Die Formel 1 kehrt nach 36 Jahren Pause wieder in die Niederlande zurück. Der Hype um Max Verstappen vor seinem Heimrennen in Zandvoort ist ungebrochen - und das trotz der begrenzten Zuschauerkapazitäten von 70.000 Fans. Die Königsklasse erwarten spektakuläre Steilkurven und eine Oldschool-Strecke, die viel Motorsport-Historie mit sich bringt.

Gleichzeitig verspricht der Titelfight zwischen dem Lokalmatador und Titelverteidiger Lewis Hamilton viel Spannung und auch auf dem Fahrermarkt kündigen sich einige überraschende Entwicklungen an. Motorsport-Magazin.com lieferte alle News und Informationen vor dem Großen Preis der Niederlande.

Steilkurven-Debüt in Zandvoort

1985 wurde zum letzten Mal ein Formel-1-Rennen in Zandvoort durchgeführt. Damals sammelte Niki Lauda beim Niederlande-GP seinen letzten Grand-Prix-Sieg. Das moderne Layout des Traditionskurses entspricht allerdings nur noch in Teilen der damaligen Strecke. Der Kurs hatte bereits 1999 eine neue Streckenführung erhalten, die beispielsweise in der DTM regelmäßig zum Einsatz kam.

So sah es in Zandvoort früher aus: Niki Lauda 1985 auf dem Weg zum Sieg., Foto: Sutton
So sah es in Zandvoort früher aus: Niki Lauda 1985 auf dem Weg zum Sieg., Foto: Sutton

Die Oldschool-Strecke wird von zahlreichen Kiesbetten und engen Stellen geprägt, verfügt allerdings nicht über besonders viele Überholstellen. Als beste Möglichkeit für ein Manöver bietet sich mit Kurve 1, die sogenannte Tarzanbocht, an. Dementsprechend befindet sich auch auf Start-Ziel eine von zwei DRS-Zonen. Der zweite DRS-Abschnitt ist auf der Gegengerade vor Kurve 11.

Um Überholen zu erleichtern wurden für das Formel-1-Debüt eine Änderung vorgenommen. Die langgezogene letzte Kurve (T14) wurde zu einer Steilkurve umgewandelt, auf welcher eine Kurvenüberhöhung von etwa 19 Grad herrscht. Ebenfalls mit einem Banking versehen wurde Kurve 3 (Hugenholtzbocht). An dieser Stelle wurde die Änderung aus Platzgründen erforderlich.

Aufgrund der neuen Strecke lässt sich nicht genau abschätzen, welchen Fahrzeugen der Kurs entgegenkommen könnte. Die Charakteristik mit zahlreichen mittelschnellen und langsameren Kurven lässt Vergleiche zu Barcelona oder dem Hungaroring zu. Bei den Setup-Einstellungen wird also Priorität auf Abtrieb gelegt.

Mercedes mit Beschleunigungs-Vorteil

Nachdem in Belgien die Wettereskapaden am gesamten Wochenende die restlichen Themen überschatteten, rückt jetzt wieder das WM-Duell zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen in den Fokus. Aus dem GP in Belgien ließen sich allerdings aufgrund der Regenfälle kaum Rückschlüsse ziehen, deshalb findet in der Niederlande das erste repräsentative Kräftemessen nach der Sommerpause statt.

Mercedes hat vor allem seit den Updates beim Großen Preis von Großbritannien wieder zu alter Stärke zurückgefunden. Vor allem in der Beschleunigungsphase ausgangs von langsamen Kurven ist der Mercedes W12 deutlich schneller unterwegs als noch zuvor. Zumindest die Konkurrenz glaubt, entdeckt zu haben, woran der Leistungszugewinn von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas liegt.

Am Rande des Spa-Wochenendes wurde laut Informationen von "Auto Motor und Sport" bei Red Bull und Ferrari die Vermutung aufgestellt, dass Mercedes am Intercooler trickst und die bessere Beschleunigung dank einer angepassten Struktur des Ladeluftkühlers zustandekommt, wodurch der W12 in der Beschleunigungsphase durch 20 PS rausholen soll.

Mercedes Beschleunigung: Konkurrenz glaubt, das Rätsel gelüftet zu haben., Foto: LAT Images
Mercedes Beschleunigung: Konkurrenz glaubt, das Rätsel gelüftet zu haben., Foto: LAT Images

Verstappen kann WM-Führung übernehmen

Die Weltmeisterschaft ist nach dem Chaos-GP von Belgien so eng wie seit dem Rennen in Imola nicht mehr. Nur drei Punkte trennen Verfolger Verstappen von Hamilton. Der Niederländer kann sich somit vor Heimpublikum die Spitzenposition in der Königsklasse zurückerobern. Ein ähnliches Szenario gibt es auch in der Konstrukteurs-Meisterschaft. Dort trennen Red Bull nur sieben Punkte von Mercedes. Nach drei Nullern in Serie müsste dafür allerdings auch Sergio Perez mal wieder für ein zählbares Resultat sorgen.

Chance für Vettel und Aston Martin?

An der Spitze des Mittelfelds kann man wieder ein Duell zwischen Ferrari und McLaren erwarten. Das Layout würde eher für Ferrari sprechen, da McLaren seinen Highspeed-Vorteil kaum ausspielen kann.

Sebastian Vettel und Aston Martin benötigen trotz des geschenkten fünften Platzes in Belgien Big Points, um in der WM wieder zu AlphaTauri und Alpine aufschließen zu können. Was die Rennpace anging, war Aston Martin in Ungarn - einer vergleichbaren Strecke - mindestens auf Augenhöhe mit Alpine. Da Zandvoort noch Neuland für alle Formel-1-Teams ist, bietet die Rennstrecke außerdem ein größeres Fehlerpotenzial, was das Setup angeht.

Im Kampf um die achte Position in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft gab es in Spa eine Vorentscheidung. Williams konnte durch seine satte Punkteausbeute in Belgien mit 20 zu 3 von Alfa Romeo davonziehen. Aus eigener Kraft sind die Alfas sowohl in Zandvoort als auch in der restlichen Saison nicht in der Lage, noch in Schlagdistanz zu kommen.

Die Gerüchteküche brodelt: Russell zu Mercedes fix?

Was die Fahrerpaarungen für die kommende Formel-1-Saison angeht, ist das Bild nach der Sommerpause weiterhin unklar. Toto Wolff bestätigte am letzten Wochenende, dass die Entscheidung für das zweite Mercedes-Cockpit bereits gefallen sei, jedoch mit einer offiziellen Ankündigung noch gewartet wird bis alle Verträge von Bottas und Russell - auch mit anderen Teams - unter Dach und Fach sind.

Alle Hinweise deuten im Moment daraufhin, dass George Russell im kommenden Jahr zu Mercedes aufsteigen wird. Stattdessen soll Valtteri Bottas nach Informationen der News-Seite Racefans ein Cockpit bei Alfa Romeo erhalten. Das zweite Alfa-Cockpit geht derselben Quelle zufolge an den Niederländer Nyck De Vries, der im vergangenen Jahr mit Mercedes die Formel-E-Meisterschaft gewonnen hatte.

Demnach würde nicht nur Kimi Räikkönen, bei dem schon seit längerem ein Karriereende im Raum steht, sondern auch Ferrari-Junior Antonio Giovinazzi aus der Königsklasse verschwinden. Der durch den prognostizierten Russell Transfer entstehende vakante Platz bei Williams soll stattdessen mit dem ehemaligen Red-Bull-Piloten Alexander Albon besetzt werden.

Pirelli bringt harte Mischungen

Bei der Reifenwahl geht Pirelli für den Zandvoort-GP auf die sichere Seite und bringt mit den C1 bis C3-Reifen die härtesten Sätze an die Strecke. Vor allem die Steilkurven fordern von den Pneus viel ab, weshalb ein höherer Reifendruck gefahren werden muss. Der ursprüngliche Plan des italienischen Reifenherstellers eigene Reifenmischungen für das Rennen zu entwickeln, wurde verworfen. Aufgrund der robusteren Mischungen für diese Saison und nach durchgeführten Reifentests erwartet man sich aber keine Probleme.

Die Regenreifen sollen an diesem Wochenende - den derzeitigen Prognosen zufolge - in der Garage bleiben. Denn im Gegensatz zum Belgien GP werden für das gesamte Wochenende keine Niederschläge erwartet.