0,038 Sekunden. Am Ende war es weitaus knapper als aus Mercedes-Sicht gefürchtet. Im Qualifying der Formel 1 zum Niederlande-GP 2021 verdrängte Lewis Hamilton im letzten Moment beinahe doch noch Lokalmatador Max Verstappen von der Pole Position für sein Heimrennen in Zandvoort (Start morgen 15 Uhr CEST, live auf Sky).

Im finalen Training hatte Verstappen die Konkurrenz zuvor noch um eine halbe Sekunde distanziert. Noch dazu hatte Hamilton ausgerechnet auf der neuen Strecke im Kalender am Vortag durch einen Defekt an seinem Mercedes das halbe Training verpasst.

Formel 1 Zandvoort: Hamilton wird Verstappen gefährlich

Umso größer ist die Erleichterung. "Es war so knapp", sagt Hamilton. "Die gestern verpasste Session hat es mir schwierig gemacht - aber er hat eine fantastische Runde gefahren, die Pole hat er sich verdient."

Tatsächlich war Verstappens letzter Versuch gar nicht einmal so grandios. Der erste Sektor war langsamer als im ersten Run, im letzten Abschnitt kam Verstappen in Kurve zwölf quer, kurioserweise funktionierte das DRS nicht - und dennoch reichte es für eine marginale Verbesserung seiner ersten Runde im alles entscheidenden Q3.

Hamilton egalisiert erste Verstappen-Messlatte

Kurios: Verstappen verbesserte seine erste 1:08.923 Minuten um 0,038 Sekunden. Genau diese erste Zeit fuhr danach auch Hamilton. Ohne die knappe Verbesserung wären Verstappen und Hamilton also zeitgleich gewesen - dennoch mit Verstappen auf Pole, weil er die Zeit zuerst erzielt hatte.

Hamilton dagegen gelang ein größerer Sprung. "Die Runde war besonders im zweiten und dritten Sektor an der Grenze. Gerade in der letzten Kurve. Da war echt keine Straße mehr übrig! Echt happy damit", berichtet Hamilton. "Klasse, dass wir ihnen so nah kommen konnten. Denn an einem Punkt sind sie uns mal echt weit weggezogen."

Mercedes in Hugenholtz unterlegen

Generell fühlte sich der Brite am Samstag in Zandvoort mit jeder Runde deutlich wohler und experimentierte noch bis zuletzt mit der richtigen Linienwahl, insbesondere in der Hugenholtzbocht, die erste Steilkurve der Strecke. "Man kann es kaum glauben, aber sogar ein siebenfacher Weltmeister findet mit den Linien noch Zeit", staunt Teamchef Toto Wolff bei ServusTV.

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Dennoch verlor Hamilton gerade in diesem ersten Abschnitt noch immer auf Verstappen. "Es ist der Ausgang aus Kurve zwei und auch durch Kurve drei, da sind sie viel schneller. Wir liegen da generell zurück. Selbst auf dieser Runde", berichtet Hamilton auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. Zwei Zehntel seien das gewesen, so Hamilton. "Schwer zu sagen, was es ist. Irgendeine Charakteristik unseres Autos mag diese Kurve nicht. Aber es macht trotzdem Spaß, auch, verschiedene Linien zu probieren", ergänzt Hamilton.

Hamilton: Verlorener Freitag auf neuer Strecke

Experimente waren hier selbst im Qualifying noch erforderlich. "Denn ich habe gestern so viel Zeit und die ganze Session verloren", erinnert Hamilton. "Ich habe dieses Training nicht gehabt, um das Auto dahin zu bekommen, wo es sein muss." Immerhin habe er sich an den Daten seines Teamkollegen orientieren können. "Zum Glück hat Valtteri da gute Arbeit geleistet", sagt Hamilton. "Am Ende kam ich so näher, aber ich denke, dass da noch mehr Zeit ist. Ich denke, wenn wir noch eine Session hätten, wäre ich schneller. Hoffentlich können wir das morgen einfangen. Gestern hat mir echt nicht geholfen. Aber ich bin froh, dass wir wieder da zurück sind, wo wir sein müssen."

Für das Rennen fehlt Hamilton dennoch die Erfahrung eines Longruns unter wärmeren Bedingungen. Einzig am Samstagvormittag konnte der Brite noch einige Dauerläufe nachholen. "Aber so richtig weiß ich nicht, wie sich die Strecke mit viel Benzin anfühlt", sagt Hamilton. "Kein Zweifel, dass es morgen hart wird." Immerhin sei Red Bull am Freitag extrem stark gewesen. "Max und seine Jungs waren im Longrun schneller als wir und du kannst auf dieser Strecke kaum überholen", erinnert Hamilton.

Mercedes im Vorteil: Hamilton mit Bottas-Schützenhilfe

Deshalb komme es im Rennen vor allem auf Strategie und das richtige Reifenmanagement an, so Hamilton. Hier verfügt der Brite sowohl über einen Vorteil als auch einen Nachteil. So starten die Mercedes-Fahrer mit älteren Soft-Reifen als Verstappen. Hamilton und Bottas hatten sich im Q2 mit jenen Softs für Q3 qualifiziert, die sie in Q1 bereits angefahren hatten. Eine andere Wahl hatten sie durch rote Flaggen wegen zweier Williams-Crashes nicht.

Zum Ausgleich heißt es in Zandvoort Zwei gegen Einen. Sergio Perez erlebte im Q1 ein Timing-Drama und schied vorzeitig aus. Verstappen kann also nicht auf Schützenhilfe zählen, Hamilton hingegen schon. "Mit Valtteri auf P3 haben wir eine gute Ausgangsbasis, auch für strategische Spiele", frohlockt Wolff.

Zandvoort: Valtteri Bottas im Qualifying zu gierig

Bottas ist sich seiner Rolle bereits bewusst. "Red Bull sah im Longrun ziemlich schnell aus. Es wird nicht leicht, sie da herauszufordern. Aber wir haben zwei Autos gegen eines von ihnen. Das sind immer gute Nachrichten", sagt der Finne. "Es wird Gelegenheiten geben. Es ist noch viel möglich. Es ist nicht so, als wären sie meilenweit weg."

Mit seinem eigenen Qualifying zeigt sich der Finne weitestgehend zufrieden. "Das Auto hat sich gut angefühlt, in Sektor eins fehlt noch immer ein bisschen, besonders in der dritten Kurve. Red Bull war ein bisschen außer Reichweite", sagt Bottas, am Ende drei Zehntel hinter seinem Teamkollegen.

Die seien zu viel Risiko beim letzten Versuch geschuldet. Bottas: "Der erste Run im Q3 war gut, da habe ich gefühlt alles aus meinem Paket herausgeholt. Die zweite Runde war bis Kurve elf auch gut. Da habe ich dann etwas zu spät gebremst und für Kurve zwölf etwas Kies aufgesammelt. Da war ich gegen Ende der Runde wohl etwas zu gierig." Zur Pole hätte es dennoch nicht gereicht, schätzt Bottas. "Das war für mich außer Reichweite, aber Top-3 ist gut. Das gibt morgen eine gute Gelegenheit für gutes Teamwork!"