In Long Beach wird an diesem Wochenende der Saisonauftakt der Champ Car-Serie zelebriert. Die Pole-Position, garniert mit einem neuen Streckenrekord, holte sich Sébastien Bourdais. Jener Sébastien Bourdais, der in der US-Serie seit Jahren dominiert. Gleich bei seinem Einstieg im Jahr 2003 holte er fünfmal die Pole, feierte drei Siege und belegte den vierten Rang in der Meisterschaft, was ihm den Titel "Rookie Of The Year" einbrachte. In den Jahren 2004 und 2005 krönte sich der Franzose jeweils zum Champ Car-Meister. Mit seiner Pole in Long Beach stellte "Séb" klar, dass er auch 2006 nach der Meisterschaftskrone greifen möchte.

Sébastien Bourdais ist aber nicht erst in Übersee "der Knopf aufgegangen", wie man vielleicht meinen könnte - auch zuvor konnte er, in Europa, sein Ausnahmetalent unter Beweis stellen. Im Jahr 1998 wurde Bourdais Sechster in der französischen Formal 3-Meisterschaft, im Jahr darauf wurde er in der Serie Champion. Im Jahr 2000 wechselte er in die Formal 3000 und wurde Gesamt-Neunter, 2001 wurde er mit einem Sieg und einer Pole-Position Gesamt-Vierter, im Jahr 2002 schließlich krönte er sich zum Formel 3000-Champion.

Bourdais wollte in die F1, doch sie wollte ihn nicht., Foto: Sutton
Bourdais wollte in die F1, doch sie wollte ihn nicht., Foto: Sutton

Der Mann ist also ein ganz besonderes Kaliber - trotzdem hat er noch keinen einzigen Formel 1-Grand Prix absolviert. Dabei hört man im Fahrerlager der Königsklasse immer wieder Stimmen, die einen schnellen Franzosen vermissen. Wie konnte es sein, dass ein Mann wie Sébastien Bourdais kein Formel 1-Cockpit erhielt? Der Wille, in die Königsklasse zu wechseln, war zweifellos vorhanden. Es gab Testfahrten mit Arrows und auch mit Renault - doch dabei blieb es. BMW Sauber war das letzte und laut Bourdais bislang einzige Team, das ernsthaft Interesse an dem schnellen Franzosen zeigte. Bourdais stand als möglicher Stallkollege von Nick Heidfeld im Raum, doch bekanntlich hat man sich in Hinwil dazu entschlossen, den Vertrag von Jacques Villeneuve doch zu respektieren. Warum aber gab es keinen ernsthaften Kontakt zwischen Renault und Bourdais? Warum hat bis auf BMW Sauber niemand wirkliches Interesse an diesem derart schnellen Mann gezeigt?

Barcelona, im Fahrerlager des Catalunya Circuit, ein Testtag im Januar - Toyota-Tester Olivier Panis gibt in einem Interview für Motorline sachdienliche Hinweise: "Weißt du - für mich stellt sich das so dar, dass Sebastien für sich selbst nicht wirklich das Beste tut. Jeder macht sich ein bisschen Sorgen um ihn. Er ist sehr, sehr schnell - aber manchmal ist halt auch die Einstellung ausschlaggebend." Und in wie fern schadet sich Bourdais selbst? Panis, letzter französischer GP-Sieger (Monaco 1996), antwortet: "Sebastien hat Dinge über die Formel 1 gesagt, die ihm nicht gerade geholfen haben. Es bringt nichts, wenn man immer wieder die Formel 1 kritisiert, wie das beispielsweise auch Flavio Briatore immer wieder tut. Ich denke vor allem, dass die Fahrer einfach die Realität annehmen, der Wahrheit ins Auge blicken müssen. Vor allem, wenn man noch kein 'Big Head' ist. Du musst eine gute Arbeit abliefern. Du musst versuchen, bei den Tests dein Bestes zu geben."

2003 Rookie Of The Year, 2004 und 2005 Champion., Foto: Sutton
2003 Rookie Of The Year, 2004 und 2005 Champion., Foto: Sutton

Stichwort Flavio Briatore - mit diesem soll sich Sébastien Bourdais alles andere als gut verstehen. Bourdais soll von sich aus den Renault-Teamchef kontaktiert haben, dieser soll einen Vertrag über eine künftige Zusammenarbeit, in punkto Management, abgelehnt haben. Welche schlimmen Worte hat Bourdais über die Formel 1 gesagt? Warum steht der schnelle Franzose vor verschlossenen Türen?

Letzte Chance 2007?

Gegenüber dem Formule 1-Magazin sagte Bourdais beispielsweise, dass es "in der Formel 1 keine Garantien gibt", dass man "in einem Moment denke, man ist drin, aber im nächsten Moment ist die Hoffnung wieder weg". Und dass es "viele gute Fahrer gibt, die es nie in die Formel 1 geschafft haben". Gegenüber der Gazzetta dello Sport sagte Bourdais einmal: "Es sind in der Formel 1 sehr wenige Plätze verfügbar, und diese sind sehr teuer." In Zusammenhang mit Renault erklärte Bourdais im letzten Herbst resignierend: "Renault hat auf der ganzen Welt Märkte, also ist es wahrscheinlich, dass sie mehr Interesse an nicht-französischen Fahrern haben."

Trotz alldem möchte es Sébastien Bourdais noch einmal probieren: "Ich würde sehr gerne in die Formel 1 wechseln", erklärte er zum Jahresende - sein aktueller Champ Car-Vertrag soll dafür extra einen Passus beinhalten, der ihm F1-Tests erlaubt. Der 27jährige spricht davon, dass 2007 seine "letzte Chance" sei, denn "mit 30 wechselt man nicht mehr in die Formel 1".

Die Formel 1 und der fehlende schnelle Franzose, die Formel 1 und der ungeliebte schnelle Franzose. Man darf gespannt sein, ob man Bourdais nach einem dritten Champ Car-Titel in Folge wenigstens zu einem F1-Test einladen wird...