Der Artikel wurde in der 80. Ausgabe des Printmagazins von Motorsport-Magazin.com am 02. September 2021 veröffentlicht.

Das neue Reglement lässt die Formel-1-Teams vom großen Ruhm träumen. Doch eines ändert sich ganz sicher nicht. Auch 2022 gibt es nur einen Sieger. Wer also hat die besten Chancen auf die Herrschaft über die neue Königsklasse?

Haas

Kein anderes Team legte den Fokus früher auf 2022 als Haas. Die Verpflichtung von Mick Schumacher und Nikita Mazepin stellte nicht nur fahrerisch sondern auch existenziell die Weichen für die Zukunft der US-Amerikaner. 2021 wurde lange vor dem Saisonstart als reines Übergangsjahr einzig für die Ausbildung der Fahrer geplant. Die Ressourcen mitsamt der überschaubaren Belegschaft von rund 250 Mitarbeitern sind schon lange auf das neue Reglement in der kommenden Saison konzentriert.

Die finanzielle Grundlage dafür hat das Team teilweise seinen Fahrern zu verdanken. Schumacher brachte als kommerzielles Zugpferd zahlungskräftige Sponsoren mit, während Mazepin durch seinen milliardenschweren Vater ohnehin kräftig einzahlt. Diese Konstellation in Verbindung mit der Budgetobergrenze hatte es Teamchef Günther Steiner überhaupt erst ermöglicht, Eigentümer Gene Haas zum Verbleib in der Königsklasse zu überreden.

Der Industriemogul will dank der neu geschaffenen Voraussetzungen an die erfolgreiche Mittelfeld-Geschichte des Teams anknüpfen und am liebsten noch höher hinaus. Vor allem die in diesem Jahr in Kraft getretene Staffelung der CFD- sowie Windkanalnutzung macht Haas Hoffnung, technologisch zu den besser gestellten Teams aufzuschließen. Als Letzter in der Gesamtwertung stehen den Ingenieuren 112,5 Prozent der laut Reglement für diese Ressourcen erlaubten Zeit zur Verfügung.

Ein weiterer wichtiger Baustein ist die seit 2021 ausgeweitete Zusammenarbeit mit Partner Ferrari. Im Zuge des Budget Caps mussten die Italiener Teile ihres Personals umschichten, wovon Haas mit einer eigenen Abteilung am Standort in Maranello profitiert. Auf dem Papier sorgt das für eine vielversprechende Ausgangslage, doch ein Top-Team wird aus der Truppe in ihrer Abhängigkeit von Lieferanten und Partnern wohl kaum. Der Anschluss an das Mittelfeld ist das einzig realistische Ziel, sofern die Fahrer in der Lage sind das Potential auszuschöpfen.

Fabrik: 1/5; Finanzen: 2/5; Personal: 2/5; Teamführung: 2,5/5; Fahrer: 1,5/5

Gesamt: 9/25

Prognose: Rote Laterne

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Williams

Genau wie Haas meldete Williams die Saison 2021 als Lückenfüller vor dem großen Neustart an. Der britische Traditionsrennstall wurde erst im Spätsommer 2020 von der Gründerfamilie an Investor Dorilton Capital veräußert, um ihn vor der Pleite zu bewahren. Danach standen sofort sämtliche Zeichen auf 2022, denn um die neugeschaffenen Ressourcen für das Folgejahr zu nutzen reichte die Zeit nicht.

Die frühe Ausrichtung auf das neue Reglement und den damit einhergehenden Neuanfang des einstigen Weltmeister-Teams umfasst eine grundlegende Umstrukturierung. Mit Jost Capito wurde ein neuer CEO verpflichtet, der beim Personal keinen Stein auf dem anderen ließ. Das deutsche Motorsport-Urgestein ernannte sich selbst zum Teamchef und krempelte auch die Technik-Abteilung in Grove um.

Als neuen Technikdirektor verpflichtete er Francis Xavier Demaison, der bei Volkswagen Motorsport als wegweisender Konstrukteur unter der Führung von Capito arbeitete. Darüber hinaus wurde mit Willy Rampf ein weiterer Formel-1-erfahrener Ingenieur als Berater an Bord geholt. In Kombination mit verstärktem Support in Form von noch mehr zugekauften Teilen aus dem Hause Mercedes ist Williams technisch so gut aufgestellt wie schon lange nicht mehr. Für den Kampf an der Spitze wird es allerdings noch einige Jahre der Aufbauarbeit brauchen.

Doch auch ohne Geldsorgen gibt es für 2022 eine erhebliche Baustelle mit zwei dicken Fragezeichen. Fahrerisch hat einzig George Russell das Potential, die Ambitionen des Managements zu verwirklichen. Sollte das britische Talent zu Mercedes abwandern, wird es schwer sein, einen adäquaten Ersatz zu finden. Auf der anderen Seite ist Williams auf die Millionen von Paydriver Nicholas Latifi nicht mehr angewiesen, sodass auch bei einem Verlust Russells eine Fahrerpaarung mit zwei Erfolgsgaranten möglich ist.

Fabrik: 3/5; Finanzen: 4/5; Personal: 3/5; Teamführung: 3/5; Fahrer: 3/5

Gesamt: 16/25

Prognose: Potential für Punkte

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Alfa Romeo

Jahre der Stagnation haben Alfa Romeo Sauber immer weiter hinter das Mittelfeld zurückfallen lassen. Ähnlich wie Haas und Williams baut das Team darauf, 2022 die sportliche Schmach vergessen zu machen. Ein wichtiger Schritt war in diesem Sommer das Bekenntnis des Automobilherstellers zum Schweizer Rennstall, der weiterhin finanzielle Stabilität garantiert. Die Fortsetzung der Kooperation ist für mehrere Jahre angepeilt und soll bereits im kommenden Jahr einen Aufwärtstrend verzeichnen.

Teamchef Frederic Vasseur setzt dafür voll auf Effizienz. Im Hauptquartier in Hinwil wird schon lange unter der Budgetobergrenze von 145 Millionen US-Dollar operiert. Dadurch erübrigen sich tiefe Einschnitte in die Organisation, wie sie bei den großen Teams der Fall sind. Die Entwicklung des neuen Autos unter dem radikal anderen Technischen Reglement wurde bereits im März forciert, anstatt sich mit Weiterentwicklungen für das aktuelle Modell aufzuhalten.

Das Ziel für 2022 lautet, eine solide Mittelfeld-Basis zu schaffen um sich von dort aus nach vorne zu arbeiten. Beim letzten großen Reglementwechsel 2017 war dies nicht gelungen. Im damals entstandenen Rückstand sehen die Verantwortlichen den Grund für die sinkende Formkurve der vergangenen Jahre. Dieser ist sich auch Alfa Romeo bewusst. Trotz der Vertragsverlängerung halten sich die Italiener eine Hintertür zum Ausstieg offen. Die zukünftige Zusammenarbeit unterliegt der Evaluierung der jährlichen Resultate.

Die Erfüllung der Ziele liegt letztlich in der Hand der Fahrer und hier ist bei Sauber nach drei Jahren mit Kimi Räikkönen und Antonio Giovinazzi eine Wachablösung notwendig. Der Iceman scheint am Ende seiner Karriere angelangt und mit Callum Ilott hat Alfa Romeo ein Ferrari-Talent als Entwicklungsfahrer in seinen Reihen. Das Team hat darüber hinaus erstmals bei der Fahrerwahl wieder freie Hand, nachdem bisher gemäß Vereinbarung mit der Scuderia eines der Cockpits durch einen Piloten aus der Ferrari Driver Academy besetzt werden musste.

Fabrik: 2,5/5; Finanzen: 2,5/5; Personal: 3/5; Teamführung: 2,5/5; Fahrer: 2/5

Gesamt: 12,5/25

Prognose: Chance auf Bewährung

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Alpine

Renault stand 2020 am Scheideweg und entschied sich trotz schwieriger Zeiten, der Formel 1 treu zu bleiben. Mit dem Branding der hauseigenen Performance-Marke Alpine brachen die Franzosen in diesem Jahr in eine neue Ära auf. Dafür wurde das Management grundlegend umstrukturiert. Mit Davide Brivio übernahm der Weltmeister-Teamchef von Suzuki aus der MotoGP die Rolle im F1-Team. Die Koordination der über 1.000 Mitarbeiter in der Chassisabteilung in Enstone sowie der Motorenfabrik in Viry übernahm in diesem Zuge Executive Director Marcin Budkowski.

Das neue Reglement stand bei der Zielsetzung Alpines von Anfang an im Fokus. Denn um das Engagement des Konzerns zu rechtfertigen, muss das 2016 wiederbelebte Werksteam mit seinen finanziellen sowie strukturellen Mitteln endlich an die Spitze vordringen. Für das große Projekt wurde mit Fernando Alonso ein alter Erfolgsgarant als sportliches sowie kommerzielles Zugpferd reaktiviert. Der Weltmeister von 2005 und 2006 baut auf den großen Reset der Königsklasse.

Er sprach bereits bei seiner Vertragsunterzeichnung vor einem Jahr vom großen Ziel, ab 2022 wieder an der Spitze zu kämpfen. Für dieses Vorhaben hat der 40-Jährige Zeit mitgebracht, denn er will Alpine bis 2024 treu bleiben. Der Vertrag von Teamkollege Esteban Ocon wurde schon vor seinem sensationellen Sieg in Ungarn um drei weitere Jahre verlängert, womit das Duo langfristig gesetzt ist.

Die Planungssicherheit in der Fahrerfrage ist für Alpine definitiv ein Gewinn, denn die Entwicklung gestaltete sich bisher nicht so unkompliziert. Zu Saisonbeginn stellte das Team einen nicht unerheblichen Rückstand auf die Spitze des Mittelfeldes fest und arbeitete deshalb länger als geplant am A521. Erst Ende Juli stellten beide Werke in Großbritannien und Frankreich vollständig auf 2022 um.

Fabrik: 4/5; Finanzen: 5/5; Personal: 4/5; Teamführung: 3/5; Fahrer: 4/5

Gesamt: 20/25

Prognose: Aufbauarbeit mit Überraschungspotential

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Aston Martin

Unter dem Banner von Aston Martin und mit Weltmeister Sebastian Vettel an Bord wollen die einstigen Underdog-Helden aus Silverstone zu einem waschechten Titelherausforderer heranwachsen. Die Reise begann 2018 mit der Übernahme von Force India durch Milliardär Lawrence Stroll. Der Kanadier scheute von Anfang an keine Investitionen und gab 2019 den Bau einer neuen Fabrik in Auftrag. Nach der erfolgreichen Saison 2020 waren die Ansprüche schon für dieses Jahr mehr als gehoben.

Doch weder der neue Standort noch die Ambitionen liegen 2021 im Plan. Aufgrund der weltweiten Krisensituation kann die Fabrik erst mit zwölf Monaten Verspätung im August kommenden Jahres in Betrieb genommen werden. Die Entwicklung für 2022 findet dementsprechend noch in den aus den 1990er Jahren stammenden Hallen vom Gründerteam Jordan statt, sowie im seit zwei Jahren genutzten Windkanal von Mercedes. Mit dieser Kombination gelang dem Rennstall 2020 in Form des pinken Mercedes der große Wurf.

Der auf den Namen AMR21 getaufte Nachfolger hingegen war bisher weniger erfolgreich. Aston Martin hat an der Spitze des Mittelfeldes in dieser Saison nichts zu melden und sorgt allenfalls mit Protesthaltung gegen die FIA für Aufsehen. Der Fahrplan für 2022 ist davon gänzlich unbeeinträchtigt. Die einst 400 Mitarbeiter große Belegschaft soll bis auf 750 aufgestockt werden. Obwohl sich acht der zehn F1-Teams für eine mittelfristige Abschaffung der Windkanäle aussprachen, hält Aston Martin weiter an den Plänen für eine eigene Anlage fest.

Die Budgetobergrenze und ein mögliches Verbot des Windkanals könnten Aston Martin in den nächsten Jahren auf die Füße fallen. Doch die Briten bauen darauf, selbst in diesem Fall lange genug Kapital aus ihren Investitionen schlagen zu können. Für 2022 bleibt aber erstmal alles beim Alten. Forschung und Entwicklung sind seit Juli voll auf das neue Auto ausgelegt. Für den Sprung an die Spitze werden sich die Grünen in Geduld üben und mittelfristig auch bei der Fahrerwahl neue Wege gehen müssen. Vettel zählt nicht mehr zu den Top-Fahrern der Formel 1 und Lance Stroll zeigte noch nie das Potential eines Champions.

Fabrik: 2,5/5; Finanzen: 5/5; Personal: 4/5; Teamführung: 3/5; Fahrer: 3,5/5

Gesamt: 18/25

Prognose: Stagnation statt Ambition

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AlphaTauri

Red Bull verpasste seinem Schwesterteam 2020 ein neues Image samt Siegermentalität. Durch den verstärkten Technologietransfer mit dem Top-Team ist AlphaTauri aus dem Schatten der großen Mittelfeldakteure herausgetreten und mischt bei den Verfolgern regelmäßig ganz weit vorne mit. In dieser Saison hat die Truppe aus Faenza alle Chancen, in der Gesamtwertung Platz fünf und damit das bisher beste Resultat in ihrer Geschichte klar zu machen.

Die Aussicht auf den neuen Highscore ist für Technikdirektor Jody Egginton allerdings kein Grund, an der falschen Stelle zu sparen. AlphaTauri begann frühzeitig mit der Arbeit am Boliden für 2022 und hat sich nicht dazu hinreißen lassen, für den Erfolg im laufenden Jahr Ressourcen zu verschieben. Das neue Reglement ist auch für die kleinen Bullen zu wichtig, um Kompromisse zu machen.

Dennoch läuft die Weiterentwicklung des AT02 wohl länger als beim Großteil der Konkurrenz, denn durch die Zusammenarbeit mit Red Bull genießen die Italiener eine komfortable Arbeitsteilung. Die nicht gelisteten Teile wie das Getriebe oder die Aufhängung werden auch unter dem neuen Reglement beim großen Bruder zugekauft und müssen deshalb nicht selbst konstruiert werden. Das gibt entweder die Möglichkeit, noch mehr Manpower auf 2022 zu bündeln oder an Updates für den aktuellen Boliden zu arbeiten.

Ob das neue Reglement für AlphaTauri eine Erfolgsgeschichte wird, hängt unter dem Strich im hohen Maße von Red Bull ab. Dass der Underdog den Favoriten unter diesen Voraussetzungen übertrumpft, ist unwahrscheinlich. Im Mittelfeld kann es allerdings für den nächsten Schritt reichen. Mit Pierre Gasly sitzt auf jeden Fall der richtige Fahrer im Auto. Der Franzose hat sich als Erfolgsgarant und Teamleader etabliert und ist der perfekte Benchmark für das Material.

Fabrik: 2/5; Finanzen: 4/5; Personal: 3/5; Teamführung: 3/5; Fahrer: 3,5/5

Gesamt: 15,5/25

Prognose: Mehr Mittelfeld-Ruhm

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Ferrari

Das Krisenjahr 2020 hat die Scuderia wachgerüttelt und könnte sich im Nachhinein als großer Glücksgriff erweisen. Das erfolgreichste Team der Formel-1-Geschichte bezog als Sechster in der Gesamtwertung jede Menge Prügel, doch der Absturz machte die Planung für die Chance 2022 umso einfacher. Im vergangenen Winter hat Ferrari den notwendigen Schritt gemacht, um in dieser Saison sein Gesicht zu wahren. Die Auferstehung nach der Krise war eine Pflichtübung, während das große Ziel längst ein anderes war.

Für Ferrari ist der Kampf um Siege und die Weltmeisterschaft die einzige Ambition, die wirklich zählt. Dafür wurden früh alle Hebel in Bewegung gesetzt. Bereits Mitte Mai gab Sportdirektor Laurent Mekies an, sämtliche Ressourcen zu 90 bis 95 Prozent auf 2022 konzentriert zu haben. Charles Leclerc fuhr das auf den Typ 647 getaufte Auto keine vier Wochen später erstmals im Simulator, allerdings noch in der alten Anlage in Maranello.

Im Juli wurde in Fiorano ein neuer Standort für die virtuelle Arbeit eingeweiht. Über zwei Jahre arbeitete Ferrari am Simulator, der mit richtungsweisender Technologie für einen Wettbewerbsvorteil in der neuen Zeitrechnung der Formel 1 sorgen soll. In der zweiten Jahreshälfte wird der 2022er Bolide dort intensiv getestet. Dieser wird von einer neuen Power Unit angetrieben, denn Ferrari will rechtzeitig zum anstehenden Engine-Freeze wieder auf Augenhöhe mit Mercedes und Honda sein.

Anfang 2020 wurde die von Ferrari zuvor eingesetzte Power-Unit-Technologie durch die FIA verboten, was den Rennstall massiv zurückwarf. Um den Rückstand aufzuholen, verfolgten die Ingenieure bis Juni parallel zwei unterschiedliche Projekte in der Motorentwicklung. Mit sämtlichen Kräften frühzeitig auf 2022 gebündelt, wäre alles andere als ein WM-fähiges Auto eine Enttäuschung. Mit Leclerc und dem zur Höchstform auflaufenden Carlos Sainz verfügt das Team zudem langfristig über ein schlagkräftiges Fahrerduo.

Fabrik: 5/5; Finanzen: 5/5; Personal: 5/5; Teamführung: 4/5; Fahrer: 5/5

Gesamt: 24/25

Prognose: Zum Siegen verdammt

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McLaren

Die schmachvollen Jahre, als selbst ein Fernando Alonso im McLaren nur mit Mühe und Not in die Punkteränge fuhr, gehören 2021 längst der Vergangenheit an. Zak Brown hat dem Team mit beharrlicher Aufbauarbeit eine neue Identität verliehen, die sich im Erfolg auf der Rennstrecke manifestiert. Nach zweimal Best of the Rest und guten Aussichten auf eine Wiederholung des Erfolgs in diesem Jahr, soll mit dem neuen Reglement die große Kür folgen.

Der Fahrplan zurück zum Top-Team mutet nach dem Trend der letzten Saisons fast wie eine Selbstverständlichkeit an, doch ganz so simpel gestaltet sich die Lage in Woking nicht. Die guten Resultate sorgen dafür, dass den Ingenieuren von McLaren nur 95 Prozent der zugelassenen Windkanalzeit von 50 Stunden pro Woche zur Verfügung steht. Die meisten kleineren Teams bauen auf die Budgetobergrenze und Zugeständnisse wie die Windkanalbelegung, doch Technikdirektor James Key gab unumwunden zu, dass McLaren lieber ohne diese Einflüsse für das bevorstehende Reglement entwickelt hätte.

Durch die Verschiebung der neuen Autos auf 2022 müssen die Orangenen mit Kompromissen zurechtkommen, die der Masterplan für das Comeback an die Spitze so nicht vorgesehen hatte. Laut Teamchef Andreas Seidl wurde der MCL35M des Jahrgangs 2021 bis zur Sommerpause weiterentwickelt. Nach dem Stillstand im August liegt der Fokus der Briten zu 100 Prozent auf der Zukunft.

Diese wird zweifelsohne von Lando Norris getragen. Der Brite wuchs seit 2019 vom Junior zum Teamleader heran und hat den Kontrakt mit seinen Förderern in Mai erneuert. Der Weltmeistertitel mit McLaren ist für ihn das erklärte Ziel und mit seiner mehrjährigen Vertragsverlängerung hat er Zeit dafür mitgebracht. Doch vielleicht muss er gar nicht so lange warten, denn wenn ein Team 2022 für die große Überraschung gut ist, dann ist es McLaren.

Fabrik: 4/5; Finanzen: 4/5; Personal: 4/5; Teamführung: 4/5; Fahrer: 4,5/5

Gesamt: 21,5/25

Prognose: Alles ist möglich

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Mercedes

Die Dominanz von Mercedes fand 2021 überraschend ihr Ende und die Intensität des WM-Kampfes mit Red Bull hat sie vor eine schwere Entscheidung gestellt. Der Herausforderer wirft für den Titel alles in die Waagschale und Mercedes muss im Rahmen der Möglichkeiten mitziehen, um ihn nicht entwischen zu lassen. Gleichzeitig weigerte sich das Weltmeisterteam, für 2022 auch nur im Geringsten einen Kompromiss einzugehen.

Selbst als Red Bull zwischen Monaco und Österreich fünf Rennen in Folge gewann, hielt Teamchef Toto Wolff an der eingeschlagenen Marschroute fest. Für den F1 W12 gibt es im Duell mit Red Bull nur noch Optimierungen, aber keine Weiterentwicklungen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Schon für den Beginn der Hybrid-Ära in der Saison 2014 nahm Mercedes einen langen Anlauf, um sich an die Spitze zu setzen.

Der Plan ging auf, denn den technologischen Vorsprung machte sich das Werksteam über Jahre zunutze, um Weltmeistertitel in Serie zu feiern. Dieses Erfolgsrezept soll auch in den kommenden Jahren umgesetzt werden und dafür ist ein Senkrechtstart in die Ära 2022 ein Muss. Die Voraussetzungen dafür sind aufgrund des Budget Caps jedoch gänzlich anders.

Mercedes beschäftigte zuvor in seinen Werken in Brackley und Brixworth weit über 1.000 Mitarbeiter und verfügte über ein Budget von etwa 500 Millionen US-Dollar pro Jahr. Doch die fetten Zeiten sind vorbei und die finanzielle Gleichschaltung stellt die stärkste Organisation der Königsklasse vor eine ganz neue Herausforderung. Andererseits meisterte das Team bisher jedes neue Reglement mit Bravour. Die Wahrscheinlichkeit, dass Mercedes abstürzt, ist gering. Doch ohne aus dem Vollen schöpfen zu können, wird 2022 für die Champions ein Kraftakt in einer neuen Dimension.

Fabrik: 5/5; Finanzen: 5/5; Personal: 5/5; Teamführung: 5/5; Fahrer: 5/5

Gesamt: 25/25

Prognose: Kraftakt für die Konstrukteurs-Weltmeister

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Red Bull

Auf der verzweifelten Jagd nach Mercedes setzte Red Bull früh die Hoffnungen auf 2022, doch die große Chance auf den Weltmeistertitel kam wider Erwarten ohne den großen Umbruch. Nach sieben Jahren wurde in Milton Keynes endlich wieder ein WM-fähiges Auto auf die Räder gestellt. Wenn Max Verstappen sich 2021 gegen Lewis Hamilton durchsetzt, hat Red Bull sein großes Ziel praktisch schon erreicht.

In Anbetracht dieser neuen Ausgangslage ist das neue Reglement für die Österreicher auch ein Risiko, den gerade erst gefundenen Anschluss schon wieder zu verlieren. Durch den derzeitigen Höhenflug wird dieses außerdem erhöht. Um die Serie von Mercedes nach sieben WM-Titeln in Folge endlich zu beenden, investiert Red Bull weiter viel in den RB16B. Teamchef Christian Horner bekräftigt zwar, dass die Updates der Entwicklung für 2022 nicht schaden, doch letztendlich stehen die für 2021 abgerufenen Ressourcen nicht zur Verfügung.

Ein weiterer nicht unerheblich Faktor für Red Bulls Konkurrenzfähigkeit ist der Ausstieg von Motorenpartner Honda. Die Japaner ziehen sich zum Ende der laufenden Saison aus der Formel 1 zurück, entwickeln die Power Unit für das nächste Jahr aber bis zum Schluss weiter. Danach folgt die Übergabe von Technologie und Know-how der Japaner an Red Bull, die es im Rahmen des Engine-Freeze bis 2024 weiter nutzen werden. In Milton Keynes entsteht für diesen Zweck ein Standort zur Betreuung und Entwicklung der Motoren.

Red Bull will mit dieser Infrastruktur ab 2025 als vollwertiges Werksteam mit selbst konstruierten Power Units in der F1 angreifen. Für diesen Plan wurden gleich mehrere Mitarbeiter von Mercedes abgeworben. Die Konstellation klingt vielversprechend, bedarf aber viel Aufbauarbeit und ist definitiv ein langfristiges Projekt. Für 2022 muss mit einem Schritt zurück gerechnet werden, bevor es mit der Großoffensive wieder ganz nach vorne geht.

Fabrik: 4/5; Finanzen: 5/5; Personal: 5/5; Teamführung: 5/5; Fahrer: 5/5

Gesamt: 24/25

Prognose: Risiko statt Chance

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