Im Rahmen der 24 Stunden von Le Mans 2021 wurde Fernando Alonso eine ganz besondere Ehre zuteil. Im Cockpit seines Alpine umrundete er als erster Fahrer der Geschichte den 1923 eröffneten Circuit de la Sarthe in einem Formel-1-Auto. Bei der von Renaults Sportwagenmarke veranstalteten Demofahrt juckte es dem Altmeister wenig überraschend in den Fingern. Ein Grand Prix in Le Mans ist für den zweifachen Sieger des Langstreckenklassikers gar nicht so unrealistisch.

"Leider konnte ich die Runde nicht vollenden und das Auto ausquetschen, und sehen welche Rundenzeit wir fahren können. Es war mehr eine Demonstrationsrunde", so Alonso, der bekanntermaßen auch bei solchen Gelegenheiten nichts anbrennen lässt. Im Rahmen vom Formel-1-Finale 2020 in Abu Dhabi bewegte er seinen Weltmeister-Renault aus dem Jahr 2005 zur Freude des Paddocks in jeder Hinsicht artgerecht.

In Le Mans wäre eine fliegende Runde von Alonso durchaus aufschlussreich gewesen, denn noch nie zuvor hatte ein Formel-1-Auto den 13,626 km langen Kurs unter die Räder genommen. Sämtliche Rekorde stammen von den Sportwagen-Prototypen der LMP1-Ära. Den Streckenrekord hält Toyota-Werksfahrer Kamui Kobayashi. Der ehemalige Formel-1-Pilot fuhr 2017 mit einer Rundenzeit von 3:14.791 Minuten auf die Pole Position.

Alonso sicher: F1 schlägt LMP1-Rekord in Le Mans

Im Vorjahr fuhr er beim letzten Auftritt der LMP1-Kategorie mit 3:15.267 Minuten ebenfalls die schnellste Qualifying-Zeit. Auch bei der Premiere des Hypercar-Reglements in diesem Jahr fuhr Kobayashi mit 3:23.900 Minuten auf die Pole. Alonso glaubt, dass selbst der LMP1-Rekord für ein Formel-1-Auto keine allzu große Hürde darstellen würde. "Ich glaube, unsere Simulation hat unter drei Minuten ergeben", sagt der 40-Jährige, der in Le Mans durchaus Erfahrung mit schnellen Boliden hat. 2019 und 2020 feierte er mit Toyota jeweils den Gesamtsieg.

Zu seiner Überraschung fühlte sich das Setup des Autos auf seiner Paraderunde durchaus brauchbar an. "Unser Auto war im Grunde für diese Demonstration eingestellt, aber es war nahe an einer Rennsituation", sagt er. Der limitierende Faktor waren für ihn die auf den Geraden abfallenden Temperaturen von Bremsen und Reifen: "Mit dem F1-Auto haben sich die langen Geraden etwas seltsam angefühlt, für die Reifen und für das Auto. An den Bremspunkten war es schwierig, denn die Vorderreifen wollten immer blockieren."

Rennstrecke von Le Mans nicht bereit für Formel 1

Um wirklich zu attackieren, hätte es noch einige Optimierungen gebraucht. "Wenn du es wirklich drauf anlegst und pushen willst, wäre es ziemlich stressig. So gesehen war ich froh, dass es eine Demorunde war", so Alonso, der sich ein Rennwochenende auf dem legendären Layout trotz allem vorstellen kann: "Es könnte Spaß machen, dort Rennen zu fahren. Es würde nicht viel Zeit brauchen, was die Vorbereitung und Abstimmung angeht."

Auf die Streckenbetreiber würde hingegen mehr Arbeit zukommen. "Ich weiß nicht, aber bei den Geschwindigkeiten reden wir über Sicherheitsstandards, die wohl ein paar Änderungen an der Rennstrecke selbst erfordern. Es wär viel zu schnell und viel zu eng in manchen Sektionen auf den Geraden", sagt Alonso, für den die Erfahrung mit dem F1-Auto auf dem historischen Kurs bewegend war.

"Es war für mich nach meinen beiden Siegen etwas wirklich Besonderes, wieder in Le Mans zu sein", erklärt er. In Anbetracht seiner Vertragsverlängerung mit Alpine in der Formel 1 hatte er Ausflüge zu anderen großen Rennen für die kommenden Jahre ausgeschlossen, weshalb weitere Auftritte in Le Mans wohl erst nach dem endgültigen Abschied aus der Königsklasse möglich sein werden.

Renault-Boss will Alonso mit Alpine in Le Mans sehen

Im Hause Alpine würde man sich allerdings darüber freuen, Alonso beim berühmtesten Langstreckenrennen der Welt im Auto zu haben. "Für mich ist er einer der Besten in diesem Sport und er ist bei Renault. So gesehen macht es Sinn, ihn in diesem Sport zu behalten und ich denke er teilt diese Ansicht", so Renault-CEO Laurent Rossi im Interview mit dem spanischen Motorsportportal Soy Motor.

Alpine geht seit Jahren in Le Mans an den Start und trat 2021 mit einem Auto in der Hypercar-Kategorie an, wo man den dritten Platz belegte. Das Engagement auszuweiten ist für Rossi denkbar: "Die Entscheidung wird in den kommenden Monaten oder Wochen fallen. Aber 2022 wäre etwas früh."

Bei einem Werkseinsatz kann er sich jedoch gut vorstellen, Alonso im Sportwagen von Alpine zu sehen. "Fernando ist ein toller Pilot, der alles fahren kann. Wir haben schon darüber gesprochen. So lange er sich in der Formel 1 wohlfühlt, wird er hier sein und wir werden uns darüber freuen. Aber wenn er entscheidet, dass er Schluss machen will, wird er immer die Chance haben, mit Renault Rennen zu fahren. Wenn wir in der Langstreckenweltmeisterschaft sind, werden wir ein Cockpit für ihn finden", so Rossi.