eine Verwarnung: Nach seinem Pflichtstopp war er beim Rausbeschleunigen geradeaus durch den Stellplatz eines Gegners gefahren, wo sogar Mechaniker ausweichen mussten. Das ist verboten, jeder Fahrer muss nach dem Stopp so bald als möglich wieder in die eigentliche Boxengasse, die sogenannte "Fast Lane", zurück.

Tsunoda und Mazepin streiten über Spa-Strafe

Aber auch über den eigentlichen Stein des Anstoßes - die Strafe für das Rausdrücken von Tsunoda - wird gestritten. Mazepin: "Für mich habe ich nichts gemacht, für das ich bestraft werden sollte. Ich habe meine Linie gehalten. Habe mich nicht zwei Mal bewegt. Habe verteidigt. Ich war das Auto vorne, das durfte ich alles."

Zwei Mal zwang Mazepin Tsunoda in Les Combes von der Strecke. Beim ersten Mal war Tsunoda nur bis zur Hälfte neben ihm, bevor ihm der Platz ausging und er über den Kerb ausweichen musste. Beim zweiten Mal war er allerdings am Kurvenscheitelpunkt schon vollständig außen daneben, und wurde dann von der Strecke gedrückt. Berührung gab es keine.

"Ich war nicht zu schnell, die Kurve hätte ich noch bekommen", erklärt Tsunoda. "Aber da war kein Platz. Also bin ich von der Strecke runter, und musste in Kurve sechs zurück. Das war ziemlich ungemütlich, auch das Herumhüpfen, das war nicht gut für das Auto." Die Stewards stimmen dem zu, notieren in der Entscheidung: Mazepin hat nicht die geforderte Wagenbreite Platz gelassen.

"Einmal war ich ganz klar neben ihm, sein Vorderreifen neben meinem Vorderreifen", stellt Tsunoda klar. "Er sagt, ich hätte ihn nicht berührt - ich habe die Berührung vermieden, um nicht zu crashen!" Mazepin kann das nicht nachvollziehen: "Es überrascht mich, dass Yuki sagt, dass er mir ausgewichen ist und dass wir sonst kollidiert wären. Wenn er eingelenkt hätte, wären wir kollidiert, aber er hätte sicher in meiner Position dasselbe getan."

Mazepin will Regel-Klarheit nach Spa-Strafe

Mazepins Kritik gilt aber vor allem den Stewards, und der Anwendung von Regeln: "Es wird noch frustrierender, wenn ich daran denke, dass ich im Hauptrennen von Barcelona auf der anderen Seite so einer Situation stand und genau die gleiche Strafe bekam. Ich wurde von der Strecke gedrückt, und dann dafür bestraft, nicht sicher wieder zurückgekommen zu sein."

"Ich verstehe es nicht", so Mazepin. "Aber mein Job ist es jetzt, das zu analysieren, und den Zwischenfall von Barcelona, und davon zu lernen. Ich bin 21, ich will in die Formel 1 kommen. Es ist wichtig, den Blickwinkel der Stewards zu verstehen."