Red Bull steht vor dem Formel-1-Finale 2021 in Abu Dhabi mit dem Rücken zur Wand. Teamchef Christian Horner gesteht, dass Lewis Hamilton und Mercedes nach ihrer Siegesserie am Drücker sind. Doch das Vertrauen in Max Verstappen und seine Mannschaft lässt den Briten weiter fest an die Weltmeisterschaft glauben. Der Druck lastet für ihn auf dem Gegner, der gegen Red Bull mehr als nur einen Titel zu verlieren hat.

"Lewis Hamilton sagte einmal, dass wir nur ein Energydrink-Hersteller sind, der Rennen fährt", so Horner vor dem Showdown in den Vereinigten Arabischen Emiraten. In der Tabelle liegen Verstappen und Hamilton vor dem letzten Grand Prix gleichauf. Der Niederländer hat jedoch einen Sieg mehr auf dem Konto und ist damit leicht im Vorteil. Sollte er über den Mercedes-Star triumphieren, wäre das für Horner ein Sieg mit Symbolcharakter.

"Mercedes ist während seiner Dominanz in den vergangenen sieben oder acht Jahren zu einer Maschinerie geworden und natürlich haben sie das Gewicht und die Macht ihres Mutterkonzerns hinter sich", sagt er. Red Bull könne da nicht mithalten: "Die Macht, die sie in den Medien überall auf der Welt haben - ich denke, wir versinken im Vergleich in der Bedeutungslosigkeit."

Red Bull für Mercedes nur Energydrink-Hersteller

Seit dem Beginn der Hybrid-Ära im Jahr 2014 gelang es lediglich Ferrari, die Silberpfeile in den Jahren 2017 und 2018 herauszufordern. Die Italiener scheiterten mit Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen jedoch daran, den WM-Kampf bis zum Schluss aufrecht zu erhalten. Red Bull und Verstappen hingegen boten Mercedes die ganze Saison über einen Kampf.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für sie sonderlich angenehm ist, von einem Energydrink-Hersteller geschlagen zu werden, wenn du einer der größten Automobilkonzerne bist. Das schien ihnen nie zu gefallen. Wir wissen das, denn sie haben das uns gegenüber sehr deutlich gemacht", so Horner.

2021 entfachte Rivalität auf allen Ebenen

Das Jahr 2021 entfachte die Rivalität zwischen Mercedes und Red Bull an sämtlichen Fronten. Nicht nur das Duell zwischen Hamilton und Verstappen erhitzte die Gemüter. "Es war auf und abseits der Strecke unglaublich umkämpft. Wir haben unser eigenes Power-Train-Business in UK gestartet und haben für dort enorm viele Mitarbeiter von Mercedes abgeworben", erinnert Horner.

Dieses Politikum schwelte für ihn aufgrund des intensiven Kalenders allerdings eher im Hintergrund. Im Fahrerlager ging es Wochenende um Wochenende mit allen Mitteln zur Sache: "Da wurde schrecklich viel Lobbyismus betrieben, schon früh im Jahr. Es ging um die Legalität von Regularien und jede Menge Zeug, das euch allen hier gar nicht bewusst ist."

Auf der Rennstrecke war es Verstappen, der den Kampf gegen die Übermacht von Mercedes für Red Bull austrug. "Er steht dieser Maschinerie gegenüber, nicht nur dem Fahrer Lewis Hamilton, sondern Mercedes als Ganzes. Sie haben in ihrer Marketingabteilung mehr Leute als wir an Mechanikern in der Garage haben", sagt Horner. "Es war hart, aber wir sind froh, dass wir immer noch im Kampf sind. Wir haben Punktegleichstand und es ist alles drin."

Angst vor Reifendrama! Verstappen & Hamilton: Wer ist besser?: (09:32 Min.)

Momentum bei Hamilton und Mercedes

In den vergangenen drei Rennen kippte das Kräfteverhältnis jedoch zugunsten des Gegners, was Red Bull vor dem Finale in eine schwierige Lage bringt. "Das Momentum liegt bei Lewis und bei Mercedes", gesteht Horner. "Aber wir haben eine Chance und wir werden alles geben. So wie Max dieses Jahr gefahren ist, mit Herz, Leidenschaft, absoluter Überzeugung und Mut, wollen wir ihn dieses Wochenende sehen. Wenn er das holt, ist das für uns das Größte, was wir in diesem Sport erreicht haben."

Zwischen 2010 und 2013 dominierte Red Bull die Formel 1 mit vier WM-Titeln durch Sebastian Vettel. Doch der Kampf gegen Mercedes toppt für Horner bereits jetzt alles, was seine Truppe in seiner glorreichsten Ära erreichte. "Diesmal ist es so eng und zwischen den Teams herrscht auf und neben der Rennstrecke eine solche Energie, mit Stewards, technischen Kommissaren, der Technik der Autos, den Power Units", so Horner gegenüber Sky Sports F1. "Das alles kommt einem Schnellkochtopf gleich."

Red Bull fühlt sich durch WM-Kampf als Sieger

Ursprünglich hatte Red Bull alles darauf ausgerichtet, 2022 mit dem neuen technischen Reglement die Lücke zu Mercedes zu schließen. Doch der erste WM-Kampf seit sieben Jahren kam unerwartet früher und mobilisierte in Milton Keynes sämtliche Kräfte. "Wir sind alle ehrgeizige Menschen. Wenn du das nicht bis, ist das nicht der richtige Job oder der richtige Sport für dich. Die Formel 1 ist der am härtesten umkämpfte Mannschaftssport in der Welt. Im Werk rackern sich 700 Menschen den Hintern für diese beiden Autos und ihre Fahrer ab", so Horner.

Für Red Bull wäre die Saison nach diesem unvergleichlichen Kraftakt selbst mit einer Niederlage ein Erfolg: "Wir sind das einzige Team, das Mercedes in den letzten acht Jahre so gefordert hat. Egal wie es am Sonntag ausgeht: wir können stolz auf das sein, was wir geleistet haben. Es wäre fantastisch, wenn wir einen Pokal mit nach Hause nehmen aber wenn nicht, kommen wir nächstes Jahr wieder und kämpfen genauso hart."