Carlos Sainz hat im Qualifying zum Großen Preis von Russland 2021 die erste Pole Position seiner Formel-1-Karriere knapp verpasst. Als in der Schlussphase einer verregneten Session in Sotschi der Asphalt ausreichend für Slicks abgetrocknet war, purzelten die Zeiten in den Schlussminuten erst im wirklich letzten Moment. So verdrängte Sainz den zuvor überlegenen Lewis Hamilton u m 1,5 Sekunden von der provisorischen Pole Position. Doch die raubte dem Ferrari-Fahrer wenig später sein ehemaliger Teamkollege Lando Norris. Sainz blieb der noch immer sensationelle zweite Platz.

Ungebremste Freude kommt beim Spanier genau deshalb erneut nicht auf - wie schon nach seinem eigentlich auch sensationellen zweiten Rang beim Großen Preis von Italien 2020 war Sainz immerhin nur knapp am ganz großen Kracher vorbeigeschrammt. "Es ist ein gutes Ergebnis, definitiv" sagt Sainz. "Aber wenn du so nah an der Pole dran bist, dann schmeckt der zweite Platz nicht so gut, wie er sollte."

Sainz grübelt: Wie viel mehr war noch drin?

So wenig fehlte dabei nicht einmal. Mehr als eine halbe Sekunde brummte Norris dem Spanier auf. Wäre die auch für Sainz drin gewesen, hätte der Spanier seine Zeit ebenfalls die nur wenigen Sekunden später erzielt? "Leider waren wir unter den Ersten, die mit Slicks über die Linie sind, und konnten die sich bessernden Bedingungen nicht bis ans Limit ausreizen", hadert der 27-Jährige. "Da fragst du dich am Ende immer, wie viel schneller man etwas später hätte sein können."

Mit seiner entscheidenden Runde ist Sainz allerdings zufrieden. "Das war eine gute Runde am Limit", sagt Sainz. Auch für das vielleicht nicht ganz ideale Timing macht der Spanier seinen Strategen keinen Vorwurf. Im Gegenteil. Der Großteil habe gesessen. Sainz: "Es war sehr knifflig, vom Start weg. Aber direkt nach Q2 konnten wir schon sehen, dass die Slick-Chance ins Spiel kommen würde. Die Strategie war gut, zwei Runden vor Schluss zu stoppen, dann haben wir die Temperatur gehalten und eine starke Runde hingebracht."

Sainz fürchtet Start: Dreckige-Seite & Ferrari-Motor

Am Start sieht sich Sainz gegen Norris nun nicht unbedingt im Vorteil. Der Brite fürchtet in Sotschi den berüchtigt ausgeprägten Windschatten-Effekt aller Verfolger des Polesitters. Doch Sainz sieht selbst einen Nachteil. "Die dreckige Seite bestraft dich hier. Da muss ich meine Hausaufgaben machen, um nicht zu viel zu verlieren", sagt Sainz.

Noch dazu müsse er sich etwas überlegen, um die Performance-Defizite des Ferrari-Antriebs auszugleichen. "Es gibt zwei Optionen", sagt Sainz. "Entweder habe ich einen guten Start und dann ist es ein Dragrace bis Kurve zwei. Wenn nicht, muss ich einen Windschatten finden, denn wir sind nicht die schnellsten auf den Geraden. Da brauchst du einen Windschatten, sonst wird der Weg bis Kurve eins lang."

Sainz will Mercedes & Red Bull aufhalten

Auf die Herausforderung gegen seinen ehemaligen McLaren-Kollegen freut sich Sainz allerdings. "Das wird lustig", sagt der Spanier. "Wir kennen uns gut. Hoffentlich haben wir beide einen guten Start und können davonziehen. Dann kommen die Leute von hinten sowieso und dann beginnt der Spaß!"

Die Verfolger von Mercedes und Red Bull erwartet Sainz naturgemäß deutlich schneller, allerdings sieht der Spanier noch immer eine Chance. "Im Trockenen sehen wir konkurrenzfähig aus. Mercedes und Perez sind natürlich viel schneller, aber wir versuchen mit ihnen zu kämpfen und Spaß zu haben", sagt Sainz.

Dabei setzt der Ferrari-Fahrer auf den eher überholfeindlichen Charakter des Sochi Autodroms. "Es ist eine komische Strecke hier", sagt Sainz. "Es wird spannend sein zu sehen, wie einfach das Überholen ist. In der Vergangenheit war es schwer, und wir haben hinter uns beide Mercedes und Red Bull, die schneller sind und uns sehr pushen werden. Sie sind hier mehr als eine halbe Sekunde bis eine Sekunde schneller als wir, ganz klar. Sie werden uns früher oder später unter Druck setzen. Wir müssen schauen, ob wir davor bleiben können. Das ist natürlich das Ziel!"

Auf Unterstützung seines Teamkollegen kann Carlos Sainz dabei nicht bauen. Charles Leclerc nimmt den Russland-GP wegen einer Motorenstrafe vom Ende des Feldes in Angriff.