Während für die Formel 1 und Abu Dhabi auf dem bombastischen Yas Marina Circuit eine neue Ära beginnt, endet für BMW Sauber eine andere. Zum letzten Mal geht das Team unter der Führung von BMW an den Start. Ob der neue Besitzer Qadbak jemals einen Grand Prix bestreiten wird, ist noch nicht bekannt.

Mario Theissen fühlt am Vorabend des letzten Rennens noch keine Emotionen. "Das kommt erst noch, jetzt möchte ich erst einmal das Rennen so gut wie möglich beenden", verriet er Motorsport-Magazin.com. Sein Rückblick enthält viele Höhen, aber auch einige Rückschläge. "Das erste Highlight war das erste Rennen bei dem wir in Melbourne 2000 direkt auf dem Podium standen."

Das Besondere daran: BMW hatte vor dem Wiedereinstieg bei Williams keine einzige Renndistanz absolviert, weder bei Testfahrten noch auf dem Prüfstand. "Wir gingen fest davon aus, dass beide Autos im Rennen stehen bleiben würden", erinnert sich Theissen. Bei Jenson Button kam es so, bei Ralf Schumacher nicht. "Er fuhr nicht nur in die Punkte, sondern aufs Podium. Das hat keiner geglaubt."

Danach gab es viele Ups und Downs mit Williams und den Aufbau des eigenen Teams. Nach Jahren der Planerfüllung, ja sogar Übererfüllung zog der Konzern dann Ende Juli 2009 den Stecker. "Wenn man alle Ziele erreicht hat, bis auf das entscheidende große Ziel, ist das schon enttäuschend, denn wir wären sehr gerne als Weltmeister abgetreten", sagt Theissen.

Nah dran war BMW zweimal: Einmal als Motorenlieferant mit Williams 2003 und einmal als eigenes Team 2008. "2003 waren wir näher dran, aber 2008 wäre es ungleich wertvoller gewesen, weil es 100% in Eigenregie gewesen wäre." Robert Kubica beklagt sich noch heute darüber, dass das Team seiner Meinung nach nicht genug pushte, um alles für den Titelgewinn zu geben.

Doppelsieg in Kanada: Der größte Erfolg von BMW Sauber., Foto: Sutton
Doppelsieg in Kanada: Der größte Erfolg von BMW Sauber., Foto: Sutton

"Da kann man sicher drüber streiten", sagt Theissen. Aus seiner Sicht sei es aber nicht der Fall gewesen. "Wir haben uns genauso angestrengt wie im Jahr davor und die Entwicklung des Autos nicht vernachlässigt, aber die Fortschritte waren nicht so gut."

Trotzdem war die Saison 2008 für ihn das absolute Highlight in zehn Jahren Formel 1 mit BMW. "Nicht nur wegen unseres Doppelsieges in Montreal, wir haben auch elf Podestplätze geholt und zeitweise in beiden WM-Wertungen geführt." Daran wollte man 2009 anknüpfen und um den Titel fahren. "Es gab nur ein Problem: Unser Auto war nicht schnell genug." Davon abgesehen sei alles so gekommen, wie man es sich vorgestellt hatte - bis auf den F1-Ausstieg versteht sich.

Der erste Zyklus

Am 24. April 1980 gab BMW das erste Engagement des Unternehmens in der Formel 1 bekannt. Paul Rosche konstruierte aus einem Vierzylinder-Serienblock ein auf 1,5 Liter Hubraum gequetschtes Hightech-Triebwerk. Mit Spezial-Kraftstoff und Turbolader leistete der erste BMW-Formel-1-Motor damals 650 PS. Später wurden durch immer höhere Ladedrücke bis zu 1.400 PS daraus. Von der Ankündigung bis zum Debüt vergingen weniger als zwei Jahre. Am 23. Januar 1982 starteten Nelson Piquet und Riccardo Patrese beim Saisonauftakt in Kyalami auf ihren Brabham-BMW aus der ersten Reihe, schieden jedoch beide früh wegen Unfalls respektive Ölverlusts aus.

Einfach war es für den damaligen BMW-Rennleiter, den letztes Jahr verstorbenen Österreicher Dieter Stappert, zumindest am Anfang nicht, Brabham-Chef Bernie Ecclestone von den BMW-Qualitäten zu überzeugen. Immer wieder drängte der darauf, zwischenzeitlich vor allem in einem Auto, dem von Riccardo Patrese, doch wieder den Ford-Motor einzusetzen, dass Piquet mit dem BMW-Turbo einmal, in Detroit, sogar in der Qualifikation hängenblieb, half auch nicht gerade. Doch eine Woche nach diesem Tiefpunkt feierte man den ersten Sieg: Am 13. Juni 1982, in Montreal - in sehr gedämpfter Stimmung allerdings - denn Nelson Piquets Triumph mit dem BMW-Turbo wurde überschattet vom tödlichen Startunfall des jungen Italieners Riccardo Paletti.

Die Saison 1983 sollte den ganz großen Erfolg bringen: Brabham-Konstrukteur Gordon Murray reagierte - wie heute Adrian Newey und Ross Brawn - sehr schnell und clever auf ein neues technisches Reglement, außerdem war die BMW Turbo-Power wieder gewachsen. Piquet gewann den Auftakt in São Paulo und es gab neben den Brabham-Piloten einen dritten BMW Turbo-Fahrer: Manfred Winkelhock im ATS BMW. Doch es dauerte zwölf Rennen und genau ein halbes Jahr, ehe Piquet wieder gewann - was den Brasilianer allerdings nicht daran hinderte, sich in der WM dennoch eine sehr gute Ausgangsposition zu schaffen, indem er fleißig Punkte sammelte.

Währenddessen perfektionierte das Team Murrays damals völlig neue Idee vom "geplanten Boxenstopp" - die Tankstopps wurden eines der Erfolgsrezepte von Brabham-BMW. Nach Siegen in Monza und in Brands Hatch reichte Piquet beim Finale in Kyalami der dritte Platz für den ersten Turbo-Weltmeistertitel in der Formel-1-Geschichte - 630 Tage nach dem ersten Einsatz des BMW-Triebwerks der große Triumph für Konstrukteur Paul Rosche und sein Team.

Nelson Piquet wurde mit BMW Weltmeister., Foto: Sutton
Nelson Piquet wurde mit BMW Weltmeister., Foto: Sutton

Doch ganz so erfolgreich ging es danach nicht mehr weiter: McLaren lief mit dem neuen TAG-Porsche-Turbo den Münchnern den Rang ab, und auch bei Brabham gelangen Gordon Murray keine weiteren Geniestreiche mehr. 1984 wurde Piquet noch einmal WM-Fünfter, Gerhard Berger gab mit einem ATS BMW sein Formel-1-Debüt, die kommenden Jahre, mit Engagements bei Brabham, Arrows und Benetton, brachten nur noch Einzelerfolge, wie den Sieg von Berger in Mexiko 1986 mit einem Benetton-BMW, den letzten für den BMW-Vierzylinder. Ende 1987 wurde der Bau der BMW F1-Motoren eingestellt - der erste Ausstieg.

Der zweite und dritte Zyklus

Zehn Jahre später gab BMW auf der Frankfurter IAA 1997 das Comeback bekannt: Zur Saison 2000 werde man mit einem neu entwickelten V10-Saugmotor wieder in die Formel 1 einzusteigen - mit einer "Doppelspitze" zunächst: Neben BMW-Motorsportdirektor Dr. Mario Theissen hatte man sich in München Gerhard Berger als den "Mann aus der Praxis" an Bord geholt. Ab dem 27. April 1999 um 9:26 Uhr testete BMW den neuen Formel-1-Motor im Fahrbetrieb, zunächst auf dem firmeneigenen Versuchsgelände im französischen Miramas. Als Testträger diente ein von Williams übernommenes 98er Chassis, pilotiert von Jörg Müller - der erste offizielle Einsatz folgte bei FIA-Testfahrten am 1. Dezember 1999 in Jerez.

Der Beginn der Geschichte des BMW Williams Teams - das gleich sehr erfolgreich in die Saison 2000 startete. Ralf Schumacher kam am 12. März 2000 in Australien beim ersten Grand Prix der deutsch-englischen Mannschaft als Dritter ins Ziel und sorgte damit für den erfolgreichsten Formel-1-Einstieg eines Motorenherstellers seit 1967. Und der Trend setzte sich fort: Schumacher und der junge Engländer Jenson Button platzierten sich 14 Mal in den Punkterängen, Schumacher stand drei Mal als Dritter auf dem Podium. Das BMW Williams Team belegte in der Debütsaison mit 36 Punkten Rang drei in der WM der Konstrukteure.

Ralf Schumacher fuhr beim ersten Rennen mit BMW aufs Podium., Foto: Sutton
Ralf Schumacher fuhr beim ersten Rennen mit BMW aufs Podium., Foto: Sutton

2001 ging es im gleichen Stil weiter. Vier souveräne Siege, Ralf Schumacher und sein kolumbianischer Teamkollege Juan Pablo Montoya fuhren regelmäßig an der Spitze mit, zusammen erzielten sie neun Podiumsplätze. Das BMW Williams Team etablierte sich mit 80 Punkten als drittes Top-Team.

2002 belegte das Team sogar Rang zwei in der Konstrukteurs-WM - nur die erdrückend überlegenen Ferrari blieben für alle völlig außer Reichweite. Am Saisonende hatten die Weltmeister aus Italien 221 WM-Zähler und damit so viele wie alle anderen Teams zusammen. Aber Ralf Schumacher und Montoya feierten in Malaysia den ersten Doppelsieg, elf weitere Podiumsplatzierungen kamen hinzu, dazu sieben Pole Positions durch Montoya.

2003 kämpfte BMW Williams mit dem FW25 nach anfänglichen Schwierigkeiten sogar bis zum Schluss um den WM-Titel. Ab Monaco, wo Schumacher die Pole Position und Montoya den Sieg holte, war man absolut vorne mit dabei. In Kanada standen beide Fahrer auf dem Podium, auf dem Nürburgring und in Magny-Cours gelangen Doppelsiege, in Hockenheim gewann Montoya mit 65 Sekunden Vorsprung. Mit vier Punkten Vorsprung in der Konstrukteurswertung reiste das Team zu den letzten beiden GP in den USA und Japan. Der BMW P83 Motor drehte 19.200 U/min. Doch schon in Indianapolis addierten sich eine umstrittene Strafe und ein heftiger Schauer zum Verlust von Montoyas Titelchancen. In Japan traf ihn in Führung liegend der zweite technisch bedingte Ausfall der Saison, der die Hoffnungen auf den Konstrukteurtitel zunichte machte.

Doch nach vier Jahren der Planerfüllung oder sogar Übererfüllung kam 2004 ein herber Rückschlag: Der FW26 mit seinem neuen Aerodynamikkonzept und der auffälligen Nase funktionierte in der Praxis bei weitem nicht so gut wie in der Simulation - auch wenn die Motorleistung passte. Beim Italien GP wurde die letzte Ausbaustufe des BMW P84 Motors gezündet und zeigte mit zwei Weltrekorden Wirkung: Im Prequalifying erzielte Montoya mit 262,242 km/h die höchste bis dato in der F1 gemessene Durchschnittsgeschwindigkeit, im Rennen fuhr Antonio Pizzonia, Ersatzmann für den in Indy verletzten Ralf Schumacher, 369,9 km/h Spitzengeschwindigkeit.

Montoyas Sieg beim Finale in Brasilien sorgte für einen versöhnlichen Saisonausklang - doch auch 2005 wurde nicht besser - was sicherlich die Entscheidung, sich von Williams zu trennen und es mit der Übernahme des Sauber Teams künftig in Eigenregie zu versuchen, begünstigte.

Ab 2006 hieß es also BMW-Sauber - und auch diesmal wiederholte sich das Bild: Große Erfolge am Anfang, der Plan von regelmäßigen Punkten 2006, Podestplätzen 2007 und dem ersten Sieg 2008 wurde eingehalten. Alles stimmte – bis zum Rückschlag 2009: Statt wie geplant noch einmal einen Schritt nach vorne geht es eher zwei zurück - statt um den WM-Titel zu kämpfen, fahren Nick Heidfeld und Robert Kubica ziemlich chancenlos hinterher, und mit dem von Dr. Mario Theissen so propagierten KERS hat man auch keinen Erfolg, es muss wieder ausgebaut werden, weil die Gesamtnachteile überwiegen, die Aerodynamik zu sehr leidet.

Bis zur Sommerpause holte BMW gerade einmal acht WM-Punkte. Auch das dürfte den Vorstand nicht gerade motiviert haben, sich angesichts von Finanzkrise und geplanter Umorientierung der Unternehmensausrichtung, wie das so schön hieß, trotzdem für ein Weitermachen zu entscheiden. In Abu Dhabi endet der dritte Zyklus von BMW in der Formel 1 - es wird für einige Zeit der letzte sein.