In Übersee geht die Formel-1-Saison 2021 in ihre alles entscheidende Phase. Nur sechs Punkte trennen Titelverteidiger Lewis Hamilton in der Fahrerwertung von WM-Leader Max Verstappen, in der Konstrukteurswertung liegt dagegen Mercedes vor Red Bull. Mit 36 Punkten Vorsprung ist das Polster allerdings alles andere als komfortabel. Oder doch? Weil Mercedes inzwischen über das fast schon deutlich bessere Paket verfügt?

Angesichts der jüngsten Eindrücke und Ergebnisse könnte man zu diesem Schluss kommen. Dreimal in Folge spielte Red Bull in Sachen Performance zuletzt klar die zweite Geige. Nach Max Verstappens dominantem Sieg in Zandvoort hatte Mercedes sowohl in Monza als auch Sotschi und Istanbul die Oberhand. Einzig die Ergebnisse spiegelten das nicht ganz - auch, weil diverse Motorenstrafen (Bottas in Monza und Sotschi, Verstappen in Sotschi und Hamilton in Istanbul) das Bild verwässerten.

Mercedes plötzlich stärker: Red Bull schlägt Alarm

Red Bulls Teamchef Christian Horner schlug deshalb noch in Istanbul geradezu Alarm und warnte vor der erstarkten Konkurrenz. Nicht nur, weil es mit Austin nun in eine regelrechte Hamilton-Hochburg gehe, sondern vor allem, weil Mercedes auf den Geraden plötzlich unantastbar sei. 20 Stundenkilometer schneller sei der W12 bei der Endgeschwindigkeit - selbst mit DRS bei Red Bull, so Horner. Die Legalität des Mercedes-Antriebs hatte Red Bull ohnehin schon bei der FIA in Frage gestellt. Doch die Regelhüter beruhigten - und Red Bull hielt die Füße still, Verbalspitzen ausgenommen.

Auch Max Verstappen erklärte in Austin, Mercedes habe ganz klar einen Sprung gemacht. Die Konkurrenz selbst will von diesen Lorbeeren derweil nicht einmal viel wissen. "Ich finde nicht, dass wir als Team große Schritte gemacht haben", sagte Valtteri Bottas in Austin. "Wir haben die Entwicklung früh gestoppt und haben seit ein paar Rennen ein ähnliches Auto."

Bottas bestreitet großen Schritt: Setup- und Strecken-abhängig

Der Finne führt den Eindruck, Mercedes sei besser geworden, vor allem auf die jüngsten Strecken zurück. "Davon hängt sehr viel ab", sagte Bottas. "Und wir lernen unser Paket noch immer. Und klein sind die Abstände noch immer, wir sind ja nicht meilenweit weg. Da hängt es noch von der Strecke ab."

Zumindest gegenüber der ersten Saisonhälfte gebe es allerdings durchaus große Fortschritte, gesteht Bottas. Die führt der Türkei-Sieger allerdings nicht auf Neuerungen in Form von Upgrades zurück. "Wenn ich den Vergleich von Saisonbeginn und jetzt ansehen, dann verhält es [das Auto] sich viel besser", sagte Bottas. "Die größten Probleme, die wir mit dem Auto hatten, waren am Heck, das recht instabil war. Und es hat einfach überall Grip gefehlt verglichen mit vergangenem Jahr", erinnerte der Finne.

Bottas erklärt Mercedes-Aufschwung: Balance viel besser

Mercedes kämpfte damit, sich an die neuen Regeln mit den abgeschnittenen Unterböden ohne Schlitze anzupassen - und sah sich als ein Team mit flacherem Anstellwinkel des Fahrzeugs sogar benachteiligt gegenüber 'High-Rake'-Philosophien wie bei Red Bull. Doch Schritt für Schritt adaptierte sich Mercedes an die neue Welt - auch nach dem letzten größeren Upgrade-Paket in Silverstone.

Bottas: "Zuletzt konnten wir das Auto viel besser balancieren. Es ist jetzt viel stabiler und fahrbarer. Anfang und Mitte der Saison hatten wir ein paar Upgrades, aber zuletzt nicht mehr. Das war einfach nur Arbeit am Setup und an der Balance, womit wir es fahrbarer gemacht haben."

Bottas zuletzt in Topform

Insbesondere Bottas schien davon zuletzt zu profitieren. "Ich fühle mich im Auto gut. Das haben die letzten paar Rennen gezeigt", sagte der Finne. In der Türkei gewann Bottas, in Italien wäre der Finne ohne die Motorenstrafe vom ersten Startplatz losgefahren und in Russland war Bottas ebenfalls gut aufgelegt - zumindest ihm der Regen in die Parade fuhr.

An diesen Run will Bottas nun auch in den USA anknüpfen. "Ich sehe keinen Grund, warum ich diese gute Form nicht halten sollte", sagte Bottas in Austin, zudem nach seiner geklärten Zukunftsfrage wie gelöscht auffahrend. Der Circuit of the Americas kommt da nicht ungelegen. Der COTA gilt zwar als ausgemachte Hamilton-Leibstrecke (5 Siege), den letzten Grand Prix in Austin gewann 2019 allerdings Bottas von Pole Position.