"Lewis hat nicht den Sieg verloren, sondern Platz zwei gewonnen", sagte Mercedes Motorsportchef Toto Wolff nach dem Mexiko GP. Mercedes war zwar von der ersten Startreihe aus ins Rennen gegangen, doch die schwarzen Silberpfeile waren der B-Variante von Red Bulls RB16 im Renntrimm unterlegen.

Max Verstappen ging gleich am Start an beiden Benz vorbei, Sergio Perez lag nach Kurve eins auf Rang drei hinter Lewis Hamilton. Valtteri Bottas flog durch einen Dreher unverschuldet aus dem Spitzenkampf. Schon früh nach dem Safety-Car-Restart kristallisierte sich dann heraus, dass Red Bull an diesem Sonntag in einer eigenen Liga fahren würde. Während Verstappen vorne seinen Vorsprung kontinuierlich ausbauen konnte, machte von hinten Perez langsam aber sicher Druck auf Hamilton.

Red-Bull-Vorteil zwingt Einzelkämpfer Hamilton zum Handeln

In Runde zwölf lag Perez fast dreieinhalb Sekunden hinter dem Rekordsieger der Formel 1. Doch während Hamiltons Reifen langsam nachließen, funkte Perez: "Meine Reifen werden immer besser." Der Baku-Sieger fuhr wieder auf rund zwei Sekunden an Hamilton ran, mehr konnte er aber vorerst nicht ausrichten.

Perez konnte offensichtlich schneller, aber sobald er zu nah im Mercedes-Heck klebte, begann sein RB16B zu rutschen und die Reifen zu überfordern. Auf der Strecke gab es für Perez zu diesem Zeitpunkt keinen Weg vorbei an Hamilton. Es war klar, dass es auf die Strategie hinauslaufen würde.

Klar war auch: Red Bull würde versuchen, Perez mit einem Undercut an Hamilton vorbeizubringen. Das Problem: Das Boxenstopp-Fenster. Denn hinter Hamilton und Perez waren Pierre Gasly und die beiden Ferrari-Piloten Charles Leclerc und Carlos Sainz nicht weit genug weg. Nach einem Stopp würden Hamilton oder Perez hinter das Trio zurückfallen.

Vorteil Perez: Ihm würde es wohl reichen, vor den Ferrari-Piloten zurück auf die Strecke zu kommen. Gasly im AlphaTauri würde ihm kaum im Weg stehen. Das wusste natürlich auch Mercedes. Deshalb holte man Hamilton frühzeitig rein und ging Risiko. Sobald der Vorsprung auf das Ferrari-Duo ausreichte, kam Hamilton zum Stopp.

Hamilton stoppt in Verkehr hinein: Vertat Red Bull Chance?

In Runde 29 war es so weit: Mercedes holte Hamilton an die Box. In ebenjener Runde, als auch Red Bull Perez holen wollte. Der Mexikaner wurde von seiner Box angewiesen, das Gegenteil von Hamilton zu machen. Wenn Hamilton stoppt, solle Perez weiterfahren und umgekehrt. Hamilton kam, Perez blieb draußen.

Allerdings ging der Plan von Mercedes nur bedingt auf, denn Hamilton kam direkt hinter Leclerc wieder zurück auf die Strecke. Statt mit frischen Reifen im Fernduell mit Perez Zeit gutzumachen, verlor er erst einmal.

Lewis Hamilton hielt Sergio Perez das ganze Rennen über auf Abstand, Foto: LAT Images
Lewis Hamilton hielt Sergio Perez das ganze Rennen über auf Abstand, Foto: LAT Images

Nun gab es die kleine Chance für Red Bull, Perez eine Runde nach Hamilton zu holen. Perez konnte erstmals frei fahren. Eineinhalb Sekunden lag er vor dem Hamilton-Stopp zurück. Ohne Verkehr fuhr er nun schnell, aber nicht übermäßig, und gewann im Fernduell nur langsam. Etwa eine halbe Sekunde im ersten Sektor, dann noch einmal je zwei Zehntel in den Sektoren zwei und drei.

AlphaTauri & Ferrari: Keine Hilfe gegen Hamilton

Wäre Perez in Runde 30 gekommen, wäre es richtig eng am Boxenausgang geworden. Tendenziell hätte es eher nicht gereicht. Also wartete Red Bull, schließlich war Hamilton noch im Verkehr. Allerdings holte Ferrari Leclerc just in Runde 30 an die Box. Hamilton hatte wieder freie Bahn.

Der Weltmeister konnte die frischen Reifen nutzen und fuhr sofort zwei Sekunden schneller als Perez. Ganz bitter für Red Bull: Hamiltons nächstes Problem löste sich in Luft auf. Etwa drei Sekunden vor Leclerc fuhr nämlich Gasly. Er hätte der nächste Hamilton-Block sein können.

AlphaTauri wollte aber unbedingt einen Undercut von Ferrari verhindern. Also musste man mit Gasly eine Runde nach dem Leclerc-Stopp nachziehen. Hamilton hatte jetzt niemanden mehr vor sich. Perez, der mit den Medium-Reifen noch immer gut zurecht kam, blieb nur mehr eine Chance: Den ersten Stopp so lange wie möglich hinauszuzögern..

Red Bull stellt Strategie-Plan um: Hoffen auf Reifen-Vorteil

Der Gedanke dahinter war, ein Reifen-Offset zu Hamilton zu kreieren. Perez verlor zwar mit den alten Reifen im Fernduell Zeit, dafür würden seine Reifen gegen Rennende deutlich frischer sein, wenn er wieder auf Hamilton träfe. Es hätte wenig Sinn gemacht, einfach den ersten Stint zu wiederholen. Wäre Perez mit ähnlich alten Reifen wieder direkt hinter Hamilton gefahren, hätte er sich wohl erneut die Zähne an ihm ausgebissen.

Perez kam erst in Runde 40 zu seinem Reifenwechsel. Rund acht Sekunden verlor er dadurch im Fernduell. In Runde 41 hatte er 9,5 Sekunden Rückstand auf Hamilton. Die Lücke galt es in den verbleibenden 30 Runden zuzufahren.

Zehn Runden vor Rennende war Perez bereits in Hamiltons DRS-Fenster. Doch der Mexikaner tat sich erneut schwer. Überrundungen machten zusätzlich Probleme. Vor allem bei George Russell verlor er. Kein Zufall, wie Dr. Helmut Marko glaubt: "Mercedes-Style." Also Absicht? "Ich denke schon."

Verstappen behindert Bottas! War das Manöver legal? (16:37 Min.)

Am Ende kam Perez zwar nochmal ran an Hamilton, aber ebene nicht vorbei. Der Mercedes-Wagenlenker musste nach dem Rennen richtig durchatmen: "Die letzten paar Runden sind meine Reifen komplett eingegangen. Es war schwer und Sergio hat einen tollen Job gemacht. Eine Runde mehr und es wäre wohl vorbei gewesen für mich. Deshalb bin ich froh, noch Zweiter geworden zu sein."

Red Bulls Plan mit Perez ging also nicht auf. Haben die Bullen den perfekten Zeitpunkt für den Reifenwechsel verpasst? Hätte man im Nachhinein Perez direkt nach Hamilton zum Stopp holen sollen? Dr. Marko winkt ab. "Nein, wir hatten das genau im Griff. Unsere Strategie war super."