Zu Beginn der Formel-1-Saison 2021 war es für Mick Schumacher ein Erfolg, nur den eigenen Teamkollegen zu schlagen. Doch inzwischen hat sich der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher die eigene Messlatte etwas höher gelegt. Nicht mehr Nikita Mazepin ist das Ziel, sondern auch der eine oder andere Konkurrent von Haas und Alfa Romeo - erst recht nach dem sensationellen Q2-Einzug im Regen der Türkei vor zwei Wochen.

Daran wollte der 22-Jährige nun in Austin anknüpfen - und sah sich im Qualifying zum USA-GP dazu auch in der Lage. In Istanbul hatte Schumacher Selbstvertrauen getankt. Q2 also wieder drin? "Das weiß ich nicht", sagt Schumacher, im Q1 in Austin als 19. letztlich doch klar ausgeschieden. "Aber so wie ich die Daten und Referenzen gesehen habe, wäre es eng gewesen", ergänzt Schumacher trotz sechs Zehnteln Rückstand auf das rettende Ufer. "Das bestätigt uns und mir, dass die Performance in der Türkei verdient war und nicht nur wegen der Bedingungen."

FIA zitiert Schumacher auf Waage: Schlechte Track Position

Doch warum wäre? Weil sich Schumacher durch eine unglückliche Situation um seine Chance gebracht sah. Nach seinem ersten Run fischte die FIA den Haas-Piloten bei der Boxeneinfahrt im Stichproben-Prinzip zum Wiegen heraus. Das hielt Schumacher auf. "Ich musste mit dem Auto auf die Waage. Das hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn so waren wir ganz hinten in der Schlange", berichtet der Haas-Fahrer.

Bei seinem finalen Schuss wurde Schumacher, hinten in der Perlenschnur, im letzten Sektor ein Opfer des Verkehrs. Schumacher musste so extrem verzögern, dass seine Reifen Temperatur verloren. "So konnten wir da nicht weiterfahren und die Reifentemperaturen sind drastisch abgefallen", schildert Schumacher. "Dann fühlt sich das Auto einfach nicht mehr so an wie es sollte, fängt an zu rutschen und die Runde ist kaputt. Aber das Team hat einen guten Job gemacht. Es war einfach unglücklich heute."

Mick Schumacher: Halbe Sekunde war noch drin

Mehr drin gewesen wäre in jedem Fall, glaubt Schumacher. "Den Kimi hätte ich holen können", sagt der Deutsche. Zwei Zehntel fehlten auf den Finnen. "Das ist etwas schade", sagt Schumacher. "Es ist auf jeden Fall frustrierend. Ich denke, ich hätte mich um eine halbe Sekunde verbessern können. Ich wäre dabei gewesen."

Teamchef Günther Steiner zeigte sich zufriedener mit Schumachers Ergebnis und Rundenzeit. "Auch wenn er das vielleicht nicht so sieht", sagte der Südtiroler. Doch auch Schumacher sieht einen positiven Aspekt. "Es ist klasse zu sehen, dass wir als Team konkurrenzfähiger werden und jetzt schon sauer sind, wenn wir Q2 nicht schaffen", sagt Schumacher. "Nach der Türkei hatten wir auch hier auf etwas Gutes gehofft. Und wir waren nicht weit weg. Das gibt uns Bestätigung für unsere Arbeit. Darauf können wir stolz sein."

Nikita Mazepin kämpft mit Track Limits: Nur eine Runde gewertet

Nikita Mazepins ganzer und einziger Stolz war unterdessen seine letzte gezeitete Runde des Tages - die einzige Runde, sowohl in FP3 als auch Qualifying, die dem Russen nicht wegen eines Verstoßes gegen die Track Limits aberkannt wurde. Auch Teamchef Steiner war erleichtert. "Absolut. Und die Runde am Ende war gar nicht so schlecht, wenn man bedenkt, dass er heute keine andere gezeitete Runde hinbekommen hat", sagte der Teamchef während der Übertragung bei Sky.

Laut Mazepin sei allerdings ohnehin alles nach Plan gelaufen. "Ich hatte es unter Kontrolle", behauptet der Rookie. "Es war okay. Um ehrlich zu sein war das für mich nicht das Problem. Von außen haben die Leute manchmal eine andere Sicht der Dinge, aber in meinem Fall wollte ich die Balance in Highspeedkurven verstehen. Und das kannst du nur bewerten, indem du pushst und die Strecke und das Auto erkundest. Ich musste sehen, was das Auto macht, wenn ich schneller fahre. Das ist die Art und Weise wie du so etwas testest", erklärt Mazepin seine augenscheinlichen Probleme.

Mazepin erklärt: Versucht, Wunder zu schaffen

"Ich habe die Limits ausgekundschaftet, wie auch du es tun würdest, wenn du in einem Team fährst, das Zehnter in der Konstrukteurswertung ist. Du möchtest mehr herausholen als die Physik zulässt und versuchst ein Wunder zu schaffen", ergänzt der Russe. "Als es aber darauf ankam, konnte ich zurückgehen." Zumindest bis auf drei Zehntel kam Mazepin an Schumachers Zeit heran - und auch in diesem Fall glaubt ein Haas-Pilot, er hätte diese Zeit ohne Probleme noch in sich gehabt.

Nachdem Mazepin zu Beginn des Q1 noch Sebastian Vettel in den Esses im Weg gestanden war, stand ganz am Ende der andere Aston Martin wiederum Mazepin im Weg - in der vorletzten Kurve. "Ich war etwas schockiert, dass ich im letzten Sektor so viel Zeit verloren habe. Drei oder vier Zehntel durch ein paar Autos, die bei meinem Scheitelpunkt vor mir gestoppt haben. Ich habe dadurch Downforce verloren. Das hätte etwas Zeit gebracht, hat am Ende aber nicht viel verändert", berichtet Mazepin.

Mazepin auf Kriegsfuß mit Vettel & Stroll

Sowohl die Szene mit Vettel als auch diese mit Stroll wurde kurz begutachtet, zu einer Untersuchung durch die Stewards kam es allerdings in keinem Fall. Für Steiner beides korrekte Entscheidungen. "Das war dasselbe wie mit Vettel", kommentiert der Teamchef die Szene mit Stroll. "Er konnte nirgendwo anders hin. Das machst du nicht absichtlich. Du bist einfach da und im Qualifying wird es mit 20 Autos eben eng", winkt Steiner ab. Wie groß der Zeitverlust gewesen sei, könne man immer nur schwer beziffern. Das ist Steiner allerdings auch herzlich egal: "Das hat sowieso nicht viel geändert."

In der Startaufstellung ändert sich dafür umso mehr. Wegen Strafversetzungen gegen Sebastian Vettel, Fernando Alonso und George Russell rücken Schumacher und Mazepin vor auf die Ränge 16 und 17. Dass man diese Positionen im Rennen lange wird halten können, glaubt bei Haas allerdings nicht einmal der kühnste Optimist - oder der immer hungrigere Mick Schumacher.