Ein Rennen wie den Großen Preis von Belgien am Sonntag hat die Formel 1 noch nie erlebt. Nach gerade einmal einer einzigen gewerteten Rennrunde hinter dem Safety Car wurde der Grand Prix für beendet erklärt und halbe Punkte verteilt.

Berger für Start: Regenrennen Teil des Sports

Kritik hagelte es von vielen Seiten, die meisten Fahrer zeigten Unverständnis dafür, dass für das Rennen überhaupt Punkte verteilt wurden. Gerhard Berger schlägt in eine andere Kerbe. Die österreichische Formel-1-Ikone kritisierte, dass das Rennen nicht wie geplant durchgeführt wurde. Auf Servus TV analysierte Berger: "Für mich war das ein Rennen, wo es zwar schlechte Sicht gab, aber nichts das gegen einen Start sprach."

Sichtverhältnisse ausreichend? Fahrer widersprechen

Damit widerspricht er dem Großteil des Formel-1-Feldes. Denn die meisten Fahrer gaben während und nach dem Rennen zu Protokoll, dass die Sichtverhältnisse nicht ausreichend waren. George Russell (P2) und Lewis Hamilton (P3) erzählten beispielsweise, dass sie das jeweilige Fahrzeug vor ihnen während der Fahrt hinter dem Safety Car aufgrund der Gischt gar nicht mehr erkennen konnten.

"Wenn die Formel 1 schon Regenrennen fährt, dann sollte man [unter diesen Bedingungen] auch fahren", erklärte Berger seine Perspektive. "Wenn ich mir heute in der Zeitung das Siegerfoto mit den Pokalen ansehe, dann finde ich das nicht angebracht, denn wir hatten eigentlich kein Rennen", kritisierte der DTM-Boss das weitere Management der Rennsituation. Sebastian Vettel äußerte sich in ähnlichen Tönen über die seiner Meinung nach unangebrachte Punktevergabe nach dem 1-Runden-Rennen.

Seiner Ansicht nach können sich die Fahrer auf Bedingungen wie sie in Spa vorherrschten einstellen: "Man weiß nach einiger Zeit, wo Aquaplaning herrscht und man weiß, wo die Sicht schlecht ist. Im Zweifel muss man einfach mal vom Gas gehen und das regulieren." Regenrennen seien laut Berger Teil des Sports und deshalb gehöre auch das damit verbundene Risiko zum Motorsport dazu.

Diese Gefahr sei in der heutigen Zeit sowieso nicht mehr so groß, wie sie das einst war. "Wenn man das mit unserer Zeit vergleicht, hat man heute viel mehr Auslaufzonen und auch die Streckenführung ist gefährlicher gewesen", schätzte Berger.

Mit Ecclestone wäre das nicht passiert

In früheren Jahren der Königsklasse, so schätzt der zehnfache Grand-Prix-Sieger, hätte es bei einer Situation wie in Belgien gar nicht erst Diskussionen gegeben. "Zu unserer Zeit hat es mit Bernie [Ecclestone] eine sehr starke Führung gegeben, der hätte das ganz einfach entschieden und dann auch die Verantwortung übernommen. Er hatte da eine klare Linie.", vermutete Berger.

Diese Behauptung belegte Berger auch mit seiner Erfahrung aus der Vergangenheit. "Es gibt vielleicht zwei Rennen wo man ein Fragezeichen dahinter setzten kann. Eines ereignete sich vor meiner Karriere in Fuji, das andere gab es 1991 in Adelaide, das auch sehr kritisch war. Bernie ließ uns damals in Adelaide starten, obwohl wir gesagt haben, dass wir nicht glauben, dass es fahrbar ist."

Gerhard Berger beim Großen Preis von Australien 1991, Foto: Sutton
Gerhard Berger beim Großen Preis von Australien 1991, Foto: Sutton

Allzu lange wurde anschließend auch nicht gefahren. Der Große Preis von Australien 1991 wurde allerdings nach bereits 16 Runden wieder abgebrochen und hielt damit bis zum Sonntag den Rekord für das kürzeste Formel-1-Rennen überhaupt. Berger wurden damals selbst die Streckenbedingungen zum Verhängnis, als er sich aufgrund von Aquaplaning drehte. Da allerdings kurze Zeit später der Abbruch erfolgte, wurde das Ergebnis vor diesem Fauxpas des damaligen McLaren-Piloten gewertet.