Lewis Hamilton kann nach dem Unfall beim Großen Preis von Italien 2021 mit seinem WM-Rivalen Max Verstappen die Formel-1-Saison 2021 ohne gesundheitliche Nachwirkungen fortsetzen. Vor dem Russland-GP am kommenden Wochenende meldete sich der amtierende Formel-1-Weltmeister zwölf Tage nach dem Crash in Monza wieder vollständig fit. Glücklicherweise gebe es keine Beeinträchtigungen, so Hamilton in der FIA-Pressekonferenz in Sotschi.

"Angela [Cullen, Physiotherapeutin] ist die ganze Woche bei mir geblieben. Sie wollte eigentlich nach Hause, aber sie ist bei mir gewesen. Ich hatte viele gute und positive Behandlungen, viel Yoga und habe es ins Gym zurückgeschafft. Alles gut", berichtete der Mercedes-Fahrer.

Marko über Hamiltons Schmerzen: Alles Show

Teil dieser ersten Woche nach der Kollision war auch ein Langstreckenflug zur Met-Gala in die Vereinigten Staaten von Amerika. Eine Reise, über die sich die Konkurrenz dann doch mit spitzen Worten wunderte. Immerhin hatte Hamilton noch am Abend nach dem Unfall mit Verstappen über Schmerzen geklagt. Der Red Bull des Niederländers hatte bei der Berührung leicht Hamiltons Helm touchiert und war auf dem Mercedes zum Stehen gekommen. Hamilton versuchte sich daraufhin, im Rückwärtsgang zu befreien.

Genau diese Szene und der Flug nach New York störte Red Bulls Dr. Helmut Marko, als es dann plötzlich um Schmerzen ging. "Das Medical Car hat das gesehen und ist weitergefahren. Und dann wird eine Show abgezogen, dass der arme Hamilton plötzlich verletzt ist und so weiter", stichelte der Grazer bei 'ÖSTERREICH'. Auch Unterstellungen eines taktischen Fouls Verwies Marko ins Land der Fabeln: "Es war ein normaler Rennunfall, die ganzen Geschichten drumherum sind von Mercedes an den Haaren herbeigezogen."

Hamilton berichtet: Check-ups, Akupunktur, Yoga

Hamilton schenkt derlei Kritik wenig Beachtung. "Ich höre nicht wirklich zu, was diese Individuen sagen", kommentierte der 99-malige GP-Sieger in Sotschi die ihm zugetragenen Worte Markos. "Es ist ganz natürlich, dass du dich nicht gerade wohl fühlst, wenn ein Auto direkt auf deinem Kopf landet. Wie ich gesagt habe, habe ich nach dem Rennen Schmerzen gehabt und wollte gecheckt werden."

Der lange Flug sei kein Problem gewesen. "Direkt nach dem Rennen habe ich mit Angela gearbeitet und auch während des Flugs. Ich hatte Check-ups am nächsten Tag und dann haben wir über die Woche mit Akupunktur und allem gearbeitet", berichtete Hamilton. Show? Nein. Hamilton: "Ich habe nicht gesagt, dass ich sterbe. Ich war mir nur der Tatsache bewusst, dass in einer Millisekunde alles passieren kann. Deshalb bin ich dankbar, dass ich nicht schwer verletzt davongekommen bin und weiter geht's."

Lewis Hamilton: Russland 2021 kein Selbstläufer

Doch wie geht es weiter? Zunächst mit dem Russland-GP. In Sotschi ist Mercedes noch ungeschlagen. "Das wusste ich nicht, das ist ja verrückt", staunte Hamilton, selbst viermaliger Sieger am Schwarzen Meer. "Aber es ist ein anderes Jahr und wir haben harte Konkurrenz. Das ganze Jahr schon. Ich bin sicher, dass es dieses Wochenende viel enger wird. Unsere Konkurrenten waren immer nah dran als wir in der Vergangenheit hier waren. Aber jetzt sind sie dieses Jahr an vielen Orten viel näher dran gewesen, wenn nicht sogar vorne. Kein Zweifel, dass es ein hartes Wochenende wird."

Wie hart genau, das wird auch davon abhängen, ob Hamilton Verstappen überhaupt begegnet. Der Niederländer kassierte für den Unfall in Monza drei Plätze Startplatzstrafe, womöglich nutzt Red Bull diese Lage zusätzlich für einen Motorwechsel. So würde Verstappen sogar von ganz hinten starten. Hamilton erwartet dieses Schicksal seinerseits nicht, derzeit auch zu keinem anderen Zeitpunkt der Saison. "Wir sind okay. Es ist noch ein langer Weg, aber gerade gibt es keine Pläne einen neuen Motor einzubauen. Ich hoffe, es bleibt so. Aber die Zukunft kann ich nicht vorhersehen", sagte Hamilton.

Nächster Verstappen-Crash? Hamilton unbesorgt

Strafen hin oder her, zum nächsten direkten Duell mit Verstappen wird es früher oder später kommen. Sorgen über einen neuerlichen Crash macht sich der Brite allerdings nicht. "Ich stecke da keine Energie rein und investiere die gesamte Energie dafür, nach vorne zu kommen. Wir kämpfen um eine WM", sagte Hamilton.

Dass es gegen Verstappen manchmal besonders eng wird, kann der Weltmeister allerdings gut nachvollziehen. "Ich weiß noch, wie es war, um meine erste WM zu kämpfen und jetzt ist es mein zehnter WM-Kampf oder so. Aber ich erinnere mich daran, wie es war und kenne den Druck, den das mit sich bringt und die Erfahrungen, die du da machst", kommentierte Hamilton die Situation Verstappens. "Wichtig ist, dass wir weiter hart, aber fair fahren. Ich habe keinen Zweifel, dass wir beide professionell sein werden und aus der Vergangenheit lernen."

Hamilton versteht Verstappen: Erster WM-Kampf ist hart

Ob der Druck in der nun allmählich beginnenden entscheidenden Phase bei Verstappen immer größer und kaum noch zu beherrschen sei, will Hamilton nicht einschätzen - zumindest nicht explizit. "Er wird es sicher nicht zugeben und ich kann keine Annahmen machen", sagte Hamilton. Stattdessen drückte der Brite seine Meinung indirekt, mit einem Vergleich aus: "Ich kann nur sagen, dass ich noch weiß, wie es bei meinem ersten Mal war. Es hat sich aufgebaut, es war schwierig und intensiv, ich habe viele Emotionen durchlebt und bin nicht immer bestmöglich damit umgegangen. Das musst du erwarten. Du arbeitest in einem großen Team. Das gibt es viele Erwartungen, weil du unbedingt gewinnen willst. Deshalb sage ich nur, dass ich es nachvollziehen und verstehen kann."

Allerdings erwartet Hamilton hier Besserung - auch im Rad-an-Rad-Duell. Gerade Verstappen bewies in Monza gleich doppelt, nie zurückzustecken. Erst in der zweiten Schikane nach dem Start, dann in der ersten Schikane vor dem Unfall. Da sei auch in Ordnung, so Hamilton. "Ich erwarte nie, dass ein Fahrer zurücksteckt. So fahre ich gegen keinen Fahrer", sagte der Weltmeister, kritisierte aber durch die Blume: "Am Ende müssen wir alle schlau sein und wissen, dass es einen Zeitpunkt gibt, an dem du eine Kurve nicht schaffst und es nur noch darum geht, dass du lupfst und in der nächsten Kurve weiterkämpfst. Diese Balance findest du nur durch Erfahrung."

Auch Situationen wie diese bezog Hamilton auf Verstappens ersten WM-Kampf. "Ich weiß, wie das ist. Dein erster WM-Kampf. Dein Eifer. Du machst in dieser Zeit viele Erfahrungen und Emotionen durch", sagte Hamilton. "Ich glaube aber, dass das stärker wird und ich hoffe, dass wir dieses Jahr keine Zwischenfälle mehr haben."