Nicholas Latifis an und für sich unscheinbarer Unfall in der Schlussphase des Abu-Dhabi-GPs hatte für das Duell um die Formel-1-WM zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton große Folgen. Wegen Latifis kaputtem Williams musste das Safety Car auf die Strecke, was letztendlich zum kontroversen Last-Lap-Shootout zwischen den Titelkontrahenten führte.

Für Red Bull bedeutete der Jubel, für Mercedes Proteste und Frust. Für Latifi bedeuteten die Ereignisse von Abu Dhabi aber was ganz anderes. "Sobald die karierte Flagge draußen war, wusste ich, wie die Dinge auf Social Media laufen würden", sagt der Williams-Pilot, der sich nach eineinhalb Wochen Stille per Statement wieder meldet. Und verbalen Missbrauch gegen ihn an den Pranger stellt.

Extremer Online-Hass schockt Latifi

Tausende Nachrichten erhielt Latifi seit Abu Dhabi, öffentliche und private. "Die meisten waren positiv, aber es gab auch viel Hass und Beleidigungen", beschreibt er. "Was mich geschockt hat, war der extreme Ton des Hasses, der Beleidigungen, und sogar der Todesdrohungen, die ich bekommen habe."

"Leute können ihre Meinungen haben, das ist okay - eine dicke Haut zu haben ist ein großer Teil davon, Sportler zu sein", erklärt Latifi. "Aber viele der Kommentare, die ich in der letzten Woche bekommen habe, haben die Grenze zu etwas viel Extremeren überschritten. Es macht mir Sorgen, wie jemand anders auf diese Masse an Hass reagieren würde. Niemand sollte sich von einer lauten Minderheit vorschreiben lassen, wer er ist."

Latifi lässt Kritik abprallen: Nur bei Williams zu entschuldigen

Ein sehr gefestigter Latifi lässt das bei sich jedenfalls nicht zu: "Nachdem ich über das nachgedacht habe, was im Rennen passiert ist, gab es wirklich nur eine Gruppe an Leuten, bei denen ich mich für den Ausfall entschuldigen musste: Mein Team. Ich habe das gleich danach getan. Alles, was danach kam, lag nicht in meiner Hand."

Latifis Duell mit Mick Schumacher endete wenige Kurven später in der Mauer, Foto: LAT Images
Latifis Duell mit Mick Schumacher endete wenige Kurven später in der Mauer, Foto: LAT Images

Auch Äußerungen, dass er in einem - im Hinblick auf WM-Punkten und WM-Positionen - sinnlosen Duell mit Mick Schumacher verunfallte, wischt Latifi beiseite: "Ob ich jetzt um Siege, Podien, Punkte oder gar den letzten Platz fahre - ich werde immer bis zur Zielflagge alles geben. Ich bin da gleich wie jeder anderer Fahrer im Feld."

"Wenn Leute das nicht verstehen oder dem nicht zustimmen, dann ist das in Ordnung für mich", so Latifi. "Ihr könnt eure Meinung haben. Aber diese Meinung zu nutzen, um Hass, Beleidigungen und Gewaltandrohungen zu befeuern, nicht nur gegen mich, sondern auch gegen jene, die mir nahestehen - das zeigt mir, dass diese Leute keine echten Fans des Sportes sind."

Latifis Statement erfuhr am Dienstag weiten Zuspruch in der Formel 1. Max Verstappen war außerdem schon in der Vorwoche am Rande der Meisterfeier darauf angesprochen worden, und verteidigte da schon, was Latifi später sagen sollte: "Ich denke, das ist sehr unfair. Jeder Fahrer gibt sein Bestes, niemand crasht absichtlich. Nicholas tut mir leid. Aber was wichtig ist, ist, das Handy abzustellen und nicht hinzuhören."