Nico Hülkenberg erlebte in den USA am Montag bei seinem ersten IndyCar-Test einen Kulturschock. Arrow McLaren SP gab dem Formel-1-Routinier in Birmingham seine erste Kostprobe von US-amerikanischem Formelsport. Hülkenberg genoss sein Comeback im Rennauto nach einem Jahr Pause und erlitt wie seine Vorgänger aus der Königsklasse einen unerwarteten Kulturschock.

"Ich muss definitiv mehr ins Fitnessstudio gehen! Ich kann bestätigen, dass diese Autos eine Monster-Lenkung haben! Wow!", so der 34-Jährige im Gespräch mit dem US-amerikanischen Motorsportportal RACER. Hülkenberg absolvierte bei seinem IndyCar-Einstand auf dem 3,7 Kilometer langen Barber Motorsports Park im Bundesstaat Alabama insgesamt 108 Runden.

Seine persönliche Bestzeit von 1:07.455 Minuten war knapp eine Sekunde langsamer als die Tagesbestzeit. Diese ging an Indy-Lights-Vizechampion David Malukas, der für Romain Grosjeans ehemaligen Arbeitgeber Dale Coyne Racing im Einsatz war. Hülkenbergs ehemaliger F1-Rivale hatte sein IndyCar-Debüt im Februar 2021 auf derselben Rennstrecke gegeben. Mit 1:07.449 Minuten war er bei seinem ersten Auftritt in den Vereinigen Staaten minimal schneller.

IndyCar forderte Eingewöhnungsphase

Neben der fast identischen Rundenzeit deckten sich auch die Erkenntnisse der beiden F1-Veteranen. Die im IndyCar ohne Servounterstützung funktionierende Lenkung forderte bei Hülkenberg ebenfalls ihren Tribut. "Es ist immer anders, wenn du es selbst erlebst. Die Kräfte in der Lenkung sind ziemlich beeindruckend und sehr heftig", so der 179-fache Grand-Prix-Teilnehmer.

Für Hülkenberg war der Test in den USA die erste Ausfahrt im Rennauto seit seinem spontanen Einsatz für Racing Point beim Eifel GP 2020. "Es ist natürlich ganz anders als ein Formle-1-Auto. Die gesamte Erfahrung ist eine ganz andere. Der Sound, die Sitzposition, alles ist anders. Das musste ich erstmal alles verstehen", sagt der Emmericher.

Obwohl IndyCars in Sachen Performance bei weitem nicht an die Boliden der Königsklasse heranreichen, war das Fahren für Hülkenberg sehr intensiv: "Du hast bei diesen Autos immer noch Fliehkräfte. Sie sind natürlich nicht so extrem wie in der F1, aber die G-Kräfte sind da. In Kombination mit den Kräften in der Lenkung ist es ein sehr physisches Auto."

Darüber hinaus war auch der Aeroscreen für ihn eine neue Erfahrung. Durch den vollumfassenden Cockpitschutz herrscht hinter dem Steuer eines IndyCars ein anderes Klima als im F1-Auto. "Es kam nicht viel Luft rein und ich hatte damit am Morgen Probleme. Es war etwas knifflig, sich körperlich im Auto sofort wohl zu fühlen", so Hülkenberg.

Hülkenberg für McLaren der perfekte IndyCar-Kandidat

Nach der Eingewöhnung genoss der Reservefahrer von Aston Martin die Erfahrung aber in vollen Zügen. "Ich habe auf jeden Fall den Morgen gebraucht. Gegen Mittag hatte ich das Gefühl, gute Fortschritte gemacht zu haben und habe mich etwas mehr im Groove gefühlt. Die Rundenzeiten und die Performance waren bis dahin auch da", freut er sich. Und auch außerhalb des Cockpit hinterließ die IndyCar Series bei ihm einen guten Eindruck.

"Es war sehr professionell, so ziemlich wie in der F1, würde ich sagen. Es ist hier natürlich anders mit dem Kommandostand und all diesen Dingen, aber was die Arbeitsweise und die Kommunikation angeht, ist es der Formel 1 sehr ähnlich", sagt er. "Ich denke, es war aus meiner Sicht ein guter und erfolgreicher Tag. Es hat mich sehr gefreut, hier diese Möglichkeit gehabt zu haben. Es hat viel Spaß gemacht."

Für Zak Brown ist Hülkenberg der perfekte Kandidat für einen Wechsel in die USA. "Ich denke, die IndyCar belohnt aggressive Fahrer und Nico ist ein Typ, der das drauf hat", so der McLaren CEO, der sich den Deutschen gut als Stammfahrer seines IndyCar-Teams vorstellen kann: "Wir werden nächstes Jahr noch kein drittes Auto einsetzen. Aber wenn wir damit soweit sind, steht Nico ganz oben auf der Liste."