Wie oft haben wir in den vergangenen Jahren über den Wasserflaschen-Skandal beim DTM-Rennen auf dem Norisring 2013 Witze gemacht? Ein Rennen ohne einen Sieger! So etwas gibt es wirklich nur in der DTM...

Acht Jahre später haben wir zwar einen Sieger für den Großen Preis von Abu Dhabi 2021, ja sogar einen Weltmeister. Aber Gewinner gibt es keine.

Eins möchte ich direkt vorweg nehmen: Max Verstappen ist ein verdienter Champion, ebenso wie Lewis Hamilton ein verdienter Champion gewesen wäre. Verstappen hat nichts falsch gemacht, ebenso wenig wie Hamilton oder ihre Teams Mercedes und Red Bull.

Umgedreht hat Verstappen es jedoch nicht verdient, seinen ersten WM-Titel auf diese Weise zu gewinnen, und Hamilton hat es nicht verdient, seinen achten WM-Titel auf diese Weise zu verlieren.

Es waren Fehler anderer, auf die Hamilton und Verstappen keinen Einfluss hatten, die für immer einen Schatten über den Fahrer-Weltmeistertitel und eine fantastische Formel-1-Saison 2021 werfen werden. Statt über ein geniales Duell zweier Meister ihres Fachs zu diskutieren, wälzen wir dicke Regelbücher.

Ein Fehler bleibt ein Fehler

FIA-Rennleiter Michael Masi hat in den hektischen Schlussminuten einen Fehler begangen. Das Rennen wurde nicht dem Reglement entsprechend beendet. Daran besteht kein Zweifel. Fehler sind menschlich, keine Frage. Aber gerade in dieser heiklen Situation beim WM-Finale in einem derart aufgeladenen WM-Kampf ist das besonders bitter.

Rennleiter ist mit Sicherheit der undankbarste Job im gesamten Fahrerlager. Wie die vergangene Saison gezeigt hat, findet sich unter den zehn Teams immer mindestens eines, das mit den Entscheidungen nicht einverstanden ist. Einer wird immer auf ihn einschlagen, egal ob die Entscheidung richtig oder falsch war.

Zum Verantwortungsbereich des Rennleiters zählt die Gesundheit aller Teilnehmer zu schützen sowie die korrekte Abwicklung des Rennens und die Einhaltung des Reglements. Die letzten beiden Punkte erfüllte er in Abu Dhabi leider nicht vollständig. Jetzt haben wir das Schlamassel.

Kein Ausweg aus dem Schlamassel

Das Endergebnis des Rennens dürfte in dieser Form nicht bestehen, es ist aber auch nicht erstrebenswert, dieses Wochen oder gar Monate später nachträglich noch zu ändern und damit Verstappen den Titel zu entreißen, den er eben vor Millionen Zuschauern gefeiert hat. Die Formel 1 befindet sich in einer schier ausweglosen, unmöglichen Situation. Ein echter gordischer Knoten.

Welche Lösungsansätze gäbe es denn überhaupt?

Eine Saison ohne Weltmeister? Nein, dafür besteht kein Grund, es gab 22 fantastische Rennen und keinen Anlass, die gesamte Saison wegen eines Fehlers nicht zu werten.

Zwei Weltmeister? Auch dafür gibt es keine Grundlage. Das Reglement regelt die Vorgehensweise bei Punktgleichheit eindeutig. Wenn die Formel 1 die Regeln nun komplett über Bord werfen würde, nur weil man sich eh schon einmal darüber hinweg gesetzt hat, würde das die F1 endgültig und unwiderruflich ins Chaos stürzen.

Das Finale in Abu Dhabi annullieren? Das würde geschickt den gleichen Weltmeister herbeiführen und das Problem der falschen Wertung des Rennens lösen, wäre aber höchstungerecht zu den anderen Fahrern und Teams, die in Abu Dhabi gute Ergebnisse eingefahren haben, nicht zuletzt Lewis Hamilton.

Dass die FIA eine genaue Analyse der Vorgänge angekündigt und Mercedes seine Berufung gegen das Urteil der Rennkommissare zurückgezogen hat, ist der beste Weg für den Sport. Ein schaler Beigeschmack bleibt aber dennoch. Denn einhundertprozentig korrekt ist das Endergebnis des Rennens und damit der Fahrer-Weltmeisterschaft dadurch nämlich immer noch nicht - und wird es niemals sein.

Es bleibt ein Finale ohne Gewinner.