Lewis Hamilton brachte sich mit seinem Sieg im Formel-1-Rennen in Saudi-Arabien in die bestmögliche Position für das Finale in Abu Dhabi. Für den so wichtigen Triumph musste er WM-Rivale Max Verstappen in einem regelrechten Straßenkampf bezwingen. Vom Stil des Niederländers war Hamilton in Jeddah alles andere als begeistert. Die Freude und die Erleichterung über den Erfolg ließen ihn nicht über die Manöver des Konkurrenten hinwegsehen, den er scharf kritisiert.

"Wir sind es heute als Team mit kühlem Kopf angegangen und das war für uns der Schlüssel. Es ging nur darum ruhig zu bleiben, denn die anderen um uns herum waren bereit es bis auf alle möglichen Spitzen zu treiben, um uns zu überholen", so Hamilton nach seinem achten Saisonsieg. Von der Pole Position aus gestartet wurde sein Rennen zunächst von der roten Flagge aufgrund Mick Schumachers Unfall torpediert.

Durch die Unterbrechung verlor er die Führung an Verstappen, der sich ihm in der Folge mit allen Mitteln zur Wehr setzte. Beim ersten Restart überholte er den Red-Bull-Fahrer vor Kurve eins. Der hielt daraufhin außen dagegen und holte sich die Position zurück, in dem er die Strecke verließ.

Das Manöver war der Auftakt eines ungezügelten Fights, bei dem der Titelverteidiger und sein 24-jähriger Herausforderer noch drei weitere Male aneinandergerieten. Mehrfach verbremste sich Verstappen, drängte Hamilton ab oder touchierte ihn. Für den Rekordweltmeister wurden dabei ganz klar Grenzen überschritten.

Regeln scheinen für Verstappen nicht zu gelten

"Ich bin in meinem Leben schon gegen viele Piloten gefahren. In 28 Jahren sind mir viele unterschiedliche Typen begegnet. Und ganz oben gibt es ein paar, die über dem Limit sind. Regeln scheinen nicht zu gelten oder sie machen sich aus ihnen einfach nichts", so Hamilton, der mit Verstappen hart ins Gericht geht. "Er überschreitet Grenzen, ohne Frage."

In der Saison 2021 gerieten beide mehrfach aneinander, doch auch in dieser heißen Phase der Weltmeisterschaft wollte sich Hamilton nicht auf die Gangart des Kontrahenten einlassen. "Ich habe einfach nur versucht, auf der Rennstrecke Taten sprechen zu lassen, mein Auto zwischen den beiden weißen Linien zu bewegen und es anständig zu machen", sagt er.

Immer wieder hatte er enge Situationen mit Ausweichmanövern entschärft, wie unter anderem in Imola, Barcelona, Monza und Interlagos. Seit dem letzten Zwischenfall in Brasilien, bei dem Verstappen trotz des Verlassens der Rennstrecke nicht bestraft wurde, hat die Qualität des Racings in seinen Augen jedoch gelitten.

"Ich denke nicht, dass ich meinen Ansatz seitdem geändert habe. Aber wir hatten dieses Jahr mehrfach Zwischenfälle, so wie in Brasilien, in denen wir unser Rennen zwischen den weißen Linien hätten fahren sollen und die Regeln seitens der Stewards nicht klar waren. Diese Dinge wurden gestattet und jetzt wird das so fortgeführt", so der 36-Jährige.

Für seinen Geschmack nimmt sich Verstappen bei seinem Ansatz des Racings zu viel heraus: "Meinem Verständnis nach überholst du niemanden neben der Strecke und behältst die Position. Ich schätze, dass das zwischen uns Fahrern generell klar ist, aber für einen hier gilt das offenbar nicht."

Unfall mit Verstappen keine Option

In den vorangegangenen zwei Rennen reduzierte er den Rückstand auf Verstappen von 19 auf acht Punkte. Während er beim vorletzten Saisonrennen in Saudi-Arabien erneut Boden gutmachen musste, war der Gegner nicht auf einen Punktegewinn angewiesen. Der raue Umgang war für Hamilton deshalb keine Überraschung.

"Für ihn spielt es keine Rolle, wenn wir beide nicht ins Ziel kommen. Für mich hingegen ist Ankommen unabdingbar", erklärt er. Im richtigen Moment zurückzustecken, war für ihn der einzig richtige Weg: "Ich habe schon so viele Unfälle mit dem Kerl verhindert. Es macht mir nicht immer etwas aus, derjenige zu sein, der das macht. Denn dadurch geht der Kampf für dich weiter, was für mich natürlich der Fall war."

Hamilton von Verstappens Bremsmanöver überrascht

Nur in einer Szene gelang es ihm nicht, den Kontakt zu verhindern. Als Verstappen für eines seiner regelwidrigen Manöver von der Rennleitung angewiesen wurde, Hamilton die Position zu überlassen, fuhr er dem stark verlangsamenden Red-Bull-Fahrer ins Heck. "Die Situation war nicht klar. Ich hatte keine Kenntnis darüber", erklärt Hamilton, dass er vom Platztausch nichts wusste.

Im Boxenfunk beschwerte er sich zunächst darüber, dass Verstappen ihn eines Bremstests unterzogen habe. Doch der Grund für die starke Geschwindigkeitsreduktion des Gegners und der Umstand, dass Hamilton ihn nicht sofort bereitwillig überholte, klärte sich hinterher schnell auf. "Er wollte mich vor der DRS-Zone vorbeilassen um mich dann nach der letzten Kurve bei der Anfahrt auf Turn eins wieder mit DRS zu überholen. Das war Taktik", so Hamilton.

Nach der Szene waren beide mit beschädigten Autos unterwegs. Sieben Runden vor Schluss übernahm er die Führung von Verstappen, der mit einer Zeitstrafe belegt worden war. Doch für Hamilton war das Rennen damit noch nicht vollendet. "Ich musste am Ende mit dem Schaden viel Risiko eingehen, um auch noch den Extrapunkt [für die schnellste Rennrunde] zu holen, damit wir weiterkämpfen können", sagt er.

Hamilton bereit für Finale gegen Verstappen

Mit dem Punktegleichstand ist der Kampf für ihn und sein Mercedes-Team vor dem Finale in Abu Dhabi wieder völlig offen. Nach drei Siegen hat er das Momentum vor dem Showdown auf seiner Seite und ist für den Höhepunkt mehr als bereit: "Ich bin entspannt. Ich fühle mich wie in ein einem Boxring und bin bereit loszulegen."