Neue Runde in der sportpolitischen Arena des WM-Duells zwischen Mercedes und Red Bull um die Formel-1-Krone 2021: Zuletzt hatten die Bullen und Ferrari noch an der Legalität der Power Unit des Konkurrenten gezweifelt und eine Trickserei am Intercooler vermutet. Doch die FIA erklärte den Mercedes nach einer Anfrage für legal. Red Bull ließ die Sache daraufhin auf sich beruhen. Mit dem Urteil der FIA müsse man einverstanden sein."Das ist von der FIA alles geklärt. Das was die FIA als oberste Behörde entscheidet, haben wir zu akzeptieren", sagte Dr. Helmut Marko bei Motorsport-Magazin.com

Die Zweifel allerdings blieben. So folgte am vergangenen Rennwochenende in der Türkei noch ein Spitze. Mit Erstaunen habe man festgestellt, dass Mercedes auf den Geraden plötzlich 20 km/h schneller sei, so Teamchef Christian Horner.

Trickst Mercedes mit absenkbarer Hinterradaufhängung?

Doch nun hat Red Bull eine neue Theorie lanciert, was hinter diesem Topspeed-Aufschwung und damit einem generellen Aufschwung bei Mercedes stecken könnte: Mercedes soll an der Hinterachse während der Fahrt mit der Fahrhöhe spielen. "Fahren sie nur in einem höheren Motor-Modus oder ist es das System, dass sie jetzt aktivieren?", fragte Horner während des ersten Freien Trainings in Austin in der TV-Übertragung der britischen Ausgabe von Sky erst geheimnisvoll.

Ein höherer Motor-Modus allein könne es kaum sein, so Horner. "Das ist ungewöhnlich für sie, ihre Motoren so hart zu fahren", sagte Horner. Zumal Mercedes seit Wochen ohnehin große Zuverlässigkeitsprobleme zu beklagen hat. Erst am Freitag in Austin wurde bekannt, dass Valtteri Bottas erneut einen neuen Motor erhält und zum dritten (!) Mal strafversetzt wird. Dann wurde Horner deutlich, was stattdessen dahinter stecken soll: "Sie haben in der Türkei die hintere Fahrhöhe signifikant gesenkt."

Aktive Radaufhängungen in Formel 1 verboten

Sofort grub Sky passende Bilder aus dem Archiv (s. Tweet oben). Diese führen deutlich vor Augen, wie sich das Heck des Mercedes eingangs der Geraden absenkt. Das reduziert den Luftwiderstand des Autos und kann damit den Topspeed verbessern. Am Bremspunkt rückt das Heck dann wieder zurück in seine ursprünglich höhere Position, um wieder den gewohnten Anpressdruck in den Kurven zu generieren. Horner: "Ich denke, dass Mercedes offensichtlich ein Instrument für die Gerade optimiert, dass sie auf dieser Art von Strecke nutzen können. Wenn du dir das Heck ihres Autos ansiehst und wie es sich senkt ..."

Insbesondere das Wort "aktivieren" ist in diesem Zusammenhang brisant. Aktive Aufhängungen sind in der Formel 1 verboten. Handelt es sich hingegen um ein mechanisches System, ist es legal. Zumindest ähnliche Techniken, das Heck auf den Geraden möglichst weit hinunterzudrücken, sind in der Formel 1 nichts allzu Neues. Die Mercedes-Variante wirkt zumindest auf den Bildern allerdings extrem ausgeprägt.

Wolff wehrt ab: Wunderwaffen gibt es nicht

Ein neuer Supertrick wie das 2020 noch erlaubte DAS-System (Dual Axis Steering)? Toto Wolff, in der Pressekonferenz am Mittag in Austin mit den Worten Horner konfrontiert, wehrte ab. "Wir erkennen absolut an, dass das hier ein Sport ist, in dem Wettbewerber immer versuchen, herauszufinden, ob es irgendeine Art von Wunderwaffe gibt", sagte Wolff. "Meiner Erfahrung nach gibt es so etwas aber nicht. Es geht um kleine Gewinne, kleine Gewinne, die sich addieren und dann Performance bringen", erklärte Wolff den Mercedes-Aufschwung.

Mercedes erklärt Aufschwung simpel: Auto immer besser verstanden

So hatte es bereits am Donnerstag Valtteri Bottas formuliert. Setup-Arbeit und auch die eine oder andere für Mercedes angenehme Strecke hätten hinter den jüngst besseren Performances gesteckt, gab der Finne zu Protokoll. Noch dazu habe Mercedes sein Auto seit dem letzten großen Upgrade in Silverstone mit jedem Rennen einfach immer besser verstanden und so auch die Performance, ergänzte Wolff.

"Ich glaube, wir haben verstanden, wie wir das Auto beim Setup in den Sweetspot bringen", erklärte Wolff. "Wir haben den richtigen Kompromiss zwischen Luftwiderstand und Abtrieb gefunden und waren sehr schnell in den schnellsten Kurven und auf dem gleichen Niveau wie Red Bull in den langsamen Kurven. Insgesamt passt das Auto viel besser zusammen."

Mercedes will nicht auf Red Bulls "Lärm" hören

So wolle man nun weiter machen - ungeachtet irgendwelcher Verdachtsmomente der Konkurrenz. "Wir versuchen wirklich, unser Auto besser zu verstehen und mehr Performance und Rundenzeit zu finden, ohne dabei allzu sehr auf den Lärm zu hören", stichelte Wolff in Richtung Horner. So sieht es allerdings auch der Brite. "Wir müssen einfach sicherstellen, dass wir das Beste aus unserem Auto holen und ich denke, dass da noch mehr Performance kommt", sagte Horner.

Das nächste Prüf-Gesuch Red Bulls bei der FIA bezüglich Mercedes' mutmaßlichen Tricks ist dennoch nicht auszuschließen. Die Erfolgsaussichten? Wohl eher dünn. Mercedes sichert sich bei neuen Systemen und Innovationen in der Regel im Vorfeld proaktiv bei der FIA ab - so auch 2020 mit DAS.