Viel wurde vor dem Mexiko-GP der Formel 1 über Stallorder geschrieben, und im Rennen kam sie tatsächlich. Aber nicht ganz vorne im Kampf um den Sieg, sondern im Kampf um den Titel "Best of the Rest", im Kampf um Platz vier. Den holte sich Pierre Gasly - wider Erwarten hielt er 71 Runden lang die Ferraris von Charles Leclerc und Carlos Sainz in Schach.

Die versuchten alles, um den AlphaTauri abzufangen. Auch Strategie-Tricks, die auf eine Stallorder hinausliefen, als Sainz für die zweite Rennhälfte mit einem Reifenvorteil auf Leclerc auflief. Der reagierte aber auf die erste Funkanweisung nicht, erst nach zwei Runden ließ er Sainz vorbei. Protest gegen die Anweisung? Team und Fahrer verneinen, und geben gute Gründe an.

Ferrari-Strategiezange immer geplant

"Das war ein Szenario, das wir am Morgen im üblichen Strategiemeeting diskutiert haben", erklärt Teamchef Mattia Binotto. Ferrari wollte im Kampf um Platz vier den Vorteil nutzen, zwei Autos gegen AlphaTauris Einzelkämpfer Gasly ins Feld führen zu können. Der intern Führende - nach Glück beim Start Leclerc, aber es hätte genauso Sainz sein können - wurde mit voller Absicht schon früh zum Boxenstopp geholt, was auch Gasly zum Stopp zwang, um einen Positionsverlust durch einen Undercut zu verhindern.

"Dann haben wir versucht, länger draußen zu bleiben, um am Schluss eine Chance zu haben", so Binotto. Sainz stoppte ganze 13 Runden nach Leclerc, 12 nach Gasly. Ein ansehnlicher Reifenvorteil. Leclerc war sich des Planes immer bewusst: "Ich persönlich wusste, dass ein so früher Stopp mein Rennen ziemlich beeinträchtigen würde. Mit dem Reifen ins Ziel zu kommen würde schwierig sein. Aber es war die einzige Chance für uns als Team, Gasly herauszufordern."

Überrundungsverkehr bremst Ferrari-Schachspiel

Als Sainz mit seinen frischeren Reifen wieder zu Leclerc aufschloss, erging an den Monegassen die Order, Platz zu machen, um Sainz' Jagd auf Gasly nicht einzubremsen. Aber blaue Flaggen kamen ins Spiel, wie Leclerc Motorsport-Magazin.com erklärt: "Ich glaube Russell und Stroll, die zwei Autos vor mir. Also haben wir eine Runde gewartet." In der Runde verbesserten sich Leclercs Reifen schlagartig, nachdem er seit dem Stopp Probleme gehabt hatte. "Ich habe in einer Runde eine Sekunde gewonnen, und das Team sagte mir, ich solle warten und den Platz nicht tauschen."

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Zwei Runden später hatte sich die Situation wieder eingependelt. "Dann haben sie mich gebeten zu tauschen, und ich habe getauscht." Ganz optimal lief die Geschichte nicht ab, glaubt Teamkollege Sainz: "Ich werde nicht lügen, das hat mir zwei, drei Sekunden Rennzeit gekostet. Als Team müssen wir schauen, wie wir das nächstes Mal verbessern können, aber Platztausche gehören zu den schwierigsten Dingen in der Formel 1."

Ferrari lobt Fahrer für Team-Haltung

Die paar Sekunden gingen Sainz nicht ab, denn Gasly hatte am Ende immer eine Antwort auf die Ferrari-Attacken. Unfähig, die Lücke zu schließen, gab Sainz zwei Runden vor Schluss den fünften Platz kampflos wieder an Leclerc zurück, um die in solchen Situationen übliche Abmachung - wer nicht überholt, muss zurückgeben - einzuhalten. "Wenn heute etwas beweist, dann dass die Nummer-eins-Priorität das Team ist", so Sainz. "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich das über das Jahr hinweg ausgleicht."

"Es zeigt den guten Teamspirit", lobt Binotto seine beiden Fahrer danach. "Es war gute Zusammenarbeit, wie sie es gemanagt haben. Es ist nicht leicht, wenn du sieben, acht Sekunden vorne bist, zu verlangsamen und die Position zurückzugegeben, aber sie verstehen beide die gegenwärtige Situation."

Nachsatz - hätte Sainz, der am Samstag der stärkere Ferrari war, als führender Ferrari einen besseren Job machen können, Gasly mehr unter Druck setzen können? "Ich weiß nicht. Ich denke, Charles hat hier auch einen guten Job gemacht. Die Antwort werden wir nie wissen." Die Tauschs sicherten dafür P5 und P6 sicher ab - und bedeuten, dass Ferrari im Duell gegen McLaren um WM-P3 jetzt 13,5 Punkte Vorsprung hat.